Früchte in einem Supermarkt in Taipeh
AP/Chiang Ying-Ying
Pelosi-Besuch

China verstärkt Druck auf Taiwan weiter

Die Spannungen zwischen China und Taiwan sowie den USA haben sich im Zuge des Besuchs von US-Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi enorm verschärft. Nach der Ankündigung von Militärmanövern verhängte China auch eine Reihe von weiteren Sanktionen gegen den Inselstaat. Pelosi sicherte Taiwan bei einem Treffen mit der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen die Unterstützung der USA zu.

Unter anderem der Export von Sand nach Taiwan und der Import von Fisch und Obst wurden von China mit neuen Sanktionen belegt bzw. ausgeweitet. Seit Montag verhängte China insgesamt 35 Sanktionen gegen Taiwan, berichtet Reuters. China importierte im ersten Halbjahr 2022 laut Zahlen des chinesischen Zolls Waren im Wert von rund 122 Milliarden US-Dollar, ein Plus von über sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal, elektronische Bauteile gehören zu den Topimporten.

Weiters wurden „disziplinäre“ Maßnahmen gegen zwei Organisationen verhängt, gegen die Taiwan Foundation for Democracy und den International Cooperation and Development Fund des Außenministeriums von Taiwan. Vertreter von Firmen, die an diese Organisationen gespendet haben, dürfen etwa nicht nach China einreisen. Am Donnerstag will China mit einem viertägigen großangelegten Militärmanöver rund um die Insel starten, bereits mit der Landung Pelosis starteten erste Schießübungen in sechs Meeresgebieten, die Taiwan umringen.

US-Senatssprecherin Nancy Pelosi und Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen
AP/Taiwan Presidential Office
Pelosi und Tsai am Mittwoch in Taipeh

See- und Luftblockade befürchtet

Taiwan fürchtet eine See- und Luftblockade durch die Manöver. Das taiwanische Militär sprach nach Angaben der Nachrichtenagentur CNA am Dienstag zudem von einem „schweren Verstoß“ gegen Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen und einer Verletzung der Souveränität des Landes durch die Sperrgebiete für die Manöver. Taiwans Transportministerium beriet sich bereits mit Japan und den Philippinen, um alternative Schiffsrouten festzulegen, während die Manöver abgehalten werden. Auch wurde mit den Luftfahrt- und Seebehörden Taiwans beraten, wie reagiert werden soll.

Rückendeckung kam erneut von Russland: Der Besuch in Taiwan zeige den Wunsch Washingtons, jedem die Gesetzlosigkeit der USA zu demonstrieren, nach dem Motto, „ich mache, was ich will“, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch bei einem Besuch in Myanmar der russischen Staatsagentur TASS zufolge. Ein solches Ärgernis sei aus dem Nichts geschaffen worden, wohl wissend, was das für China bedeute. Zuvor hatte der Kreml die Reise als Provokation bezeichnet und sich solidarisch mit der Volksrepublik gezeigt.

Grafik zum Militärmanöver Chinas
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: New York Time

Taiwan zeigt sich unbeeindruckt

Taiwan selbst zeigte sich offiziell unbeeindruckt: Die Reserven des Inselstaats seien ausreichend, gerade im Energiebereich habe man ausreichend vorgesorgt. Auch auf die Sanktionen Chinas sei man vorbereitet gewesen. „Taiwan wird nicht klein beigeben“, sagte Taiwans Präsidentin Tsai. „Wir werden tun, was immer notwendig ist, um unsere Selbstverteidigungsfähigkeiten zu stärken.“

Bei einem gemeinsamen Auftritt mit Präsidentin Tsai am Mittwoch in Taipeh sagte Pelosi, dass die USA „immer an der Seite Taiwans stehen“ werden. Der Besuch zeige, „dass wir unsere Verpflichtungen gegenüber Taiwan nicht aufgeben werden“. Die Solidarität der USA mit den 23 Millionen Menschen in Taiwan sei „wichtiger denn je, da die Welt vor der Wahl zwischen Autokratie und Demokratie steht“, so Pelosi nach ihrer Landung in der Hauptstadt Taipeh. Gleichzeitig mit ihrem Eintreffen wurde in der „Washington Post“ ein Kommentar veröffentlicht, in dem die US-Demokratin ihre Reise begründet.

Pelosi aus Taiwan wieder abgereist

US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi hat ihren von heftigen Protesten Chinas begleiteten Besuch in Taiwan beendet. Auf Videoaufnahmen war zu sehen, wie die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses auf dem Songshan Flughafen in Taipeh in das Flugzeug der United Airlines stieg. Die 82-Jährige hatte zuvor in Gesprächen mit der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen und dem Vizeparlamentspräsidenten Tsai Chi-chang die Solidarität der USA mit Taiwan zugesichert.

Mittwochabend (Ortszeit) flog Pelosi weiter, sie setzt ihre Asienreise in Südkorea und Japan fort. Zuvor traf sie in Taipeh noch Menschenrechtsaktivisten, darunter den früheren Führer der 1989 blutig niedergeschlagenen Demokratiebewegung in China, Wuer Kaixi. Sie traf zudem den früheren Hongkonger Buchhändler Lam Wing-kee sowie den sozialen Aktivisten Lee Ming-chee, die beide in China gefangen gehalten worden waren. Lee Ming-che war gerade erst nach einer fünfjährigen Haftstrafe wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ aus China nach Taiwan zurückgekehrt.

Pelosi in Taiwan eingetroffen

Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, landete Dienstagabend (Ortszeit) in der Hauptstadt Taipeh. Die Spitzenpolitikerin setzte sich damit über Warnungen aus China hinweg, das die demokratische Insel als Teil der Volksrepublik ansieht.

Das chinesische Außenministerium warf den USA nach der Landung Pelosis ein „Spiel mit dem Feuer“ vor. Die US-Aktionen in Taiwan seien „extrem gefährlich“, hieß es am Dienstagabend (Ortszeit) in einer Erklärung des Ministeriums. „Wer mit dem Feuer spielt, wird darin umkommen.“ Dieselben Worte hatte bereits vergangene Woche Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden verwendet. Laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua bestellte Vizeaußenminister Xie Feng den US-Botschafter in China, Nicholas Burns, ein, um gegen den Besuch Pelosis zu protestieren.

Höchster US-Besuch seit 25 Jahren

Nicht zuletzt wegen des Ukraine-Krieges gilt Pelosis Besuch als heikel. Kritiker warnten, der Besuch könnte das US-chinesische Verhältnis weiter beschädigen und parallel zum Ukraine-Krieg eine weitere Flanke der USA öffnen. Als Vorsitzende des Repräsentantenhauses hat die 82-Jährige das dritthöchste Amt der USA inne. Sie ist damit die höchstrangige US-Politikerin seit 25 Jahren, die Taiwan besucht.

Übersichtskarte von China und Taiwan
Grafik: APA/ORF.at

Zwar wird die US-Regierung nicht müde zu betonen, dass sich die China-Politik der Vereinigten Staaten nicht geändert habe. Auch Pelosi selbst betonte nach ihrer Landung in Taipeh die unveränderte US-Haltung. Die Symbolik des Besuchs ist aber nicht von der Hand zu weisen. Seit der Abspaltung Taiwans von China will Peking die Insel wieder mit dem Festland vereinigen. Unter Verweis auf ihre „Ein-China-Doktrin“ versucht die chinesische Führung, Taiwan international zu isolieren.

China drohte schon im Vorfeld

Entsprechend arbeitete Peking rund um den Besuch Pelosis am Aufbau einer Drohkulisse. Bereits im Vorfeld waren in chinesischen Staatsmedien militärische Reaktionen diskutiert worden, die bis zur Einrichtung einer Flugverbotszone um Taiwan und Raketentests reichten. Die Beziehungen zwischen China und den USA „stehen fast auf des Messers Schneide“, schrieb die parteinahe Zeitung „Global Times“ auf Twitter.

China verstärkt Druck auf Taiwan

Die Spannungen zwischen China und Taiwan sowie den USA haben sich im Zuge des Besuchs von US-Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi enorm verschärft. Nach der Ankündigung von Militärmanövern verhängte China auch eine Reihe von weiteren Sanktionen gegen den Inselstaat.

Chinas militärische Manöver lösten unterdessen in Japan Besorgnis aus. Das Gebiet nahe Taiwan, in dem China ab Donnerstag Manöver plane, überschneide sich mit Japans exklusiver Wirtschaftszone, sagte Japans Regierungssprecher Hirokazu Matsuno am Mittwoch laut der Nachrichtenagentur Kyodo. Man habe Peking die Besorgnis übermittelt. Japan ist ein wichtiger Verbündeter der USA.

Die Drohungen führten offenbar dazu, dass die Flugbeobachtungsdienst Flightradar24 kurzfristig mit Kapazitätsproblemen zu kämpfen hatte: Mehr als 708.000 Menschen hätten die Landung des Flugs SPAR19 mit Pelosi an Bord in Taipeh in Echtzeit beobachtet, mehr als bei jedem anderen Flug zuvor, teilte der schwedische Internetdienst in der Nacht auf Mittwoch mit. 2,92 Millionen Menschen verfolgten demnach zumindest einen Teil des siebenstündigen Flugs von Kuala Lumpur. Nach den Daten des Dienstes mied Pelosis Flug dabei die direkte Strecke über das Südchinesische Meer.

USA: Rechnen mit längerfristigen Reaktionen Pekings

Auch die USA entsandten vier Kriegsschiffe in die Gewässer östlich von Taiwan, darunter auch den Flugzeugträger „USS Ronald Reagan“. Aus Kreisen der US-Marine hieß es, es gehe dabei um einen Routineeinsatz. Die US-Regierung erwartet nach eigenen Angaben längerfristige Reaktionen Chinas, wie der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag in Washington sagte. Bisher bewege sich die Reaktion Chinas voll im Rahmen dessen, was die US-Regierung erwartet und vorausgesagt habe, so Kirby.

Grafik zur militärischen Stärke von China und Taiwan
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: globalfirepower.com

Der Besuch ist auch Thema beim Außenministertreffen der ASEAN-Staaten in Kambodscha und könnte die Beratungen überschatten. An den mehrtägigen Gesprächen, die am Mittwoch in der Hauptstadt Phnom Penh begannen, nehmen auch der chinesische Außenminister Wang Yi und US-Außenminister Antony Blinken teil. Das Treffen der Staatengruppe sei eine Chance, um die angespannte Lage zu beruhigen, sagte der kambodschanische Vizeaußenminister Kung Phoak.

Ein US-Vertreter sagte, es sei kein Treffen der beiden Außenminister geplant. Chinas Außenminister Yi warf den USA am Rande des Treffens vor, die chinesische Souveränität „unter dem Deckmantel der sogenannten ‚Demokratie‘“ zu missachten. „Diejenigen, die China beleidigen, werden bestraft“, den Besuch Pelosis bezeichnete er als „Farce“.

„Strategische Zweideutigkeit“ der USA

Washington brach formal die Beziehungen zu Taiwan 1979 zwar ab, als es Peking als alleinigen Repräsentanten Chinas anerkannte und das chinesische Kernland zu einem wichtigen Handelspartner der USA wurde. Zugleich aber spielten die USA eine entscheidende, zuweilen heikle Rolle bei der Unterstützung Taiwans. So sind die Vereinigten Staaten per Gesetz verpflichtet, Taiwan Militärausrüstung zu liefern, um Taipehs Verteidigungsfähigkeit sicherzustellen.

Dabei behält sich Washington eine „strategische Zweideutigkeit“ vor, ob es im Fall einer chinesischen Invasion tatsächlich militärisch eingreifen würden. Auf diese Weise soll China von einer möglichen Invasion abgehalten und gleichzeitig Taiwan daran gehindert werden, formal seine Unabhängigkeit zu erklären.

Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges wuchs die Sorge, Peking könnte im Umgang mit Taiwan auf ein ähnliches Vorgehen setzen wie Russland. Vor diesem Hintergrund hatte Biden im Mai gesagt, die USA würden Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs militärisch unterstützen. Bidens Äußerungen sorgten für scharfe Reaktionen in China, das Weiße Haus musste daraufhin zurückrudern. Seitdem versichern Washington und auch Biden immer wieder, die Taiwan-Politik der USA habe sich nicht geändert.