Karner will über britisches Abschiebemodell reden

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) will über Abschiebungen illegal eingewanderter Personen in Nicht-EU-Staaten nach dem Vorbild Großbritanniens diskutieren. Man solle sich anschauen, wie das Großbritannien mache oder Dänemark plane, sagte Karner heute in Prag. „Die Situation bei der illegalen Migration ist in der Tat dramatisch“, so der Innenminister.

Eine Vereinbarung Großbritanniens mit Ruanda sieht vor, dass illegal eingereisten Menschen der Zugang zu einem Asylverfahren versagt wird. Stattdessen sollen sie – gleich welcher Nationalität – nach Ruanda geschickt werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr ist nicht vorgesehen.

Flüge nach Ruanda gestoppt

Einen ersten Flug mit Asylsuchenden hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Mitte Juni aber per einstweiliger Verfügung gestoppt. Dänemark hat ähnliche Pläne verkündet.

„Ich weiß, dass es rechtlich jetzt noch nicht möglich ist, aber wir sollten darüber diskutieren und darüber reden“, sagte Karner. Es gehe zunächst nicht um konkrete Länder, sondern darum, ob es grundsätzlich möglich wäre.

Nicht nur Österreich, sondern ganz Europa sei davon betroffen. Einerseits würden die Schlepper immer dreister damit werden, dass Europa wegen der Vertriebenen aus der Ukraine offen sei. Andererseits treibe die wirtschaftliche Situation in vielen Ländern Menschen in die Flucht.

Nehammer kritisiert defektes EU-Asylsystem

Wie Karner forderte auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) eine „echte Lösung auf europäischer Ebene“, wie er heute im Vorfeld seiner Reise in den Libanon in einer Mitteilung wissen ließ. Österreich sei mit einem steigenden Migrationsdruck konfrontiert, beklagte er. Bis Ende Juni seien rund 31.000 Asylanträge verzeichnet worden. Das sei ein Plus von 185 Prozent zum Vergleichszeitraum im Vorjahr.

Nehammer will die angespannte Situation in den nächsten Tagen auch bei seinem Besuch in Zypern ansprechen. Zypern habe mit einer großen Pro-Kopf-Belastung ebenso viel zu stemmen. Er forderte insbesondere ein effektives und handlungsfähiges Mandat für die EU-Grenzschutzagentur Frontex. Die Aufstockung des Personals allein löse keine Probleme.

„Die einzige echte Lösung liegt auf europäischer Ebene“, sagte Nehammer. „Es braucht endlich ein neues Asylsystem in ganz Europa. So wie es bisher war, kann und darf es nicht weitergehen. Es kann nicht sein, dass Wirtschaftsmigration und Flucht vermischt werden.“

FPÖ fordert „Asylstopppaket“

Die FPÖ forderte umgehend ein umfassendes „Asylstopppaket“. „Auf EU-Ebene zu reden, bedeutet aber auch jahrelangen Stillstand. Dafür fehlt angesichts der dramatischen Aufgriffszahlen illegaler Einwanderer in Österreich längst die Zeit“, kritisierte der freiheitliche Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer in einer Aussendung.