Absperrungen vor einem Hotel in Taiwan werden errichtet
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Taiwan – China

Drohgebärden vor Pelosi-Besuch

Am Dienstag wird die US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi im von China beanspruchten Taiwan erwartet. Die Visite sorgt im Vorfeld für enorme Spannungen: China warnte per Außenministerium vor dem „gefährlichen“ Besuch und verstärkte die Drohkulisse mit Militärübungen nahe Taiwan. Die Streitkräfte der Inselrepublik verschärften ihre Einsatzbereitschaft.

Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Pelosi, wird laut dem Parlament in Taipeh am Abend (Ortszeit) in der demokratischen Inselrepublik erwartet. Es wäre der ranghöchste US-Besuch in Taiwan seit 25 Jahren, Pelosi ist nach dem US-Präsidenten und dessen Vize Nummer drei im Staat. Der Zeitpunkt gilt unter anderem aufgrund des Ukraine-Krieges als heikel. Kritiker warnten, der Besuch könnte das US-chinesische Verhältnis weiter beschädigen und parallel zum Ukraine-Krieg eine weitere Flanke der USA öffnen.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte US-Präsident Joe Biden in einem langen Telefonat am Donnerstag vor dem Besuch gewarnt: „Diejenigen, die mit dem Feuer spielen, werden daran zugrunde gehen“, so Xi. Über das Außenministerium ließ Peking nun kurz vor dem Besuch noch mitteilen, dass man auf verschiedenen Kanälen vor dem „gefährlichen“ Besuch gewarnt habe. Man befinde sich deswegen in Kontakt mit den USA. Die Volksbefreiungsarmee werde jedenfalls nicht „untätig daneben sitzen“, sollte Pelosi Taiwan besuchen.

Übersichtskarte von China und Taiwan
Grafik: APA/ORF.at

„Säbelrasseln“ der Armeen

Parallel verstärkte Chinas Militär die Drohkulisse mit Manövern, Schießübungen, Militärflugzeugen und Kriegsschiffen nahe Taiwan und der Sperrung von Seegebieten. Als Reaktion verschärfte Taiwans Militär am Dienstag seine Einsatzbereitschaft, wie die Nachrichtenagentur CNA berichtete. Es handle sich in dem zweistufigen Alarmsystem aber noch nicht um eine Einstufung für den „Ernstfall“, sondern weiter um eine „normale Einsatzbereitschaft“.

Auch die USA entsandten vier Kriegsschiffe in die Gewässer östlich von Taiwan, darunter auch den Flugzeugträger USS Ronald Reagan". Aus Kreisen der US-Marine hieß es, es gehe dabei um einen Routineeinsatz. Obwohl die Schiffe in der Lage seien, auf alle Eventualitäten zu reagieren, handle es sich um normale, routinemäßige Einsätze, sagte ein Beamter, der namentlich nicht genannt werden wollte. Zum genauen Standort der Kriegsschiffe wollte er sich nicht äußern.

Militärbasis in Taiwan, wo die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, landen soll
APA/AFP/Sam Yeh
Pelosi wird am Flughafen Taipeh-Songshan erwartet

Zudem legten unbekannte Hacker die Website der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen für rund 20 Minuten lahm. Das Präsidialamt in der Hauptstadt Taipeh bestätigte einen Ausfall am Dienstagnachmittag. Es seien Gegenmaßnahmen ergriffen worden, sodass die Website nun wieder normal funktioniere. Alle Regierungsstellen hätten ihre Wachsamkeit und Schutzmaßnahmen gegen die Cyberangriffe verstärkt.

Hunderttausende User verfolgten online den Kurs eines US-Spezialflugzeugs, in dem Pelosi vermutet wurde. Dieses war in Malaysia abgehoben und über die Bashistraße Richtung Taiwan geflogen. Der Luftraum über dem Südchinesischen Meer wurde damit vermieden. Laut dem Portal Flightradar24 hat das Flugzeug am späten Abend (Ortszeit) taiwanischen Luftraum erreicht. Das Portal ging aufgrund zahlreicher Zugriffe zwischendurch in die Knie.

China verschärft Druck auf Taiwan

Aus Sicht der chinesischen Führung gehört Taiwan zur Volksrepublik, obwohl es schon vor deren Gründung 1949 eigenständig regiert war. Die 23 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählende Insel versteht sich auch schon lange als unabhängig. Unter Hinweis auf seine „Ein-China-Doktrin“ lehnt Peking offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh entschieden ab.

In den vergangenen Monaten hatte sich der Druck Chinas auf Taiwan wieder verschärft. Chinas Präsident sieht es als seine „historische“ Mission an, die „Vereinigung“ mit Taiwan zu erreichen und droht mit einer Eroberung. Xi will sich voraussichtlich im Herbst beim 20. Parteitag für weitere fünf Jahre als Generalsekretär bestätigen lassen und seine Macht weiter konsolidieren.

Reiseplan noch in Bewegung

Der Reiseplan Pelosis war nach US-Medienberichten noch in Bewegung, da das Pentagon alle Schritte der chinesischen Seite beobachte. Es werde „rund um die Uhr“ daran gearbeitet, die Sicherheit von Pelosi zu gewährleisten, hieß es. In Chinas Staatsmedien wurden militärische Reaktionen diskutiert, die von einer Begleitung von Pelosis Flugzeug durch Chinas Luftwaffe und Manövern bis zur Einrichtung einer Flugverbotszone um Taiwan oder Raketentests reichten.

Aufregung um Pelosis Besuch in Taiwan

In den Spannungen um Taiwan wird die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, nach Angaben aus dem Parlament in Taipeh heute in der Stadt erwartet. Es wäre der ranghöchste Besuch eines US-Politikers seit einem Vierteljahrhundert in Taiwan, das die kommunistische Führung in Peking als Teil der Volksrepublik China ansieht.

Das Weiße Haus warnte Peking vor einer Eskalation. „Es gibt keinen Grund für Peking, einen möglichen Besuch, der im Einklang mit der langjährigen US-Politik steht, in eine Krise oder einen Konflikt zu verwandeln“, sagte der Kommunikationsdirektor des Sicherheitsrats, John Kirby. Die USA würden sich nicht auf „Säbelrasseln“ einlassen. „Gleichzeitig lassen wir uns aber auch nicht einschüchtern.“

Die Visite ändert nach seinen Angaben auch „nichts“ an der China-Politik der USA. So unterhalten die USA keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan, sondern betrachten Peking als legitimen Vertreter Taiwans.

Biden versprach Taiwan Unterstützung

Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges wuchs die Sorge, Peking könnte im Umgang mit Taiwan auf ein ähnliches Vorgehen setzen wie Russland. Vor diesem Hintergrund hatte Biden im Mai gesagt, die USA würden Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs militärisch unterstützen. Bidens Äußerungen sorgten für scharfe Reaktionen in China, das Weiße Haus musste daraufhin zurückrudern. Seitdem versichern Washington und auch Biden immer wieder, die Taiwan-Politik der USA habe sich nicht geändert.

Russland erklärt nun seine Solidarität mit China. „Alles im Zusammenhang mit dieser Tour und dem möglichen Besuch in Taiwan trägt natürlich eine höchst provokative Note“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. „Wir wollen noch einmal betonen, dass wir hier absolut solidarisch mit China sind.“ Alles an dem geplanten Besuch sei „provokant“.

Die Spannungen zwischen den USA und China um Taiwan drückten auch auf die Stimmung an den internationalen Börsen. Nach den USA sanken die Aktienkurse an den meisten Börsen in Asien und gaben auch in Paris und Frankfurt nach.