Beschuss von AKW: IAEA warnt vor Katastrophe

Der Beschuss des ukrainischen Kernkraftwerks Saporischschja bei den Kämpfen russischer und ukrainischer Truppen alarmiert die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA). IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi warnte gestern vor der Gefahr einer Nuklearkatastrophe, die die öffentliche Gesundheit und die Umwelt in der Ukraine und darüber hinaus bedrohen könne.

Archivbild des Kernkraftwerks Saporischschja
Reuters/Alexander Ermochenko

Angesichts der Ereignisse vom Freitag sei er „äußerst besorgt“. „Jegliche militärische Feuerkraft, die auf die Anlage gerichtet ist oder von ihr ausgeht, wäre ein Spiel mit dem Feuer, mit möglichen katastrophalen Folgen“, erklärte Grossi. Eine Gefährdung der Sicherheit von Saporischschja müsse „um jeden Preis“ vermieden werden.

Europas größtes Atomkraftwerk war im März von der russischen Armee besetzt worden, wird aber weiterhin von dem ukrainischen Staatskonzern Energoatom und dessen Belegschaft betrieben. Die Ukraine und die USA beschuldigen Russland, das Kernkraftwerk als Schutzschild zu missbrauchen. Russland weist das zurück.

Einen Reaktor vom Netz genommen

Am Freitag nahm Energoatom einen der sechs Reaktoren vom Netz, nachdem eine für den Betrieb wichtige Hochspannungsleitung durch Artilleriebeschuss beschädigt worden war. Die Ukraine und Russland wiesen sich gegenseitig die Verantwortung für den Beschuss zu und beschuldigten einander, eine Nuklearkatastrophe zu riskieren. Nach Angaben von Energoatom trat keine Radioaktivität aus.

Energoatom und die IAEA, die an die Vereinten Nationen (UNO) berichtet, hatten bereits wiederholt eine Beeinträchtigung der Betriebssicherheit von Saporischschja durch militärische Handlungen beklagt. So war der Zugang der IAEA zu Fernüberwachungssystemen mehrmals unterbrochen worden. Zu Zeiten der Sowjetunion hatte sich im ukrainischen Tschernobyl 1986 die bisher folgenschwerste Katastrophe in einem Kernkraftwerk ereignet.

Die EU verurteilte die „militärischen Aktivitäten Russlands rund um das Atomkraftwerk Saporischschja“. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: „Das ist ein schwerwiegender und unverantwortlicher Verstoß gegen die Regeln der nuklearen Sicherheit und ein weiteres Beispiel für Russlands Missachtung internationaler Normen.“