Eine Frau sitzt an einem Küchentisch mit Taschenrechner und Rechnungen
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Steigende Preise

Warnung vor deutlich mehr Privatkonkursen

Im vergangenen Jahr sind über 7.000 Privatpersonen in Österreich in die Zahlungsunfähigkeit geschlittert. Heuer dürfte die Zahl aufgrund der Inflation deutlich höher ausfallen, erwartet der Kreditschutzverband KSV1870. Die Mehrheit der Insolvenzen war 2021 zwar nicht selbst verschuldet. Die Gläubigerschützer warnen angesichts steigender Preise aber vor „unbedachtem“ Konsum und mahnen einen „sorgsamen“ Geldumgang ein.

Konkret wurden im Vorjahr 7.227 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Das sind um ein Prozent weniger als im Jahr davor. Zu fast einem Drittel war die Insolvenz selbst verschuldet, wie aus einer Analyse des Kreditschutzverbands hervorgeht. Das könnte sich laut den Kreditschützern aber in diesem Jahr ändern. „Aufgrund der jüngsten Entwicklungen rechnen wir bei der nächstjährigen Ursachenstatistik durchaus mit Verschiebungen“, so KSV1870-Insolvenzleiter Karl-Heinz Götze.

Die derzeitige „Kostenexplosion verlangt einen noch sorgsameren Umgang mit den eigenen finanziellen Mitteln“, sagte Götze. „Insbesondere was den Konsum betrifft, raten wir aufgrund der aktuellen Teuerungswelle zur Vorsicht – dies sind keine Zeiten für unbedachte Handlungen, die schnell zum Zünglein an der Waage werden können“, so der Finanzexperte. Das gelte vor allem für jene, die bereits in den vergangenen Jahren „den finanziellen Spielraum ausgeschöpft haben“.

Ein Fünftel überschätzte eigene Möglichkeiten

2021 galt nach wie vor persönliches Verschulden als die häufigste Ursache für den Privatkonkurs (30,2 Prozent). Insbesondere die „Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit“ führe häufig in die finanzielle Sackgasse – sie sei Ursache für jede fünfte Pleite (19,1 Prozent) von Privatpersonen in Österreich, teilten die Kreditschützer am Mittwoch mit. Speziell im Burgenland (33,1 Prozent) und in der Steiermark (27,6 Prozent) ist dieser Aspekt den Angaben zufolge besonders stark ausgeprägt – in Tirol wiederum fällt dieser Wert mit nur 6,4 Prozent am niedrigsten aus.

Die zweithäufigste Ursache für die Zahlungsunfähigkeit war eine ehemalige Selbstständigkeit (25,4 Prozent). Ihr Anteil an den Privatkonkursen nahm zuletzt aber ab. Im abgelaufenen Jahr gab es um drei Prozentpunkte weniger private Pleiten infolge einer früheren selbstständigen Tätigkeit als 2020. Noch 2019 war die ehemalige Selbständigkeit die häufigste Ursache im Bereich des Privatkonkurses.

Am höchsten war der Anteil an Personen, die aufgrund einer ehemaligen Selbstständigkeit in den Privatkonkurs abgerutscht sind, im Burgenland (33,9 Prozent). Häufig war das auch in Salzburg (31,5 Prozent) und in Tirol (29,2 Prozent) der Fall, eher seltener in Vorarlberg (16 Prozent).

Arbeitslosigkeit und Lebenskrisen

Eine Reduktion des Einkommens war 2021 in fast einem Fünftel der Fälle (18,6 Prozent) der Auslöser für die Privatinsolvenz. Hier spielte laut KSV1870 vor allem das Thema Arbeitslosigkeit (15,2 Prozent) eine zentrale Rolle. 12,7 Prozent der Insolvenzen ließen sich laut der Analyse auf Lebenskrisen wie Scheidungen (5,4 Prozent) und Schicksalsschläge (5,1 Prozent), etwa chronische Erkrankungen, zurückführen. Zu dieser Kategorie zählen laut Kreditschutzverband auch Verwerfungen infolge der CoV-Pandemie.

Die Pandemie sei jedoch auch in ihrem zweiten Jahr 2021 „kein Treiber von Privatkonkursen“ gewesen – lediglich 1,5 Prozent der Konkurse waren darauf zurückzuführen. Die CoV-Krise habe in Österreich „bis dato zu keiner massiven Steigerung von Privatkonkursen geführt – aus heutiger Sicht scheint die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung die finanziellen Auswirkungen der Pandemie gut abzufedern“, so Götze.

Ruf nach finanzieller Entlastung

Doch nun hat sich das Umfeld laut Kreditschützern nochmals deutlich verändert. Im laufenden Jahr werde voraussichtlich der externe Faktor Inflation auf die privaten Haushaltskassen durchschlagen. Die aktuellen Preisentwicklungen würden die Menschen stärker treffen, insbesondere Personen mit niedrigeren Einkommen.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vieler privater Haushalte habe sich zuletzt aufgrund von Preissteigerungen und der Inflation stark verändert. Das bedeute zum einen, dass die Menschen noch besser auf die eigenen Finanzen achten müssten. Zum anderen dürften die Menschen während einer derart gravierenden Teuerungswelle nicht im Regen stehen gelassen werden. „Es braucht spürbare finanzielle Entlastung, und zwar jetzt“, fordert der Kreditschutzverband.

AK alarmiert über Teuerung bei Lebensmitteln

Alarmiert zeigte sich ob der steigenden Preise am Mittwoch auch die Arbeiterkammer (AK). Die Arbeitnehmervertretung verglich die Preise bei Lebensmitteln. Laut AK wurde etwa günstiges Mehl im Jahresvergleich (Juni 2021 zu Juni 2022) um 129 Prozent teurer, Butter um 76 Prozent und Eier um 47 Prozent. „Die Preisspirale dreht sich weiter und weiter. Es ist kein Spaß, wenn viele Menschen jeden Euro zweimal umdrehen müssen und dann auch noch günstige Waren teurer sind“, so Gabriele Zgubic von der Arbeitnehmervertretung.

AK fordert rasche Maßnahmen

Die Preise in den Bereichen Energie, Sprit, Lebensmittel und Wohnen seien zuletzt um ein Vielfaches gestiegen. Die Arbeiterkammer fordert nun rasche Maßnahmen gegen die Teuerung.

Die AK erhebt regelmäßig, wie sich die Preise in den Bereichen Energie, Sprit, Lebensmittel und Wohnen entwickeln. Und diesmal seien die Zahlen „alarmierend“. „Höhere Preise treffen Menschen mit niedrigerem Einkommen viel härter“, so Zgubic.