Öltanker auf dem Meer vor Griechenland
Reuters/Costas Baltas
Ukraine-Krieg

Schiffstanker als begehrte Mangelware

Zuerst die Lieferkettenprobleme durch die Pandemie, nun die Russland-Sanktionen durch den Ukraine-Krieg – die Gewässer, durch die sich der Seehandel manövrieren muss, bleiben stürmisch und treiben die Preise für den Transport von Gütern auf See in die Höhe. Schiffstanker werden dabei zunehmend zur begehrten Mangelware.

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine habe ein weiteres Segment des Schifffahrtsmarktes in Aufruhr versetzt: den Preis für die Schiffe selbst. Denn die Frachtraten, also die Preise für den Transport von Frachtgut auf See, seien „in die Höhe geschnellt“. Dadurch würden sich Unternehmen nun beeilen, Schiffe zu kaufen, anstatt sie zu mieten, schreibt Bloomberg am Donnerstag.

Zurückführen lasse sich das etwa auf die Sanktionen gegen Moskau. Diese hätten zu Blockaden von Schiffen geführt, wodurch sich das Angebot an ebensolchen verknappt habe. Auch aus Angst, selbst zur Zielscheibe zu werden, würden viele Schiffe wichtige Handelsrouten im Schwarzen Meer derzeit meiden. Zudem würden westliche Käufer nach Alternativen zu russischen Produkten suchen und müssten daher Ladungen aus weiter entfernten Märkten transportieren. „Das bedeute längere Fahrten, was die Verfügbarkeit von Schiffen zusätzlich einschränkt“.

Ein Tankschiff in einem chinesischen Hafen
AP/FeatureChina 2022/Yu Fangping
Weil die Kosten für den Transport von Gütern auf See so stark steigen, sind eigene Schiffe gefragter denn je

Lieferung „in drei Jahren“: Wettlauf um gebrauchte Schiffe

Die Nachfrage würde das Angebot an Schiffen derzeit also um ein Vielfaches übersteigen, wodurch die Käufer bereit seien, deutlich mehr zu zahlen, heißt es in dem Artikel weiter. „Das hat einen Wettlauf vor allem um gebrauchte Schiffe ausgelöst“, die Preise seien um bis zu 60 Prozent gestiegen, zitiert Bloomberg das Beratungsunternehmen Vessels Value. Gebrauchte Schiffe seien deshalb so beliebt, „da die Bestellung eines neuen Tankers bis zu drei Jahre dauert“.

Besonders begehrt seien Tankschiffe für den Transport von Raffineriebrennstoffen. Diese seien im Juli die „meist gehandelten“ Schiffe gewesen. Generell seien in diesem Jahr 184 Tanker im Wert von rund 3,8 Milliarden Dollar (ca. 3,75 Mrd. Euro) verkauft worden. „Das ist der höchste Wert und die höchste Anzahl von Transaktionen seit mindestens fünf Jahren“, schreibt Bloomberg.

Preissteigerungen um bis zu 60 Prozent

Als Beispiel wird ein 14 Jahre altes in Korea gebautes Tankschiff mittlerer Reichweite genannt, das vergangene Woche für 19,3 Millionen Dollar verkauft worden sei. Um fünf Millionen Dollar mehr als für ein ähnliches Schiff, das im April verkauft worden sei.

Weiter heißt es in dem Artikel: „Der durchschnittliche Wert eines 15 Jahre alten Langstreckentankers – ein häufig gehandeltes Alter für ein gebrauchtes Schiff – ist in diesem Jahr um fast 60 Prozent gestiegen. Während der Wert eines ähnlich alten Mittelstreckentankers um mehr als 40 Prozent zulegte, wie aus den Daten des Unternehmens hervorgeht.“

Containerschiff in Philadelphia (USA)
AP/Matt Rourke
Hapag-Lloyd rechnet mit einem Gewinn von bis zu 18 Mrd. Euro. 2021 war es nur die Hälfte.

Hohe Gewinne für Deutschlands größte Reederei

Wie stark die Frachtraten gestiegen sind, zeigt sich etwa auch in der Unternehmensbilanz von Deutschland größter Reederei: Die Hamburger Containerreederei Hapag-Lloyd konnte im ersten Halbjahr einen enormen Gewinnanstieg verbuchen. Es sei davon auszugehen, dass auch das zweite Halbjahr über den bisherigen Erwartungen liegen werde, teilte Hapag-Lloyd am Donnerstag mit.

Daher rechne das Management nun für 2022 mit einem operativen Ergebnis bis zu 18 Milliarden Euro. Das übertrifft bei Weitem den Gewinn aus dem Ausnahmejahr 2021. Er lag bei knapp 9,4 Milliarden Euro, gut siebenmal mehr als 2020.

Der Vorstand gab allerdings zu bedenken, dass die Prognose wegen des Krieges in der Ukraine, der gestörten Lieferketten und der Effekte aus der Covid-19-Pandemie „mit hohen Unsicherheiten behaftet“ sei.