Der Vorsitzende des U-Ausschusses, Wolfgang Sobotka
ORF.at/Roland Winkler
Sobotka-Befragung

Sesselrücken im ÖVP-U-Ausschuss

Seit Monaten leitet Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Vorsitzender den ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss. Am Mittwoch nimmt er allerdings eine andere Rolle ein: Sobotka wird von den Abgeordneten als Auskunftsperson befragt. Im Zentrum steht das Innenministerium unter seiner Ägide als Ressortchef – dabei bahnt sich aber ein schwieriges Unterfangen für die Opposition an.

Postenbesetzungen, Auftragsvergaben und Inserate – das sind jene Themen, die den U-Ausschuss bisher am meisten beschäftigt haben. Auch Sobotka soll dazu befragt werden, war er doch vor seiner Zeit als Nationalratspräsident einige Jahre lang Innenminister. Wegen diverser Chats aus dem Handy seines damaligen Kabinettschefs vermutet die Opposition etwa, dass unter Sobotkas Amtszeit im Innenressort Posten mit parteinahen Personen besetzt wurden. Sobotka selbst stritt jeden Vorwurf parteiischer Postenbesetzung ab.

Dennoch werden in den Befragungen wohl Namen wie Michael Takacs genannt werden. Dieser war im Kabinett von Innenminister Sobotka tätig und wurde nach der Nationalratswahl 2017 zum Leiter der Wiener Verkehrspolizei. Schon damals kam Kritik an der Postenbesetzung auf. Nach einem kurzen Intermezzo als Flüchtlingsbeauftragter im Zuge des Ukraine-Krieges ist Takacs heute Bundespolizeidirektor – ein neuer ranghoher Posten im Innenministerium. Eigentlich sollte auch Takacs befragt werden – doch das wurde urlaubsbedingt abgesagt.

Welche Fragen sind zulässig?

Auch andere Postenbesetzungen wollen Opposition und die Grünen unter die Lupe nehmen. Doch ganz so einfach dürfte es nicht werden. Denn die Amtszeit von Sobotka fällt nicht unter den definierten Untersuchungszeitraum, der mit 18. Dezember 2017 – dem Tag der Angelobung der ÖVP-FPÖ-Regierung – beginnt. Freilich wurden in den vergangenen Befragungen Fragen zu „Vorbereitungshandlungen“ vom Ausschussvorsitzenden zugelassen. Dennoch werden sowohl Sobotka und die ÖVP-Fraktion penibel auf die Regeln achten.

Der Vorsitzende des U-Ausschusses, Wolfgang Sobotka
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Nationalratspräsident Sobotka wechselt am Mittwoch seinen Sitzplatz

Dass der U-Ausschussvorsitzende überhaupt auf dem Auskunftssessel Platz nehmen wird, ist heute kein Novum mehr. Denn bereits im „Ibiza“-U-Ausschuss wurde der Nationalratspräsident zweimal zu den Vorgängen im Innenministerium und zu möglichen Spenden an das Alois-Mock-Institut befragt. Sobotka antwortete zwar zum Teil recht ausführlich auf die Fragen der Abgeordneten. Doch nicht selten argumentierte er, dass die Fragen nicht zulässig seien.

Die damalige Vorsitzende, die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), hielt manchmal indirekt und einmal explizit fest: Es „sei noch einmal erwähnt, Herr Präsident, dass der Verfahrensrichter und ich die Frage der Zulässigkeit von Fragen hier festzustellen haben und Sie dann wieder, wenn Sie den Vorsitz führen“.

Auch inhaltlich feiert der „Ibiza“-Untersuchungsausschuss ein kurzes Comeback. Die Opposition will den Nationalratspräsidenten mit der verspäteten Aktenlieferung aus dem Finanzministerium unter Ex-Ressortchef Gernot Blümel konfrontieren. Weil Blümel zuerst ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs nicht und später laut Opposition mangelhaft umsetzte, kam es zu einer Exekution im Auftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Als Ausschussvorsitzender kommt Sobotka eine Vermittlungsfunktion zwischen Parlament und Ministerium zu.

Was ist mit dem BAK los?

Nach Sobotka rückt das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) in den Fokus der Befragung. Das BAK ist für die Vorbeugung, Verhinderung und Bekämpfung von Korruption zuständig, also für Amtsdelikte wie Amtsmissbrauch und Bestechung. Dabei arbeitet das Bundesamt unter anderem mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zusammen. Derzeit wird das BAK von Otto Kerbl, der am Mittwoch befragt wird, interimistisch geleitet – mittlerweile seit mehr als zwei Jahren.

Die Opposition vermutet, dass die wichtige Antikorruptionsbehörde ausgehungert wird. Posten werden nicht nachbesetzt und die Reform, die noch unter dem damaligen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) angekündigt wurde, nicht vollzogen. In einer Anfragebeantwortung von heuer hielt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) fest, dass sich der Prozess „covidbedingt weiter verzögert“ habe. Auf Fragen, die die Ausgestaltung der Reform betreffen, ging der Ressortchef nicht ein.

Dazu und zu Österreichs Antikorruptionsbemühungen soll eine mittlerweile pensionierte BAK-Abteilungsleiterin befragt werden, die ebenfalls geladen ist. Während ihrer Zeit im Ressort verantwortete sie den Bereich Korruptionsprävention, Edukation und internationale Zusammenarbeit. Zuletzt hatte die Antikorruptionsgruppe des Europarates (GRECO) Österreich bei der Umsetzung von Maßnahmen gegen Korruption Säumigkeit vorgeworfen.

Was weiß Schramböck?

Etwas kürzer dürfte der Befragungstag am Donnerstag ausfallen. Denn mit der ehemaligen WirtschaftsministerIn Margarete Schramböck (ÖVP) wird wegen Absagen nur eine Auskunftsperson den Abgeordneten Rede und Antworten stehen. Schramböck wird zu Postenbesetzungen, Studien und Inseraten unter ihrer Amtszeit befragt werden. Opposition und Grüne vermuten, dass in ÖVP-geführten Ministerien Umfragen mit Fragestellungen im Interesse der Partei oder von Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Auftrag gegeben wurden.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck
APA/Hans Punz
Am Donnerstag wird Ex-Ministerin Schramböck befragt – der erste Befragungsversuch vor wenigen Wochen wurde abgesagt

So wurden im Auftrag des Wirtschaftsministeriums unter Schramböck Umfragen beauftragt, in denen etwa vereinzelt Fragen nach der „1.-Mai-Kampfrhetorik“ der Gewerkschaft und Arbeiterkammer sowie nach der „guten Arbeit“ der Opposition in der Coronavirus-Krise gestellt wurden. Durchgeführt wurden die Umfragen von Demox Research, das für das ÖVP-geführte Ministerium arbeitet. Der Geschäftsführer von Demox Research ist ein frühere ÖVP-Bauernbund-Funktionär. Dieser schloss im U-Ausschuss aus, dass die öffentliche Hand über sein Institut Studien für die ÖVP finanziert hat.

Die frühere Ministerin Schramböck wird auch Fragen zu einem von der Meinungsforscherin und früheren ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin in den Jahren 2019 und 2020 für das Wirtschaftsministerium durchgeführten „Leitbildprozess“ beantworten müssen. Dieser Prozess kostete zwar 125.920 Euro an Steuergeld, eine Ausschreibung musste aber nicht erfolgen, weil der Anfangspreis unter dem Schwellenwert von 100.000 Euro blieb. Der Output des Auftrags war nach Angaben der Opposition gering. In dieser Causa prüft die WKStA nach einer Anzeige einen Anfangsverdacht.