Sommerministerrat in Mauerbach
APA/Georg Hochmuth
Sommerministerrat

Regierung arbeitet an „Strompreisbremse“

Für den traditionell jährlich um diese Zeit stattfindenden Sommerministerrat ist die Regierungsriege heuer in das niederösterreichische Mauerbach gereist. Zentral auf der Agenda steht die Ausarbeitung einer „Strompreisbremse“, mit der die enorme Teuerung abgemildert werden soll. Wie diese konkret ausschauen soll, werde bis Ende August ausgearbeitet, ab Herbst werde sie dann jedenfalls wirksam, hieß es.

Als Basis sollen die Vorschläge von WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr dienen. Die von der Regierung angedachte „Strompreisbremse“ soll die Grundversorgung mit Energie zu einem „gesicherten, günstigeren Preis auf Vorkriegsniveau“ für jeden Haushalt gewährleisten. Das soll „möglichst unbürokratisch“ abgewickelt werden und bundesweit einheitlich sein, was eine „komplexe Angelegenheit“ sei, so der Tenor.

Ziel sei es, dass der notwendige Strombedarf der Haushalte leistbar bleibe, während gleichzeitig zum Energiesparen animiert werde, da der darüberhinausgehende Strom zu Marktpreisen abgegolten werde, heißt es in einer Aussendung. Mittelfristig erhofft sich die Regierung davon inflationsdämpfende Effekte. Details gab es dazu allerdings noch keine, man müsse angesichts der unterschiedlichen Preissituation in den Bundesländern „noch Dinge zusammenbringen“.

„Werden über Sommer Modell ausarbeiten“

Man wolle „über den Sommer (…) ein praktikables Modell“ ausarbeiten. Der Vorschlag vom WIFO-Chef Felbermayr werde derzeit „intensiv“ in den zuständigen Ressorts diskutiert, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bei der Pressekonferenz. Das betrifft Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher und Finanzminister Magnus Brunner. „Wir werden das bis Herbst erarbeiten“, so Gewessler.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP)
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Gewessler, Nehammer, Kogler und Brunner (v. l. n. r.) bei der Pressekonferenz

Es gehe darum, dass es einerseits eine Preisbremse gebe, aber auch Anreize zum Sparen nicht verloren gehen, so Nehammer. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wiederum bat um „mehr Seriosität“ in der Debatte. Ein „Holladaro-Strompreisdeckel“ würde Unsummen kosten und nicht viel bringen. Es sei nicht jede Antwort eine sinnvolle, nur weil sie einfach sei. Es sei wichtig, keine Schnellschüsse zu machen, sagte auch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).

Auch der Bund selbst will jedenfalls mit gutem Beispiel vorangehen, ist er doch größter Immobilieneigentümer Österreichs. Aus diesem Grund setzt die Regierung eine interministerielle Arbeitsgruppe ein, die Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauches und einen Ausstiegspfad aus fossilen Energieträgern bei der Wärmebereitstellung erarbeitet. Optimiert werden auch Lüftung, Kühlung, Heizung und weitere Einrichtungen, die Energie verbrauchen.

Kanzler verteidigt Informationsdefizit in Sachen Gas

Nehammer sagte, der Ministerrat finde angesichts der Lage unter „ernsten Vorzeichen“ statt. Die Menschen hätten Angst vor dem Herbst und dem Winter. Die Bürgerinnen und Bürger fragten sich, ob man im Herbst und Winter noch heizen könne, die Industrie frage sich, ob der Wirtschaftsstandort gesichert sei, so Nehammer. Hier verwies der Kanzler auf das Antiteuerungspaket, das sich ab August auch materialisieren werde, wenn erstes Geld an Familien fließe.

Dass man öffentlich zuletzt wenig zu Fragen des Gasmanagements kommuniziert habe, gestand der Kanzler ein. Doch man habe so vorgehen müssen: Jeder Schritt habe nicht immer der Öffentlichkeit kommuniziert werden können, weil es um Verhandlungen auf dem internationalen Markt gegangen sei und hier eine enorme Konkurrenzsituation bestehe. Man habe deswegen „den Weg der Vertraulichkeit gehen“ müssen.

Speicher zu 51 Prozent gefüllt

Das habe sich ausgezahlt, meinte der Kanzler: Die Gasspeicher seien jetzt zu 51 Prozent gefüllt, der Speicherfortschritt sei „gut im Laufen“. Es sei aber auch wichtig, unabhängiger von Russland zu werden und die Diversifizierung („Anderes Gas kaufen können als russisches Gas“) voranzutreiben, so Nehammer. Hier seien „Durchbrüche“ gelungen, man habe das schneller erreicht als zunächst angenommen.

Kogler sagte, man löse sich „Schritt für Schritt“ von russischem Gas und schaffe mit der „Strompreisbremse“ die Möglichkeit, „einen leistbaren und begünstigten Grundbedarf für alle Haushalte zu schaffen“. „Wenn wir sehen, dass jeder und jede über das Energiesparen einen Beitrag leisten kann, dann sage ich – im Zweifelsfall Transformation statt Depression“, so Kogler.

„Jammern bringt nichts“

Energieministerin Gewessler sprach in Sachen Gas einmal mehr von einer „Erpressungsstrategie“ Putins, er wolle „Angst säen“ und „Europa spalten“, indem die Menschen unter den hohen Energiepreisen leiden würden. Doch „Jammern bringt nichts, wir müssen mit der Situation nun umgehen“, so Gewessler. Dahingehend werde man „mit aller Kraft“ daran arbeiten, die aktuellen Aufgaben zu meistern.

Einer weiteren Verschiebung der CO2-Besteuerung erteilte Nehammer eine Absage. Auch ein Tempolimit von 100 km/h ist für Nehammer derzeit nicht aktuell: Die Diskussion stelle sich derzeit nicht. Tempo 100 sei schon jetzt keine Seltenheit. Wenn es eine Verknappung bei Erdöl bzw. Diesel oder Benzin gebe, stelle sich die Diskussion erneut, meinte Nehammer aber. Kogler sah das ähnlich: Wenn es mengenmäßig knapp wird, wäre das durchaus eine sinnvolle Maßnahme zur Energielenkung.

SPÖ: „Ankündigungen und Überschriften“

Kritik am Vorgehen der Regierung kam – via Aussendungen – von der Opposition. „Statt beim Preisdeckel auf Energie endlich Tempo zu machen und die Menschen zu entlasten, produziert die Regierung Ankündigungen und Überschriften“, meinte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Die Regierung stehe für „Chaos und Dilettantismus“, daher sei es Zeit für eine Neuwahl.

FPÖ: „Pannenkabinett ist endgültig rücktrittsreif“

Das sieht auch FPÖ-Chef Herbert Kickl so: „Dieses Pannenkabinett ist endgültig rücktrittsreif, Neuwahlen sind der einzige Ausweg aus der Misere, in die diese Regierung unser Österreich mit ihrer verantwortungslosen Corona-Politik und den Bumerangsanktionen gegen Russland geführt hat“, meinte er – unter Kritik daran, dass die Regierung die Teuerungsopfer mit ihrer Ankündigungspolitik weiter verhöhne, anstatt endlich für Preisdeckel zu sorgen.

Regierung arbeitet an „Strompreisbremse“

Für den jährlich stattfindenden Sommerministerrat ist die Regierungsriege heuer in das niederösterreichische Mauerbach gereist. Zentral auf der Agenda stand die Ausarbeitung einer „Strompreisbremse“, mit der die enorme Teuerung abgemildert werden soll.

Unzufrieden war auch NEOS: „Anstatt Arbeitskreise zu gründen und Maßnahmen für den Herbst anzukündigen, sollte die Regierung einen wirkungsvollen Maßnahmenmix erarbeiten, der bis tief in die Mitte der Gesellschaft reicht und die Menschen treffsicher und nachhaltig entlastet“, forderte Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker. Aus seiner Sicht muss bei der „absurd hohen Steuerlast“ angesetzt werden.

ÖGB: „Außer Spesen nicht viel gewesen“

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian erklärte in einer Aussendung: „Außer Spesen nicht viel gewesen, so könnte man die heutige Sommersitzung des Ministerrats leider zusammenfassen.“ Er frage sich, „wie viele andere in diesem Land: Was gibt es da noch zu beraten? Die Menschen brauchen jetzt Entlastung und nicht erst vielleicht in ein paar Monaten“. Das ÖGB-Modell für einen Energiepreisdeckel liege auf dem Tisch und damit würde auch Gas für alle Haushalte billiger. Die Finanzierung soll über eine Besteuerung der Übergewinne von Energiekonzernen laufen.

WKÖ: „Richtiges Signal“

Für die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) ist es ein „richtiges Signal“, wenn die Bundesregierung eine „Strompreisbremse“ andenkt. Selbiges sollte auch für andere Energieträger angedacht werden. „Neben einer Entlastung der Haushalte muss es aber auch Maßnahmen für den unternehmerischen Bereich geben, denn die Betriebe werden ebenfalls von einer Kostenlawine überrollt“, so WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf in einer Aussendung.