Frau zahlt in einem Restaurant mit ihrer Kreditkarte
Getty Images/Ergin Yalcin
Aus für „Cash only“

Annahme von Karten wird in Belgien Pflicht

Mit der Pandemie hat die Beliebtheit von Zahlungen per Karte und App europaweit zugenommen. Dass Unternehmen, egal ob Geschäfte oder Lokale, aber zur Annahme von bargeldlosen Zahlungen verpflichtet werden, ist bisher die Ausnahme. In Belgien ist so ein Gesetz nun in Kraft, Bargeld soll aber weiter eine Rolle spielen. Das könnte durchaus Vorbild für andere Länder sein – auch in Österreich wird das Thema gern diskutiert.

Es ist der berühmteste Pommes-Stand Brüssels, selbst Deutschlands Ex-Kanzlerin Angela Merkel holte sich in der EU-Hauptstadt bei Maison Antoine ihre Pommes frites. Dafür musste sie vor allem eines dabeihaben: Bargeld. Das „Cash only“-Schild fand sich bis Donnerstag noch prominent am Fenster des Kultstandes.

Nun ist der Hinweis weg, und nicht nur für Pommes-Liebhaber bedeutet das einen Kulturwandel: Mit 1. Juli trat in Belgien ein Gesetz in Kraft, das Unternehmen dazu verpflichtet, mindestens eine digitale Zahlungsweise anzubieten, wie es auf der Nachrichtenseite des flämischen Rundfunks VRT heißt. Das heißt in vielen Fällen Zahlung per Karte, aber auch Apps können dafür eingesetzt werden. Auch festgeschrieben steht in dem Gesetz, dass für die elektronische Zahlung keine zusätzlichen Gebühren verlangt werden dürfen.

Pandemie kurbelte bargeldlose Zahlung an

Laut Einzelhandels- und Selbstständigenverbänden in Belgien verfügten die meisten Geschäfte, Marktstände und Gastronomiebetriebe bereits über alternative Zahlungsmethoden, heißt es auf der Website des flämischen Rundfunks VRT. Das hat sich zweifellos auch durch die Pandemie noch einmal verstärkt, einen entsprechenden Boom der bargeldlosen Zahlung sah eine Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) zuletzt im Jahr 2020 – in Belgien wie in Österreich.

Imbissstand Maison Antoine in Brüssel
ORF.at/Florian Bock
„Cash only“? Seit 1. Juli muss in Belgien auch eine bargeldlose Alternative akzeptiert werden

Im Zuge der letzten europäischen Studie im Jahr 2019 zeigte sich aber auch: In Belgien ist bargeldloses Zahlen doch schon wesentlich etablierter als in Österreich, das bei den Barzahlungen deutlich über dem Schnitt der Euro-Zone lag. Wie die belgische Nationalbank jedoch auch schreibt: Der Rückgang bei der Verwendung von Bargeld „vollzieht sich weniger schnell als beispielsweise in den Niederlanden, Österreich, Finnland oder Frankreich“.

Abschaffung von Bargeld kein Thema

Ähnlich wie in Österreich ist die Abschaffung des Bargelds in Belgien zumindest in der Bevölkerung damit kein Thema. Eine Umfrage des belgischen Konsumentenschutzes Test Aankoop im Juni dieses Jahres ergab, dass drei Viertel der 1.300 Befragten nicht wollen, dass Bargeldzahlungen im Handel verboten werden.

Anders als das Gesetz zum bargeldlosen Zahlen, so Test Aankoop, steckt ein Gesetzesentwurf zur verpflichtenden Annahme von Bargeld hingegen in der Warteschleife. Angesichts der weiterhin hohen Nachfrage nach Cash in Belgien spricht der Konsumentenschutz von einer „Selbstverständlichkeit“ und weist darauf hin, dass es „inakzeptabel“ sei, Kunden den Kauf einer Ware wegen der Zahlung mit Bargeld zu verweigern.

Datenschützer skeptisch

Tatsächlich finden sich in Brüssel einige Geschäfte, die überhaupt nur Zahlung per Karte akzeptieren. Das Forcieren von Kartenzahlung in Europa – vor allem in skandinavischen Ländern ist Bargeld ein seltener Anblick – wird dabei immer wieder auch von Datenschützern skeptisch betrachtet.

Viel zu viele Daten würden dadurch über Einzelpersonen preisgegeben, auch Bewegungen, persönliche Vorlieben und dergleichen ließen sich dadurch verfolgen. Das Gegenargument lautet oft, dass dadurch etwa Pfusch unterbunden und Geldflüsse nachvollziehbar werden. Auch aus dem belgischen Finanzministerium heißt es, das Gesetz soll der Betrugsbekämpfung dienen. Was oft in der Debatte vergessen wird: Nicht alle haben Zugang zu einem Bankkonto – und damit zu elektronischen Zahlungsmitteln.

Und doch wird, vor allem in der EU-Hauptstadt, das neue Gesetz wohl auch auf Gegenliebe stoßen – nicht zuletzt, weil die Suche nach einem Bankomaten hier schnell zum ausgedehnten Abendspaziergang werden kann. Am Freitag zeigten sich jedenfalls erste Auswirkungen und Anzeichen einer typisch belgischen Lösung: So wurden mancherorts die „Cash only“-Schilder durch Hinweise ersetzt, dass elektronische Zahlungen erst ab einem gewissen Betrag akzeptiert werden.

Österreichs Gastronomie will keine gesetzlichen Vorgaben

Ob das Modell zur verpflichtenden Annahme von bargeldlosen Zahlungen auch in anderen Ländern Schule machen könnte, bleibt abzuwarten. Österreichs Gastronomie sieht jedenfalls momentan keinen Regulierungsbedarf, obwohl Tourismus ja eine wesentliche wirtschaftliche Rolle spielt – und viele Gäste aus dem Ausland Kartenzahlung als Selbstverständlichkeit sehen.

Auf Anfage von ORF.at heißt es dazu aus dem Fachverband Gastronomie der WKÖ: „Schon jetzt ist in den meisten heimischen Betrieben Kartenzahlung möglich. Eine gesetzliche Vorgabe ist aus unserer Sicht nicht notwendig, dies regelt der Markt. Unsere Betriebe kennen die Wünsche ihrer Gäste und bemühen sich nach Möglichkeit, darauf einzugehen. Dazu braucht es keine zusätzlichen gesetzlichen Vorgaben.“