Documenta: Neues Gremium kritisiert Leitung

Ein neu geschaffenes Gremium zur Aufarbeitung der Antisemitismusvorfälle bei der documenta in Kassel hat die Geschäftsführung der Kunstschau kritisiert. „Die von ihr vertretene Position, dass weder weitere Kunstwerke aufgrund antisemitischer Inhalte entfernt werden müssten noch eine systematische Prüfung der Werke notwendig sei, widerspricht einem fachlichen und ergebnisoffenen Dialog“, erklärte die fachwissenschaftliche Begleitung heute. Die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) begrüßte die Einsetzung des Expertengremiums.

Das mit sieben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern besetzte Gremium wurde nach Angaben der Gesellschafter berufen, um unter anderem eine Bestandsaufnahme der Abläufe und Strukturen rund um die documenta zu geben. Diesen Ansatz begrüßte das Gremium grundsätzlich.

„Irritiert“

„Wir sind jedoch irritiert, dass die Leitung der documenta trotz dieses Bekenntnisses zur Offenheit in dem Moment, in dem das Gremium eingesetzt wird, das ihre Arbeit begleiten soll, wesentliche Fragen des Umgangs mit antisemitischer Kunst festzulegen scheint“, erklärten die Wissenschaftler.

Zudem kritisierte das Gremium die documenta-Leitung für ihren Umgang mit Kritik an ihren bisherigen Entscheidungen. Die öffentliche Präsentation antisemitischer Werke und der Umgang damit werde von der jüdischen Gemeinschaft „zu Recht“ als empörend empfunden.
Umso bedauerlicher sei es, dass die Wirkung der Debatte auf die jüdische Gemeinschaft in den öffentlichen Stellungnahmen der Kunstschau bisher kaum berücksichtigt worden sei.

Kulturstaatsministerin fordert Konsequenzen

Kulturstaatsministerin Roth erklärte unterdessen, dass eine breit aufgestellte Begleitung der Ausstellung durch Fachwissenschaftliche notwendig und überfällig sei. „Wichtig ist, dass dieses Gremium auch die Abläufe und Strukturen der documenta in den Blick nimmt und eine Aufarbeitung voranbringen hilft“, fügte sie hinzu.

Das Gremium solle auch einen Rat in Bezug auf mögliche antisemitische Bildsprache von Ausstellungsgegenständen geben. „Diese Expertise darf dann auch nicht folgenlos bleiben“, mahnte Roth.