Stromzähler
ORF.at/Sabine Koder
Preiskommission

Nächster Disput im Kampf gegen Teuerung

Der ÖGB hat angesichts der Teuerung am Montag erneut die Einsetzung der Preiskommission gefordert, die die Preisentwicklung überwachen und eingreifen kann. „Es gibt das Preisgesetz, und die Preiskommission kann man jederzeit einsetzen“, so ÖGB-Chef Wolfgang Katzian im Ö1-Morgenjournal. Für Fiskalratschef Christoph Badelt käme der Schritt zu früh. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) will eine Energiekostenbegrenzung rasch prüfen lassen und stellt eine Umsetzung im Herbst in Aussicht.

Die im März im Finanzministerium eingerichtete Kommission zur Beobachtung der Inflation ist für Katzian zu wenig. Die 20-köpfige Gruppe von Expertinnen und Experten zur Beobachtung und Analyse der Inflation (EBAI), in der neben den Sozialpartnern etwa der Seniorenrat und die Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS vertreten sind, sei „maximal ein zahnloser Tiger als Bettvorleger“.

Die Vorschläge der Kommission sollen als Entscheidungsgrundlage für die Politik dienen, sind allerdings nicht bindend. Katzian zeigte sich zwar froh, dass von der Regierung aktuell der Vorschlag von WIFO-Chef Gabriel Felbermayr zu einem Stromrechnungsdeckel für Privathaushalte von der Regierung geprüft wird. Nach Ansicht Katzians sei der Stromrechnungsdeckel „absolut alternativlos“ und könne durch die krisenbedingten Übergewinne der Energieunternehmen finanziert werden.

ÖGB-Chef Wolfgang Katzian
APA/Herbert Pfarrhofer
Katzian: Kommission zur Beobachtung der Inflation „maximal ein zahnloser Tiger als Bettvorleger“

Nehammer: Stromrechnungsdeckel aktuell noch in Prüfung

Bundeskanzler Nehammer sagte am Montag, dass eine Umsetzung ab Herbst das Ziel sei – nämlich dann, wenn die Heizsaison beginne und die Energiekosten tatsächlich stark spürbar würden. Der konkrete Inhalt des Vorschlags liege noch nicht auf dem Tisch, doch „es sollte für die Menschen jedenfalls eine spürbare Entlastung sein“, so Nehammer. Er halte selbst den „Zugang für richtig“, dass es Hilfen gebe, weil die Energiekosten „absurd hoch“ seien.

Da es nicht nur im Energiebereich Preissteigerungen gebe, muss laut Katzian allerdings die Preiskommission her, wie das die Sozialpartner bereits im Frühjahr gefordert hatten. Außerdem müssten deren Kompetenzen auch auf den Energiebereich ausgeweitet werden, derzeit seien Gas und Strom ausgenommen.

Badelt: Preisdeckel ineffektiv

Fiskalratschef Badelt hielt es im Morgenjournal indes nicht für zielführend, die Inflation mit Preisdeckeln zu bekämpfen. Diese seien zu teuer, zu breit und ineffektiv. Stattdessen solle sich die Politik auf jene Bevölkerungsschichten konzentrieren, die sich durch die Inflation ihren Alltag nicht mehr leisten können.

Anders sehe die Sache aus, wenn Russland den Gashahn komplett zudrehe und Produkte knapp würden. Diese Situation würde einer Kriegswirtschaft gleichen, hier müsse tatsächlich eine Preiskommission entscheiden, wie viel ein Liter Milch oder Superbenzin kostet.

Fiskalratschef Christoph Badelt
APA/Roland Schlager
Fiskalratschef Badelt ortet einen falschen Zeitpunkt für die Einsetzung einer Preiskommission

Für Katzian ist es dann allerdings zu spät, man müsse sich jetzt auf die möglichen Szenarien vorbereiten. Solange es keine Preiskommission gebe bzw. die EBAI „in Wirklichkeit für die Preisgestaltung null Relevanz hat“, plädiert der ÖGB außerdem weiter dafür, für die Güter des täglichen Bedarfs die Mehrwertsteuer für eine bestimmte Zeit auszusetzen oder zu halbieren.

SPÖ: Finanzierung mit Übergewinnen der Energiekonzerne

Die SPÖ fand es positiv, dass ihr Vorschlag, die Haushalte mit einem Energiepreisdeckel zu entlasten, immer mehr Unterstützung bekommt, will aber, dass ein etwaiger Energiepreisdeckel mit Übergewinnen der Energiekonzerne finanziert wird.

„Energieerzeuger und Energielieferanten machen durch die extremen Preise Milliarden an Übergewinnen“, sagte Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter: „Die gehören abgeschöpft und jeweils zur Hälfte an die Haushalte zurückgegeben und für Investitionen in erneuerbare Energie verwendet.“ Geht es nach der SPÖ, sollen die Gewinne abgeschöpft werden, die zehn Prozent über dem Gewinn des Vorjahrs liegen.

Kaiser: MwSt auf die wichtigsten Lebensmittel senken

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) kann sich wiederum eine amtliche Preisregelung für bestimmte Produkte vorstellen. Er betonte in der „Kleinen Zeitung“ (Montag-Ausgabe), „die Grundnahrungssicherheit muss gegeben und leistbar sein“. Der Landeshauptmann denkt etwa an eine Senkung der Mehrwertsteuer auf die wichtigsten Lebensmittel, ansonsten sei „für gewisse Produkte auch eine amtliche Preisregelung denkbar“. Konkret nannte Kaiser beispielsweise Brot, Reis, Milch, Mehl und Hygieneartikel.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zeigte sich am Rande einer Pressekonferenz für den Vorschlag des Stromrechnungsdeckels für Privathaushalte offen. Während ein Eingriff in den Strompreis nur auf EU-Ebene passieren könne, sei die Regierung für eine Teildeckelung der Stromrechnung der einzelnen Haushalte gesprächsbereit. Das würde auch ein Anreiz sein, „um Energie einzusparen“, bekräftigte Brunner.

Bereits am Sonntag hatte der aktuelle Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Wiens Landeshauptmann Michael Ludwig (SPÖ), neuerlich auf den von ihm schon in der Woche davor geforderten Preisgipfel gedrängt, „die Menschen in unserem Land brauchen Entlastung bei ihren Lebenskosten“. An diesem Gipfel sollten neben Bund, Ländern und den Parlamentsparteien auch Sozialpartner, EU-Vertreterinnen und -Vertreter sowie Expertinnen und Experten teilnehmen.

WIFO-Chef: Energiepreisgrenze muss Sparanreiz sein

WIFO-Chef Felbermayr gehe es bei seinem Vorschlag zur Begrenzung der Energierechnungen darum, dass diese verlässlich erfolgt und gleichzeitig starke Anreize zum Energiesparen bringt. Für Durchschnittshaushalte und gegebenenfalls auch kleinere gewerbliche Verbraucher sollen die Rechnungen dann nicht um mehr als zehn oder 20 Prozent steigen, so Felbermayr am Montag zu seiner Idee. Es gebe aber noch offene Fragen, und das Budget werde belastet werden.

„Daher sollten die Energieversorger einen Teil des Energieverbrauchs der Haushalte kostenfrei abgeben, für den Rest aber Marktpreise verrechnen“, so der WIFO-Direktor. Die Logik sei simpel, es sind laut Felbermayr für eine Umsetzung – die Politik prüft den Vorschlag – aber noch wichtige Fragen zu klären.

Unterschiedliche Haushaltsgrößen berücksichtigen

Dabei geht es darum, wie unterschiedliche Haushaltsgrößen bei der Berechnung der Gutschrift berücksichtigt werden sollen, welche Obergrenzen es geben soll und ob Strom und Gas gleich behandelt werden sollen, so der Ökonom. Weiters stellten sich die Fragen, ob kleinere gewerbliche Verbraucher einbezogen werden sollen und wie der Staat die Energieversorger für die zu gewährenden Gutschriften kompensiert: „Ersetzt er entfallene Gewinne oder die entstandenen Kosten?“, so Felbermayr.

An Antworten auf diese Fragen werde derzeit noch „fieberhaft gearbeitet“. Dabei seien zwei Dinge zentral: „Erstens darf die Lösung nicht zu neuen Ungerechtigkeiten führen und zweitens muss sie administrativ schnell und einfach umzusetzen sein.“ Vorige Woche sagte Felbermayr am Rande eines Pressetermins auf Nachfragen: „Man könnte Haushalten gewissen Mengen am Normverbrauch gemessen gutschreiben, ähnlich ginge es beim Strompreis.“ Das würde dazu führen, dass Haushalte voll zahlen, wenn sie über gewissen Normverbrauchsgrößen liegen würden, blieben sie darunter, würden sie profitieren.

„Preissignale würden ankommen, Sparanreize wären hoch“

Aus Sicht Felbermayrs würden damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: „Die Preissignale würden ankommen, die Sparanreize wären hoch. Es würde dafür Sorge getragen, dass die Menschen mit der Last umgehen können – wer spart, der spart viel, weil die Preise so hoch sind. Die Basisausstattung (mit Energie, Anm.) würde zum Normalpreis oder sogar zum Nullpreis gewährleistet.“

„Schon jetzt ist klar, dass die Umsetzung des Modells Lücken ins Budget des Bundes reißen wird“, so Felbermayr. Jedenfalls müsse der Marktpreis für Strom runter. Davon würde dann auch die Industrie profitieren. „Wenn man die Verstromung von Gas, möglicherweise auch von Kohle, bezuschusst, so wie Portugal und Spanien das tun, würde der Preis für Strom deutlich sinken, auch wenn er mit Wasser-, Sonnen- oder Windkraft produziert wird. Das kann Österreich aber nur gemeinsam mit den angrenzenden Ländern tun. Daher kommt hier die EU ins Spiel“, gab der WIFO-Direktor zu bedenken.

Hahn: Möglichkeiten der EU begrenzt

Ein Gegensteuern gegen die aktuelle Teuerung auf EU-Ebene ist nach Ansicht von EU-Budgetkommissar Johannes Hahn nur begrenzt möglich. Auf eine entsprechende Frage der „Vorarlberger Nachrichten“ (Montag-Ausgabe) sagte Hahn, möglich wäre nur „wenig, weil das EU-Budget macht nur ein Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Bei den nationalen Haushalten liegt dieser Wert zwischen 30 und 45 Prozent. Das heißt, sie haben die eigentliche Macht und Kraft, hier einen Beitrag zu leisten.“