Zu den ersten Überschwemmungen und Erdrutschen war es letzte Woche vor allem im Osten des Bundesstaates und im angrenzenden Virginia bzw. West Virginia gekommen. Seither herrscht in der Region Ausnahmezustand. In der Nacht auf Dienstag gab es weitere Regenfälle, der Wetterdienst National Weather Service (NWS) hält seine Warnungen aufrecht.
Aktuell galten mehrere hundert Menschen im Katastrophengebiet als vermisst, teilte der Gouverneur von Kentucky, Andy Beshear, mit. Via Twitter rief er dazu auf, Vermisste zu melden. Die Kentucky State Police (KSP) führt eine aktuelle Liste.
Nachdem sich weitere schwere Stürme angekündigt hatten, appellierte er an die Bewohnerinnen und Bewohner vor allem im Osten des Bundesstaates, sich in höher gelegenen Gebieten in Sicherheit zu bringen. Der Tag ende mit weiteren traurigen Nachrichten, 37 Menschen seien bisher ums Leben gekommen, schrieb Beshear. „Achten Sie auf das Wetter und bleiben Sie sicher.“
„Ein Gewitter nach dem anderen“
Die weitere Perspektive ist unklar. Ein Gewitter nach dem anderen sei am Montag über das Katastrophengebiet hinweggezogen, hieß es am Dienstag etwa in der „New York Times“, und habe die ohnehin schon verzweifelte Lage noch weiter verschärft.
USA: Hunderte Vermisste nach Überflutungen
Nach verheerenden Überflutungen im US-Bundesstaat Kentucky werden Hunderte Menschen vermisst. Die Zahl der Todesopfer stieg auf mindestens 37. Nach heftigen Regenfällen hatte es in Kentucky sowie in Virginia und West Virginia Mitte vergangener Woche Sturzfluten und Erdrutsche gegeben. US-Präsident Joe Biden hatte wegen der Überschwemmungen den Katastrophenfall ausgerufen.
Straßen, die zuletzt schon geräumt worden waren, seien erneut überschwemmt worden. Einsatzkräften sei es kaum möglich, entlegene Gebiete für die Suche nach Vermissten zu erreichen. In Ortschaften seien erneut Häuser überschwemmt worden, während ihre Bewohner begonnen hatten, aufzuräumen und ihr verbliebenes Hab und Gut zu retten.
Es gebe Hunderte Vermisste, „zumindest“, zitierte die US-Zeitung den Gouverneur am Montag aus einem Pressebriefing. „Wir haben keinen Überblick. Ich wünschte, wir hätten.“ Man wolle weder falsche Hoffnungen wecken noch falsche Informationen verbreiten. Gründe für die unübersichtliche Lage gebe es viele, so Beshear.
Kaum Informationen aus entlegenen Regionen
Der Gouverneur betonte, dass sich der Katastrophenschutz weiter im Such- und Rettungseinsatz befinde, der gestalte sich allerdings „äußerst schwierig“, da Straßenverbindungen unpassierbar und zahlreiche Brücken beschädigt bzw. unterspült seien.
Extremwetter
Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.
Kentucky wird von mehreren großen Flüssen durchzogen, im Westen etwa dem Mississippi und dem Tennessee River, im Osten bzw. Nordosten dem Big Sandy und dem Ohio River. Im Osten des US-Bundesstaates finden sich auch die Ausläufer des Gebirgszugs der Appalachen.
„Jeden Inch jedes Flusses absuchen"
Die meisten Todesopfer – 16 – und eine große Zahl von Vermissten gab es laut lokalen Medien im etwa 900 Quadratkilometer großen Bezirk Knott County. Im angrenzenden Bezirk Perry versprach der dortige Direktor des Katastrophenschutzes, Jerry Stacy, laut der Lokalzeitung „Lexington Herald-Leader“, man werde „jeden Inch jedes Flusses“ nach vermissten Personen absuchen.
Menschen, die durch die Überschwemmungen ihr Zuhause verloren haben, wurden in Notunterkünften untergebracht, Wohnwagen wurden als Notquartiere zur Verfügung gestellt, andere seien bei Verwandten oder Freunden untergekommen, zitierte die Zeitung Gouverneur Beshear. Finanzielle Hilfe wurde den Betroffenen im Katastrophengebiet von der Federal Emergency Management Agency (FEMA) zugesagt.
Mehrere Flutkatastrophen in den letzten 90 Jahren
Kentucky wurde bereits mehrfach von schweren Überschwemmungen getroffen. 2010 starben laut der in Louisville erscheinenden Lokalzeitung „Courier Journal“ bei einem Hochwasser am 1. Mai fünf Menschen, Sachschäden beliefen sich auf etwa 30 Mio. Dollar (über 29 Mio. Euro). Im Winter 1978 waren Teile der Hauptstadt Frankfort überschwemmt worden, der Ohio River erreichte einen Pegel von über 14 Metern.
Im Jahr 1997 trat der Ohio erneut über die Ufer, wie zuvor schon 1945. Damals mussten 50.000 Menschen vor den Überschwemmungen fliehen. Die „große Flut“ von 1937 war laut NWS die schlimmste Hochwasserkatastrophe, die den Bundesstaat damals seit 175 Jahren getroffen hatte. Der Ohio setzte 70 Prozent der Stadt Louisville unter Wasser.