Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
APA/Roland Schlager
Nationalrat

Schlusstag startet mit Entschuldigung

Der Nationalrat verabschiedet sich am Freitag in die Sommerpause. Zum Auftakt stellte sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) der Fragestunde und entschuldigte sich dafür, dass jüngst seine Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) eine Dringliche Anfrage der FPÖ nicht adäquat beantwortet habe. Für Menschen aus der Ukraine wird der Weg zum Erhalt der Familienbeihilfe frei gemacht. Die von der ÖVP-FPÖ-Regierung eingeführte Indexierung der Familienbeihilfe ist unterdessen Geschichte.

Hintergrund von Nehammers Entschuldigung waren die Vorgänge während der Nationalratssitzung am 15. Juni. Die FPÖ wollte im Rahmen der „Dringlichen“ Nehammer zu ÖVP-Parteifinanzen und türkisen Skandalen befragen. Beantwortet wurde die Anfrage aber nicht von Nehammer selbst, sondern von Staatssekretärin Plakolm. In den meisten Punkten ging sie inhaltlich nicht auf die Anfrage ein, was die Opposition erzürnte. Nehammer sagte dazu am Freitag, die Antworten würden schriftlich nachgereicht. Die Schuld trage aber nicht Plakolm, er nehme die Verantwortung auf sich.

Verteidigt wurde vom Kanzler dagegen die Kassenfusion, die nach einem kritischen Rechnungshofbericht zuletzt in negative Schlagzeilen geraten war. Dass es statt der angekündigten „Patientenmilliarde“ zunächst Mehrkosten gegeben habe, sei nicht zu bestreiten, sagte Nehammer. Doch steht der Regierungschef zur „Effizienzreform“, gebe es doch bei solchen Projekten stets hohe Anschubfinanzierungen und erst dann die Effizienzsteigerungen, die Einsparungen brächten.

Teuerung: Nehammer verteidigt Regierungsmaßnahmen

In einer Fragestunde verteidigte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag im Nationalrat die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen gegen die Teuerung. Die Opposition forderte die Regierungsparteien zum Handeln auf und ist der Ansicht, dass zu wenig geschehe.

Nehammer weiter gegen Preisdeckel

Neuerlich abgelehnt wurden von Nehammer Preisdeckel, etwa bei Treibstoffen. Bisher habe sich das im Kampf gegen die Teuerung in jenen Staaten, die es versucht hätten, nicht als probat erwiesen.

Düster ist des Kanzlers Einschätzung den Ukraine-Krieg betreffend. Nehammer sprach einmal mehr von Präsident Wladimir Putins Kriegslogik, die ein Ende des Krieges erst sehe, wenn das Ziel der Aggression erreicht sei. Der Kanzler warnte auch davor, immer mehr an die Grenzen eines Dritten Weltkriegs zu geraten. Daher müssten Gesprächsebenen offen gehalten werden.

Familienbeihilfe für Ukraine-Vertriebene

Neben den ohnehin vorgesehenen Beschlüssen sind in den letzten Plenartagen vor dem Sommer auch noch zusätzliche Materien aufs Tapet gekommen. Geflüchtete aus der Ukraine sollen in Österreich nun auch Anspruch auf Familienbeihilfe und damit verbundene Sozialleistungen haben. Die türkis-grüne Koalition hat nach monatelangen Verhandlungen nun eine Lösung gefunden. Die Gesetzeslücke werde geschlossen, womit alle Vertriebenen aus der Ukraine vollen Zugang zu den Familienleistungen erhalten, hieß es.

Familienbeihilfe für Ukrainer fix

Ukrainerinnen und Ukrainer werden in Österreich Familienbeihilfe bekommen. Das wird der Nationalrat auf den Weg bringen.

Seit Kriegsbeginn sind rund 79.000 vertriebene Ukrainerinnen und Ukrainer in Österreich registriert worden, der Großteil Frauen und Kinder. Es seien „primär Mütter und ihre Kinder, die fliehen müssen und in Österreich Schutz finden“, sagte Familienministerin Susanne Raab (ÖVP). „Im Sinne der Nachbarschaftshilfe sind wir in Europa besonders gefordert zu unterstützen. Der Bezug von Familienleistungen ist dabei ein notwendiger und wichtiger Schritt.“ Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) sprach von einem weiteren Zeichen der Solidarität.

Indexierung der Familienbeihilfe aufgehoben

Mit der Aufhebung der Indexierung der Familienbeihilfe durch den Nationalrat ist unterdessen ein Prestigeprojekt der türkis-blauen Bundesregierung Geschichte. Einzig die Freiheitlichen lehnten die entsprechende Vorlage ab. Basis für den Beschluss war ein Spruch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Gleichzeitig vereinbart wurde, ukrainischen Flüchtlingen Familienbeihilfe zukommen zu lassen. Die entsprechende Regel gilt rückwirkend mit dem Eintreffen in Österreich.

Die FPÖ zeigte sich in der Debatte einmal mehr verärgert in Sachen Indexierung, die ein richtiger Schritt für mehr Gerechtigkeit gewesen sei, wie die Abgeordnete Edith Mühlberghuber befand. Erfreut über den Beschluss zeigte sich die SPÖ, deren Abgeordnete Petra Wimmer darauf verwies, dass ihre Partei immer schon die Unrechtmäßigkeit der Indexierung betont habe.

Barbara Neßler (Grüne) betonte, dass die bisherige Regelung „ethisch nicht vertretbar“ gewesen sei. Für NEOS-Mandatarin Fiona Fiedler stellte die Indexierung eine „massive Ungerechtigkeit“ dar. Seitens der ÖVP betonte die Abgeordnete Alexandra Tanda, dass das EuGH-Urteil selbstverständlich umgesetzt werde. Die Rückzahlung werde, soweit möglich, automationsgestützt und rasch erfolgen. Der Anspruch verfalle auch nicht.

Leichterer Quereinstieg in Lehrerberuf

Erster Beschluss am Freitag war aber eine Dienstrechtsnovelle, mit der der Quereinstieg in den Lehrerberuf erleichtert wurde. Verbessert wurde auch die Bezahlung an den Sommerschulen. SPÖ und FPÖ nutzten den Tagesordnungspunkt für Frontalattacken auf die Bundesregierung, SPÖ-Mandatarin Selma Yildirim sprach von Pfusch und verlangte unter anderem die Wiedereinführung der Pragmatisierung und die Einführung der Altersteilzeit für Beamte.

Vizekanzler und Beamtenminister Werner Kogler (Grüne) reagierte gelassen. Er nannte die Attraktivierung des öffentlichen Dienstes als gemeinsames Ziel: „Da sollten wir uns treffen und nicht gleich alles zur Weltuntergangskrise erklären.“

Teuerung: Bonus für Selbstständige

Am Donnerstag wurde unterdessen noch ein Bonus für Selbstständige als Teuerungsausgleich eingearbeitet. Anspruchsberechtigt für die außerordentliche Gutschrift sind die nach GSVG bzw. BSVG krankenversicherten Personen mit einer Beitragsgrundlage ab einer Höhe von 566 Euro bis 2.900 Euro. Die Staffelung der Gutschrift beginnt bei einer Beitragsgrundlage von 566 Euro mit 160 Euro, bei Beitragsgrundlagen zwischen 1.200 und 2.100 Euro soll der Gutschriftsbetrag 500 Euro betragen. Bis 2.900 Euro sinkt er dann wieder auf 100 Euro ab.

Strengeres Parteiengesetz

Ebenfalls am Donnerstag beschlossen wurde eine Verschärfung des Parteiengesetzes. Etwa wird der Rechnungshof künftig Einschaurechte in Parteifinanzen erhalten, auch die Offenlegungspflichten werden umfangreicher. ÖVP und Grüne sehen in dem neuen Gesetz einen „Meilenstein“ – skeptischer gaben sich die Oppositionsfraktionen. Zudem beschlossen wurden Teile der Pflegereform, besiegelt wurde das offizielle Aus für Impfpflicht und Vollspaltenböden.

Schwarz-Abschied in Richtung Volksanwaltschaft

Nach dem Wechsel von Werner Amon (ÖVP) in die steirische Landesregierung ist ein Platz in der Volksanwaltschaft frei geworden, den nun Ex-ÖVP-Vizegeneralsekretärin Gabriela Schwarz einnehmen wird. Sie verabschiedete sich am Freitag bei den Abgeordneten. Sie wolle weiter für die Menschen im Land arbeiten und nannte in ihrer Abschiedsrede das „Recht auf Leben“, Freiheit, Sicherheit und freie Meinungsäußerung als Priorität – mehr dazu in burgenland.ORF.at.