Gorilla-Familie im Virunga Nationalpark
Reuters/James Akena
Ölförderung im Regenwald

Berggorillas in DR Kongo in Gefahr

In der Demokratischen Republik (DR) Kongo stehen neue Genehmigungen für die Erschließung von Öl- und Gasreserven zur Versteigerung. Das betroffene Gebiet überlappt sich zum Teil mit dem Virunga-Nationalpark, einem der letzten Lebensräume für die gefährdeten Berggorillas. Umwelt- und Tierschützer schlagen Alarm.

Der Nationalpark liegt im Osten der DR Kongo an der Grenze zu Uganda und Ruanda. Das UNESCO-Weltkulturerbe ist bekannt für die gefährdeten Berggorillas, die nur in diesen drei Ländern leben. Schätzungen zufolge gibt es noch etwa 1.000 dieser Primaten, ein Drittel davon lebt im Virunga-Park.

Nun werden die bedrohten Tiere erneut gefährdet: Die DR Kongo veranstaltet am Donnerstag und Freitag in Kinshasa eine ausgeweitete Auktion, bei der Genehmigungen für die Erschließung von Öl und Gas ersteigert werden können. Die Ausschreibung umfasst nun 27 Ölblöcke und drei Gasgenehmigungen, ursprünglich geplant waren insgesamt nur 16 Konzessionen. Zwei der hinzugefügten Explorationsblöcke überschneiden sich mit dem Nationalpark.

Moore als „Kohlenstoffzeitbombe“

Zudem wird sich die Erschließung auch in die Moore des Landes erstrecken, wie die Nachrichtenplattform Bloomberg berichtet. Sie zählen zu den wichtigsten Kohlenstoffsenken der Welt, nehmen also mehr CO2 auf, als sie abgeben. Die kongolesischen Moore speichern etwa 30 Milliarden Tonnen Kohlenstoff – das entspricht rund 82 Prozent der jährlichen globalen Kohlendioxidemissionen. Senken wie die Cuvette Centrale tragen dazu bei, die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe zu mindern. Es könnten aber auch große Mengen an Kohlendioxid freigesetzt werden, wenn die Moore gestört werden. Aktivisten sprechen daher von einer „Kohlenstoffzeitbombe“.

Luftaufnahme vom Fluss Rutshuru in DR Kongo
APA/AFP/Alexis Huguet
Der Nationalpark ist einer der letzten Lebensräume der Berggorillas

Die DR Kongo Land will mit der nun ausgeweiteten Auktion unter anderem seine Ölindustrie ausbauen. Derzeit produziert sie nur etwa 25.000 Barrel pro Tag (im Vergleich: Saudi-Arabien erwägt derzeit eine Förderhöhe von bis zu 13 Mio. Barrel pro Tag). Das Land soll im Gespräch über die Übernahme der Explorationsblöcke sein mit diversen Energiekonzernen wie der französischen Total, der italienischen ENI und dem US-Riesen ExxonMobil.

Verarmtes Land

Didier Budimbu, Erdölminister des Landes, sagte am Montag gegenüber dem britischen „Guardian“, er verstehe die Sorgen der Umweltschützer, doch habe man das Recht darauf, die natürliche Ressourcen zu nützen. „Unsere Hauptverantwortung gilt den kongolesischen Steuerzahlern, die zum größten Teil unter Bedingungen extremer Unsicherheit und Armut leben und ein sozioökonomisches Wohlergehen anstreben, das ihnen die Ölförderung wahrscheinlich bieten wird“, so Budimbu.

Die Einnahmen seien auch erforderlich, um den Wald im Kongobecken zu schützen und das Land wirtschaftlich zu entwickeln. Die DR Kongo gilt als eines der ärmsten Länder der Welt. Fast drei Viertel der 90 Millionen Einwohner lebten laut Weltbank 2018 von weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag.

Kettenreaktion befürchtet

Tier- und Umweltschutzorganisationen sowie Fachleute fordern dennoch, dass die Auktion abgeblasen wird, sie riefen auch die großen Ölfirmen dazu auf, von der Versteigerung Abstand zu nehmen.

Simon Lewis, Professor für Global Change Science am University College London, sagte zum „Guardian“, das Kongobecken sei der schlechteste Ort der Welt, um nach Öl und Gas zu suchen. „Die Öffnung dieser Wälder für die Ölförderung wird zu Jagd, Entwaldung, Ölverschmutzung, Kohlenstoffemissionen und sozialen Konflikten führen. Die Ölauktion ist eine Auktion, um eine Natur-, Gesundheits-, Klima- und Menschenrechtskatastrophe einzuleiten“. Dafür sei etwa die Ölförderung im Nigerdelta ein trauriges Beispiel. „Die Auktion sollte abgebrochen werden“, so Lewis.

„Dieses Mal lassen wir uns nicht aufhalten“

Irene Wabiwa von Greenpeace Africa sagte, die Auktion sei ein schauerlicher Versuch, die Natur des Landes zu monetarisieren. Sie untergrabe außerdem vollends die Ambitionen der Regierung, die DR Kongo als „ein Land mit Lösung für die Klimakrise“ zu positionieren. Pikant an der Auktion ist tatsächlich, dass Präsident Felix Tshisekedi im vergangenen Jahr auf der Klimakonferenz COP26 unter den Unterzeichnern eines Klimavertrags war.

Mit dem Dokument verpflichteten sich mehr als 100 Staaten, darunter eben die DR Kongo, die Zerstörung ihrer Wälder zu stoppen. Für das Vorhaben wurden bis 2025 zwölf Milliarden US-Dollar eingeplant. Für die DR Kongo waren 500 Mio. Dollar vorgesehen. Auch gibt es im Rahmen der Central African Forest Initiative (CAFI) Zusagen des Landes, die Wälder und Moore zu schützen. Nun könne man den Versprechungen nicht mehr trauen, fürchten die Naturschützer.

Sie hoffen aber, dass sie noch einmal einen Erfolg wie 2015 feiern können. Damals gaben die Unternehmen SOCO International (heute Pharos Energy) und Dominion Petroleum nach dem öffentlichen Druck ihre Pläne auf, Blöcke zu übernehmen. Dazu hatte die von Leonardo DiCaprio produzierte Netflix-Doku „Virunga“ beigetragen. Doch die Regierung dürfte dieses Mal hart bleiben. Der „Financial Times“ sagte Erdölminister Budimbu kürzlich, dass sich nun keine Hollywood-Stars auf „ihr hohes Ross“ schwingen sollten. „Dieses Mal lassen wir uns nicht aufhalten.“