Regierungskrise in Italien: Mehrheit gegen Neuwahl

Während die Parteien in Rom um einen Ausweg aus der Regierungskrise ringen, sind die Italiener und Italienerinnen mehrheitlich gegen eine vorgezogene Parlamentswahl. Laut einer von der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ veröffentlichten Meinungsumfrage sind 53 Prozent gegen eine Neuwahl im Herbst.

Laut der vom Meinungsforschungsinstitut Izi Spa durchgeführten Umfrage sind 51 Prozent der Befragten für einen Amtsverbleib von Premier Mario Draghi mit einer anderen Koalition als die aktuelle.

55,5 Prozent sind der Meinung, dass im Fall eines Rücktritts Draghis eine Fachleuteregierung eingesetzt werden sollte, die Italien bis Ende der Legislatur im Frühjahr 2023 führe. Die Mehrheit der Befragten sei der Meinung, dass die Parteien nicht in der Lage seien, einen neuen Premier auf Draghis Niveau zu finden, so das Meinungsforschungsinstitut.

Viele Gespräche und auch Bitten

Unterdessen wird um eine Lösung aus der Krise auf vielen Ebenen und in unzähligen Gesprächen gerungen. Die Partei Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi drängt auf einen Amtsverbleib Draghis ohne die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung, die am Donnerstag die Regierungskrise ausgelöst hat. Andernfalls sei man für eine Neuwahl. Auch die Lega schließt eine Neuwahl nicht aus. Keine Neuwahl am Horizont sehen hingegen die Sozialdemokraten, so ihr Chef Enrico Letta.

Die ebenfalls mitregierende Kleinpartei Italia Viva startete unterdessen eine Unterschriftensammlung, mit der Draghi zum Verbleib aufgefordert werden soll. Die Partei um Ex-Premier Matteo Renzi hofft, bis Mittwoch 100.000 Unterschriften zu sammeln. Derzeit seien es bereits über 30.000.

Stichtag Mittwoch

Am Mittwoch wird Premier Draghi über die politische Lage berichten. Er will prüfen, ob die Bedingungen für einen Amtsverbleib vorhanden sind, ansonsten wird er zurücktreten. Präsident Sergio Mattarella hatte Draghis bereits angekündigten Rücktritt zurückgewiesen und ihn aufgefordert, im Parlament über die politische Lage zu berichten.

„Wenn die Bedingungen am Mittwoch nicht erfüllt werden, wird das Parlament aufgelöst und wir werden um den 25. September herum wählen“, sagte Außenminister Luigi Di Maio, der vor einem Monat die Fünf-Sterne-Bewegung verlassen und eine eigene Fraktion gegründet hatte. Mit der Auflösung des Parlaments drohten auch die Gelder der EU für den Wiederaufbau nach der Pandemie verloren zu gehen, so Di Maio.

Laut dpa haben mehrere Bürgermeister italienischer Großstädte Draghi in einem offenen Brief zum Weiterregieren aufgefordert, darunter Roms Bürgermeister Roberto Gualtieri, Beppe Sala aus der Metropole Mailand und neun weitere Amtskollegen. Die elf Politiker – hauptsächlich Sozialdemokraten – forderten die Regierungsparteien im Parlament auf, im Interesse des Landes und seiner Probleme zu handeln.