Johannes Pasquali beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss

Ex-Sprecher will nur „Wünsche“ erfüllt haben

Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss hat am Mittwoch den Fokus auf Vorgänge im Finanzministerium rund um Studien, Umfragen und Inseratenschaltungen gelegt. Im Ministerium abgerechnet wurden diese durch den ehemaligen Ministeriumssprecher Johannes Pasquali. Er stellte sich als Ausführender von „Wünschen“ der jeweiligen Ressortleitung dar.

Für Pasquali hatte das Aufkommen der Inseratenaffäre berufliche Konsequenzen, seinen langjährig ausgeübten Job als Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Finanzressort verlor er mit Ende Mai, wie er angab (eine Anfechtung laufe). Pasquali, der auch als ÖVP-Bezirkspolitiker in Wien fungiert, wird in der Inseratencausa als Beschuldigter geführt – gegen ihn wird von der WKStA wegen Untreue und Bestechlichkeit ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Grundlage für die Kündigung waren unter anderem von der internen Revision des Ministeriums in einem Bericht festgehaltene Dienstverfehlungen. Nach Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen gegen die ÖVP hatte das Finanzministerium gemeinsam mit der Finanzprokuratur ja eine interne Untersuchung initiiert. Die Prüfer bestätigten Ende 2021 Unregelmäßigkeiten und kritisierten insbesondere die Vergabe von Studien und Inseraten.

Johannes Pasquali beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Pasquali bei seiner Ankunft vor dem U-Ausschuss-Lokal

Zu den Studien konkret gefragt, sagte Pasquali auf Fragen von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl mit Verweis auf die Ermittlungen nichts („Ich entschlage mich“). Auch zur Verrechnung sagte er mit entsprechendem Verweis nichts. In die Erstellung des Revisionsberichts sei er nicht involviert gewesen, so Pasquali. Vereinbart sei nur worden, dass er als Auskunftsperson für die Schlussbesprechung zur Verfügung stehen soll.

„Wunsch der Ressortleitung“

NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper fragte zu Inseraten des Finanzministeriums in der „Bauernzeitung“. An einen konkret abgefragten (finanziell umfangreichen) Fall habe er „beim besten Willen“ keine Erinnerung, so Pasquali. Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass man im Auftrag der Ressortleitung gehandelt habe – vielmehr sei das die Norm gewesen, so Pasquali sinngemäß.

Es sei normal, ein Sujet zu schalten, wenn das ein „Wunsch“ der Ressortleitung sei. Wer das in Person gewesen sei, fragte Krisper. „Ich bin nicht hier, Vermutungen anzustellen und Namedropping zu machen“, gab die Auskunftsperson an. Später sprach er in diesem Zusammenhang von Pressesprechern und Generalsekretären (ehemals Thomas Schmid bzw. später dessen Nachfolger Dietmar Schuster).

„Verselbstständigte“ Pressesprecher

In den Jour fixes mit Schmid bzw. später Schuster habe er über die laufenden Pressethemen berichtet, so Pasquali – und: „Natürlich war der Herr Schuster einbezogen, was die großen Kampagnen betrifft.“ Dass er sich auch von Pressesprechern des Ministers Aufträge erteilen ließ, konnte Krisper nicht verstehen und verwies auf ein „System, in dem sich Pressesprecher in einem Ressort ‚verselbstständigt‘ hätten“. Er habe angenommen, dass alles, was Pressesprecher sagen, stets im Auftrag des Ministers geschehe, so Pasquali.

Stephanie Krisper (NEOS)
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Krisper erfragte, von wem Pasquali Aufträge entgegennahm

„Vorgaben wurde stets entsprochen“

Krisper fragte, nach welchen Kriterien Inserate des Finanzministeriums vergeben worden seien. Pasquali verwies auf Vorgaben des Rechnungshofs für Regierungskommunikation. „Diesen Vorgaben wurde stets entsprochen.“ Auch bei den „Steuerreformen und Entlastungsreformen“ sei es immer darum gegangen, „zu informieren und zu versuchen, die Stimmung zu verbessern und die Konsumlust zu erhöhen“, so Pasquali.

Krisper legte die Regierungsausgaben unter Kurz II pro Monat vor – diese seien auf vier Mio. Euro gestiegen. „Wie erklären Sie sich das?“, fragte die NEOS-Abgeordnete. Die Entscheidung obliege der Ressortleitung, so Pasquali. Budgetzubuchungen seien von Finanzministeriums-Generalsekretär Schuster genehmigt worden, die Vergabeakten über die Kampagnen seien über Schuster „persönlich“ gegangen, führte Pasquali aus.

„Totschnig in meinen Augen kein Anzeigenkeiler“

Der nunmehrige Minister Norbert Totschnig (ÖVP) sei „in seinen Augen kein Anzeigenkeiler“, sagte Pasquali auf die Frage von ÖVP-Mandatar Peter Weidinger zu einem Treffen der Auskunftsperson mit ebendiesem. Am Wochenende wurden ja Chat-Protokolle publik, laut denen der nunmehrige Minister 2018 – damals noch als Bauernbund-Direktor – als Kontaktvermittler für Inserate des Finanzministeriums tätig geworden sein soll.

Doris Bures (SPÖ)
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Während Pasqualis Befragung führte Doris Bures (SPÖ) den Vorsitz

„Kein Bezug zu Parteimedien“

Über Inserate in Agrarmedien gab Pasquali an, dies erfolge, um mit den entsprechenden „relevanten Zielgruppen“ in Kontakt zu bleiben. Seines Wissens seien die Inserate ordnungsgemäß abgewickelt worden. Auch bei der Volkshilfe habe man etwa inseriert, führte Pasquali auf ÖVP-Fragen auf. Man habe rund 45 bis 50 Medien pro Kampagne gehabt. Ob er auch Wahrnehmungen in SPÖ-Medien habe? „Ich denke, das BMF hat auch in SPÖ-Parteimedien inseriert“, aber er habe „keinen Bezug zu Parteimedien in diesem Sinne“.

SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits fragte zum Sinn zu Inseraten zur Arbeitsnehmerveranlagung in der „Bauernzeitung“. Bauern und Bäuerinnen gelten als Selbstständige, die Arbeiternehmerveranlagung gibt es für Arbeiternehmer und Arbeitnehmerinnen. Die SPÖ verwies auf den Umstand, dass der Beruf Landwirt auf der beworbenen App gar nicht auswählbar ist. Pasquali verteidigte den Vorgang. „Ohne irgendwelche Klischees bedienen zu wollen“, sei seine Erfahrung, dass gerade die ältere Zielgruppe derartige Informationen schätze. Mit Inseraten dieser Art könne man den Menschen steuerliche Belange vereinfachen.

„Steuerreform und New Deal“

Ob es Interventionen analog zur „Bauernzeitung“ gäbe, konnte Pasquali nicht beantworten. Daneben brachte die SPÖ Fragen zur GfK-Studie „Steuerreform und New Deal“ aus dem Jahr 2016 auf. Kucharowits wollte wissen, wer die Studie abgenommen hätte. Pasquali entschlug sich. Ob beauftragte Studien auch mit anderen Ressorts akkordiert wurden? Er persönlich habe jedenfalls nichts mit anderen Ministerien akkordiert, so Pasquali.

Allgemein habe er aber Gesprächsleitfaden erstellt und den Dienstleistern übermittelt, so Pasquali – zu konkreten Studien wollte er nichts sagen. Fachreferenten seien aber auch miteinbezogen worden und auch die Dienstleister hätten „Inputs“ liefern können. Die finalisierte Version sei aber wieder seiner Abteilung im Ministerium übermittelt worden.

Susanne Fürst (FPÖ)
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Fürst fragte Pasquali zu dessen Verhältnis zu Blümel

„Klassisches Chef-Untergebenen-Verhältnis“

Von FPÖ-Mandatarin Susanne Fürst nach dem Projekt Ballhausplatz gefragt, sagte die Auskunftsperson, dass er es nur aus den Medien kenne. Mit Blümel habe er bis zu dessen Ernennung zum Finanzminister „kein Wort über Themen des Finanzministeriums geredet“. Er habe sich mit Blümel nur über kommunalpolitische Themen unterhalten. Zu Schmid wisse er nicht mehr, wann dieser ins Ministerium gekommen sei. Es habe sich um „ein ganz klassisches Chef-Untergebenen-Verhältnis“ gehandelt.

Fürst brachte ferner einen Chat zwischen Schmid und Blümel über das erhöhte Budget für das Außenministerium unter damaligen Minister Kurz. Pasquali habe „keine Wahrnehmung“ dazu. Er sei nie in Budgetverhandlungen involviert gewesen. Er habe sich nie Gedanken darüber gemacht, wie ein Ressort diese Budgetsteigerung argumentieren solle, er habe sich als Ressortsprecher nur mit Themen des Ressorts befasst.

Nina Tomaselli (Die Grünen)
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Tomaselli: „Umfragenschlupfloch“ und „Inseratenschlupfloch“ gefunden und entlarvt

Grünen-Abgeordnete Nina Tomaselli interessierte sich in ihrer Befragung noch näher für die Inserate in der „Bauernzeitung“ im Jahr 2008. Pasquali sagte, er habe daran keine Erinnerung. Tomaselli verwies darauf, dass er in einem Mail von Schmid an den nunmehrigen Minister Totschnig auftauche: Totschnig solle sich an Pasquali wenden, sei darin zu lesen. Es sei die Anforderung der Ressortleitung gewesen, das Inserat dann umzusetzen, er sei der Meinung, dass es rechtskonform gewesen sei.