Russische Schiffe im Hafen von Sevastopol
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Waffenlieferungen

Ukraine droht mit Angriff auf Krim

Die ukrainische Armee ist in den letzten Wochen durch die Offensive der russischen Einheiten im Land vor allem in der östlichen Region Donbas stark unter Druck geraten. Das hindert Kiew allerdings nicht daran, Russland zu drohen: zuletzt mit einem Angriff auf die annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim mitsamt der dort stationierten russischen Flotte.

Selbstvertrauen geben der ukrainischen Armee vor allem Lieferungen von schweren Waffen, allen voran Raketenartillerie mit großer Reichweite, aus dem Westen, etwa den USA, aber auch anderen Waffensystemen. „Wir bekommen Schiffsabwehrwaffen und werden früher oder später die Flotte angreifen“, sagte nun der stellvertretende ukrainische Verteidigungsminister Wolodymyr Hawrylow der britischen „Times“ am Dienstag bei einem Besuch in London. „Russland muss die Krim verlassen, wenn es weiter als Staat bestehen will.“

Moskau hatte seinen am 24. Februar begonnenen Krieg gegen die Ukraine auch mit angeblichen Plänen Kiews begründet, sich die 2014 von Russland annektierte Krim zurückholen zu wollen – und sieht sich entsprechend bestätigt. Der Sprecher des Kreml, Dmitri Peskow, erklärte, Hawrylows Äußerungen zeigten deutlich einmal mehr die Notwendigkeit der „militärischen Spezialoperation“. So bezeichnet Moskau den Krieg gegen die Ukraine offiziell.

Kreml sieht sich durch Drohungen bestätigt

„Nur mit solchen Mitteln lässt sich die Ukraine von solchen Vertretern der Führung befreien“, sagte Peskow der russischen staatlichen Nachrichtenagentur TASS zufolge. Moskau hatte Kiew immer wieder vor einer scharfen Reaktion gewarnt, sollte die Krim angegriffen werden. Dagegen meinte Hawrylow, dass unlängst bereits die Schlangeninsel zurückerobert worden und damit der erste Schritt getan sei – mit Unterstützung durch die Lieferung schwerer Waffen aus dem Westen.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow
AP/Sputnik/Alexei Nikolsky
Der Kreml – im Bild Sprecher Peskow – sieht seine Linie („Spezialoperation“) bestätigt

„Jedes Ziel dort für uns legitim"

„Wir sind bereit, sie im gesamten Schwarzen Meer ins Visier zu nehmen, wenn wir diese Möglichkeit haben“, sagte der stellvertretende ukrainische Verteidigungsminister. „Die Krim ist ukrainisches Territorium, daher ist jedes Ziel dort für uns legitim.“ Eine Rückkehr in die Ukraine sei auch auf diplomatischem Wege möglich. Allerdings hatte Russland stets erklärt, dass die Krim-Frage durch die Eingliederung in das Land endgültig geklärt sei. Einschließlich der Krim kontrolliert Russland inzwischen mehr als 20 Prozent des ukrainischen Territoriums, vor allem im Osten und Südosten des Nachbarlandes.

Selbstbewusstsein durch Waffenlieferungen

Die Ukraine hatte bereits mehrfach gedroht, russische Ziele im Schwarzen Meer anzugreifen und diese Drohungen teils auch wahr gemacht. Zuletzt griff die ukrainische Armee laut russischen Angaben etwa Erdgasbohrinseln mit Raketen an. Diese liegen etwa 100 Kilometer vor der Küste der südukrainischen Hafenstadt Odessa und etwa 150 Kilometer von der Krim entfernt im Meer. Sie wurden im Zuge der russischen Invasion der Krim im Jahr 2014 vom russischen Militär besetzt.

HIMARS-Raketenwerfer der USA in der Ukraine
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USA liefern Raketensysteme mit großer Reichweite und Wirkung

„Befreit“ oder aufgegeben

Die Schlangeninsel im Schwarzen Meer reklamiert die Ukraine als von ihrer Armee „befreit“, Russland hat sie nach eigenen Worten aufgegeben – als „Geste“, wie es vor etwa zwei Wochen hieß. Ukrainische Einheiten hissten damals ihre Nationalflagge. Die Militärverwaltung des Gebiets Odessa veröffentlichte im Nachrichtendienst Telegram mehrere Fotos. Unterzeichnet wurde die Flagge auch von Militärgouverneur Maxym Martschenko. Sie trug außerdem die Aufschrift: „Merke dir, ‚russisches Kriegsschiff‘, die Insel gehört zur Ukraine!!!“

Ukrainische Soldaten hissen die ukrainische Fahne auf der Schlangeninsel
Reuters/Ukrainian Armed Forces
Ukrainische Einheiten hissten ihre Flagge auf der Insel

Die Insel liegt etwa 35 Kilometer vor dem ukrainischen Teil des Donau-Deltas. Kurz nach dem Angriff auf die Ukraine im Februar besetzten russische Einheiten die nur rund 17 Hektar große Insel. Vor rund zwei Wochen zogen sie nach anhaltenden ukrainischen Luft- und Artillerieangriffen wieder ab. Die Ukraine warf der russischen Armee später vor, bei Angriffen auf die Insel Phosphor-, also Brandbomben eingesetzt zu haben.