Erste Aufnahme von Sternen und Galaxien des vor rund einem halben Jahr gestarteten Weltraumteleskops „James Webb“
AP/NASA/ESA/CSA/STScI
Tiefer Blick ins All

Erstes Foto von „James Webb“-Teleskop

Mit dem James-Webb-Teleskop will die US-Raumfahrtbehörde (NASA) Milliarden Jahre in die Vergangenheit blicken. Am Montag präsentierte sie das erste „James Webb“-Foto – die „tiefste und schärfste bisher aufgenommene Infrarotsicht auf das Universum“. Zu sehen sind Sterne und Galaxien relativ bald nach dem Urknall. Es ist der spektakuläre Auftakt zu einer noch größeren Präsentation.

Gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden und dessen Vize Kamala Harris veröffentlichte die NASA die erste Aufnahme des vor rund einem halben Jahr gestarteten Weltraumteleskops „James Webb“ am Montag (Ortszeit) im Weißen Haus. Biden sprach von einem „historischen Tag“, Harris von einem „aufregenden neuen Kapital in der Erforschung unseres Universums“. Auf dem Bild sei nur „ein kleiner Teil des Universums“ zu sehen, sagte NASA-Chef Bill Nelson.

Nelson erklärte Biden: „Das Licht, das du auf einem dieser kleinen Flecken siehst, ist seit 13 Milliarden Jahren unterwegs.“ Die Bilder des „James Webb“-Teleskops würden die Welt daran erinnern, „dass Amerika große Dinge tun kann“, sagte Biden. Zugleich gab er zu, dass schon die Vorstellung jener rund 1,5 Millionen Kilometer, die das Teleskop ins All fliegen soll, „mein Gehirn sprengen“.

„Fantastisch – Galaxien über Galaxien über Galaxien“

Experten zeigten sich begeistert von der Aufnahme. „Fantastisch – Galaxien über Galaxien über Galaxien“, sagte der Astronom Jonathan Lunine von der US-Universität Cornell. „Obwohl es mitnichten das Weiteste ist, das ‚Webb‘ sehen kann, ist es das tiefste jemals aufgenommen Bild und zeigt die Kraft dieses bemerkenswerten Teleskops: unglaubliche Empfindlichkeit, eine große Bandbreite an Wellenlängen und scharfe Bildklarheit.“

Erste Aufnahme von Sternen und Galaxien des vor rund einem halben Jahr gestarteten Weltraumteleskops „James Webb“
AP/NASA/ESA/CSA/STScI
Foto als Zeitreise zu den Anfängen des Universums

Der Astronomieprofessor Avi Loeb von der Harvard-Universität zeigte sich „begeistert“, dass das Weltraumteleskop noch näher an die Zeit des Urknalls blicken kann als bei der nun veröffentlichten Aufnahme. Nach nur zwölfeinhalb Stunden Belichtung „zeigte das Bild im weiten Hintergrund bereits Galaxien in einem Zustand nur 600 Millionen Jahre nach der Entstehung des Universums vor ca. 13,8 Milliarden Jahren“, sagte der Astrophysiker Manuel Güdel von der Universität Wien.

Da das „Webb“-Teleskop im Gegensatz zum „Hubble“-Teleskop tief im Infrarotbereich beobachte, könne es weiter entfernte Galaxien sehen, die auch weiter zurück in der Zeit liegen. Denn aufgrund der Expansion des Universums werde das Licht dieser Galaxien in den Infrarotbereich verschoben, so Güdel, der an der Entwicklung des Teleskops beteiligt war.

Auftakt für weitere Präsentationen

Am Dienstagnachmittag (MESZ) wollte die NASA weitere von dem Teleskop aufgenommene Bilder veröffentlichen. Die Farbbilder seien von Vertretern verschiedener an dem Projekt beteiligter Raumfahrtagenturen ausgewählt worden und zeigten unter anderem den Carinanebel, eine Art Gaswolke, und den außerhalb des Sonnensystems gelegenen Planeten WASP-96 b, hatte die NASA zuvor mitgeteilt.

Die Veröffentlichung der Fotos markiere auch den offiziellen Beginn der wissenschaftlichen Arbeit mit dem bisher größten und leistungsfähigsten Teleskop, das je ins All gebracht wurde. Eine Art Vorschau hatte die NASA bereits in der vergangenen Woche präsentiert: den Ausschnitt eines Bildes, auf dem Sterne und Galaxien zu sehen sind, entstanden mit 72 Aufnahmen in einem Zeitraum von 32 Stunden. Es handle sich um „eine der tiefgehendsten Aufnahmen, die je vom Universum gemacht wurden“, hieß es.

US-Präsident Biden applaudiert Vertretern der NASA in einer Videokonferenz
APA/AFP/NASA/Bill Ingalls
Biden bei der Präsentation: „Historischer Tag“

Eigentlich sei es nur ein Testbild, das von einem Sensor aufgenommen wurde und ursprünglich gar nicht zur Erde geschickt werden sollte – doch zeige es, wozu das Teleskop fähig sein werde. Erste Testbilder hatte das Teleskop bereits vor einigen Monaten zur Erde geschickt, mit denen bewiesen werden sollte, dass die Kamera und die 18 Spiegelsegmente des Teleskops grundsätzlich funktionieren.

Nachfolger von „Hubble“

„James Webb“ war am 25. Dezember an Bord einer Ariane-Trägerrakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ins All gestartet, nachdem es zuvor Kostenexplosionen und immer neue Verschiebungen gegeben hatte. Die Weltraumagenturen der USA, Kanadas und Europas kooperieren bei dem Projekt.

Das „James Webb Space Telescope“ („JWST“) wurde rund 30 Jahre lang entwickelt und kostete schlussendlich etwa zehn Milliarden Dollar (rund 8,8 Mrd. Euro). Es folgt auf das Teleskop „Hubble“, das seit mehr als 30 Jahren im Einsatz ist. Während „Hubble“ im optischen und ultravioletten Bereich arbeitet, untersucht „James Webb“ im infrarotnahen Bereich.

Schwer wie ein Schulbus

Das Herzstück des Teleskops ist ein konkaver Spiegel von sechseinhalb Metern Durchmesser. Er wurde aus 18 sechseckigen Spiegeln zusammengesetzt. Sie bestehen aus dem seltenen Metall Beryllium und wurden für eine optimale Reflexion von Infrarotstrahlen aus den Tiefen des Universums mit Gold überzogen.

Erstes Foto von „James Webb“-Teleskop

Die US-Raumfahrtbehörde (NASA) hat das erste „James Webb“-Foto – die „tiefste und schärfste bisher aufgenommene Infrarotsicht auf das Universum“ – präsentiert. Zu sehen sind Sterne und Galaxien relativ bald nach dem Urknall.

Außerdem gehören vier wissenschaftliche Instrumente zu dem Teleskop, die hauptsächlich zwei Zwecke erfüllen: Bilder von Objekten im Weltraum anzufertigen und mit Spektroskopie Strahlung zu analysieren, um die physikalischen und chemischen Eigenschaften von kosmischem Material zu ergründen. Darüber hinaus gehören Systeme für Stromversorgung, Antrieb, Kommunikation, Orientierung und Datenverarbeitung zu dem Teleskop. Alles in allem wiegt es ungefähr so viel wie ein Schulbus.

Die Mission von „James Webb“

„James Webb“ soll rund 1,5 Millionen Kilometer weit ins All fliegen und unter anderem mit Hilfe eines 25 Quadratmeter großen Spiegels neue Bilder aus dem frühen Universums liefern. Wissenschaftler erhoffen sich von den Aufnahmen des Teleskops unter anderem Erkenntnisse über die Zeit nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren.

Sie hoffen auf Bilder von Sternen, die älter sind als das Sonnensystem und vielleicht nicht mehr existieren. Außerdem sucht das Teleskop das All nach Exoplaneten, also Planeten außerhalb des Sonnensystems, ab. Zudem soll es untersuchen, ob diese fremden Welten Leben beherbergen könnten. Es soll außerdem den Mars und den mit einer Eishülle umgebenen Jupitermond Europa genauer untersuchen.

Viermal so weit weg wie Mond

Das Teleskop wurde in einer Umlaufbahn mehr als eineinhalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt platziert, etwa viermal so weit weg wie der Mond. Anders als „Hubble“ dreht sich das „Webb“-Teleskop nicht um die Erde, sondern um die Sonne. Für die Reise zu seinem Bestimmungsort, der als zweiter Lagrange-Punkt bzw. L2 bekannt ist, brauchte das Teleskop fast einen Monat.

Bis es einsatzbereit war, vergingen weitere Monate. Konnte „Hubble“ noch von Astronauten repariert werden, ist das „Webb“-Teleskop nun so weit weg von der Erde, dass es Menschen nicht dorthin schaffen. Die Lebensdauer von „James Webb“ ist dabei erstmal auf zehn Jahre angelegt.