Katharina Reich, Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit
APA/Georg Hochmuth
Sommerprognose GECKO

Bis zu 70.000 Neuinfektionen täglich

Das Beratungsgremium GECKO rechnet zum Höhepunkt der sommerlichen Pandemiewelle mit bis zu 70.000 Neuinfektionen pro Tag. Wie stark die Neuinfektionen zunehmen werden, hänge davon ab, welche Maßnahmen verhängt bzw. wie das individuelle Verhalten sei. Das Gremium, geleitet im medizinischen Teil von Chief Medical Officer Katharina Reich, empfiehlt jedenfalls, die Verfügbarkeit von Medikamenten gegen das Coronavirus zu erleichtern.

Viele Unsicherheiten gibt es noch, was den Zeitpunkt des Höhepunkts der aktuellen Welle angeht. Zwei Effekte sollten dafür sorgen, dass es zunächst einen bremsenden Effekt auf die Infektionsausbreitung gibt. Einerseits geht es da um den Beginn der Ferienzeit mit verstärkter Reisetätigkeit, die wiederum mit der Schließung der Schulen zusammenhängt und auch die Büros leert.

Andererseits gibt es noch den Effekt von Verhaltensänderungen durch größeres Risikobewusstsein ab einer gewissen Infektionszahl, etwa ab 20.000 neuen Fällen pro Tag.

Große Bandbreite

Je nachdem wie stark diese Effekte ausgeprägt sind, wird der Zeitpunkt des Peaks geschätzt. Werden die Kontakte eigenverantwortlich stark reduziert, dürfte der Höhepunkt erst Anfang Herbst eintreten. Ist das in einem geringeren Ausmaß der Fall, könnte man die Höchstwerte früher erreichen. Wie hoch es geht, ist offenbar schwer abschätzbar.

Der Maximalwert wird nämlich mit einer großen Bandbreite von 35.000 bis 70.000 Fällen pro Tag angenommen. Zum Vergleich: Heute meldeten die Ministerien mehr als 12.500 Neuinfektionen. 2.500 bis 4.000 Fälle könnten auf den Normalstationen der Spitäler landen, auf den Intensivstationen 150 bis 300.

Effekt wie bei ersten Omikron-Welle möglich

Insgesamt meint GECKO, dass eine Belastungssituation für das Gesundheitssystem vergleichbar mit der ersten Omikron-Welle plausibel sei. Das bedeute das Zusammentreffen einer hohen Anzahl normalpflegebedürftiger Patienten kombiniert mit Massenquarantäne in der Bevölkerung und damit des Gesundheitspersonals.

GECKO für einfacheren Zugang zu Medikamenten

In dem aktuellen Report spricht sich das Gremium daher für eine Vereinfachung der Ausgabe von CoV-Medikamenten durch E-Rezept und direkte Ausgabe bei Hausärzten aus. Zudem sei eine Verfügbarkeit in Apotheken und Betreuungseinrichtungen anzustreben.

Bereits vor einer möglichen Erkrankung sollten potenzielle Risikopatienten von ihren Ärztinnen und Ärzten aufgeklärt und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten abgeklärt werden. Für GECKO steht fest, dass eine Kombination aus Impfung und Medikamenten ein optimales Schutzpaket vor schweren Verläufen darstelle. Verfügbar sein sollten genügend Präparate. Von den vorhandenen 487.465 Behandlungsreihen wurden bisher erst 4,1 Prozent verwendet.

Vierte Impfung wohl ohne gravierendere Nebenwirkungen

Was die Impfungen angeht, scheint die vierte Immunisierung keine gravierenderen Nebenwirkungen mit sich zu bringen. Das legten Erfahrungen aus Israel nahe. Ob ein Impfstoffwechsel bei der vierten oder bei weiteren Impfungen Veränderungen der Verträglichkeit bringt, kann demnach noch nicht beurteilt werden.

Derzeit wird ein vierter Stich für Personen ab 80 Jahren vom Nationalen Impfgremium (NIG) dezidiert empfohlen, für über 65-Jährige lautet die NIG-Vorgabe, dass eine solche Auffrischung erfolgen „kann“. Für jüngere Personen ist sie nicht empfohlen, soll aber auf Wunsch auch „nicht vorenthalten werden“.

Dünne Datenlage zu Schutz von Genesenen

Betreffend des Schutzes von Genesenen verweist GECKO auf die international dünne Datenlage. Es gebe aber „erste Hinweise“ dafür, „dass eine Infektion mit Omikron BA.1 nur einen begrenzten Schutz gegen symptomatische Erkrankungen bietet, die durch die neuen Unterlinien von Omikron (BA.4 und BA.5) verursacht werden“.

Bezüglich Impfung bei Kindern zeigen Daten, dass die Impfung im Alter von fünf bis elf Jahren besser vertragen wird als in der Gruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen. Bei den Jüngeren waren bisher auch keine Fälle von Entzündungen im Herzbereich beobachtet worden.