Radfahrer am Weißensee
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Gäste und Personal

Die neuen Bedürfnisse im Tourismus

Während man in Hotellerie und Gastronomie optimistisch in die Zukunft blickt, haben sich die Bedürfnisse der Gäste, aber auch des Personals offenbar teils drastisch geändert, wie eine Studie des Market Instituts im Auftrag der Wirtschaftskammer zeigt. Und diesen Bedürfnissen will man nun vermehrt nachkommen – auch mit Blick auf steigende Sperrtage durch den mittlerweile chronischen Personalmangel.

Bei den Gästen schlagen die geänderten Bedürfnisse offenbar bereits durch, so die Studie, die Branchenverbände von Hotellerie und Gastronomie in der Wirtschaftskammer (WKO) am Dienstag präsentierten. Für die Studie im Auftrag der WKO befragte das Market Institut 587 Betriebe (290 Gastronomie, 297 Hotellerie) im Zeitraum von 19. bis 27. Juli.

Allgemein würden Gäste immer kurzfristiger buchen, gab eine ganz große Mehrheit der befragten Hotelleriebetriebe als zentrale Veränderung beim Gästeverhalten an. Weiters würde man in der Branche beobachten, dass die Kunden preissensibler werden, weniger lang bleiben (dafür aber öfter kommen) und stärker auf die Stornobedingungen achten. „Wenn man kostenlos stornieren kann, wird eher gebucht“, so Hotellerie-Obmann Johann Spreitzhofer.

Köchinnen in einer Küche
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Besonders in der Küche ist der Personalbedarf groß

Personal wünscht mehr Freizeit und Flexibilität

Ein weiterer Themenschwerpunkt beim Pressegespräch war der Fachkräftemangel. Mario Pulker, Gastronomie-Obmann bei der WKO, bezifferte den Bedarf für beide Branchen mit 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die fehlen. Es sei aber falsch zu sagen, dass die Branche bei den Beschäftigten unbeliebt sei, so Spreitzhofer.

„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ein stärkeres Bedürfnis nach Freizeitansprüchen, nach Flexibilität bei den Arbeitszeiten, und dem müssen wir natürlich gerecht werden.“ Immer mehr Beschäftigte würden zudem gerne Teilzeit arbeiten, und es kämen weniger Menschen aus dem Ausland, werde in der Branche beobachtet.

Zusätzliche Sperrtage wegen Personalmangels

Der Mitarbeitermangel führe bei 43 Prozent der Betriebe zu zusätzlichen Sperrtagen, sagte Pulker weiter. Besonders in der Küche sei der Bedarf sehr groß: Rund drei Viertel der offenen Stellen in der Gastronomie entfielen auf den Küchenbereich. Der Gastronomie-Obmann sieht hier die Politik gefordert.

Eine Kellnerin serviert im Gastgarten
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Auch im Service erwartet man sich bessere Bedingungen

So müsse das Einstellen von Aushilfskräften vereinfacht werden, auch brauche es mehr Kinderbetreuungseinrichtungen. Außerdem fordert er mehr Aufenthaltstitel für Lehrlinge aus Drittstaaten. „Leute, die sich bei uns integrieren, hier arbeiten, dann im dritten Lehrjahr abzuschieben, das gefällt uns nicht in der Branche“, so Pulker.

Weiters müsse die Mobilität der Menschen erhöht werden, sprich es soll weniger attraktiv werden, einen Job abzulehnen, weil er weiter weg vom Wohnort liegt. Zudem brauche es ein degressives Arbeitslosengeld, damit sich das Arbeitengehen auszahle, so Pulker, der auch eine Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose fordert. Auch die Dauerforderung nach einer Senkung der Lohnnebenkosten wurde wiederholt. Viele Betriebe würden sich dann noch eine steuerliche Erleichterung für Betriebsübergaben wünschen, geht aus der Umfrage hervor.

Zuversicht in laufender Saison

Die aktuellen Zahlen lassen in den beiden Branchen vorerst einmal hoffen. Gastronomie- und Hotelleriebetriebe blicken zuversichtlich auf die laufende Sommersaison, wobei der Optimismus in der Hotellerie größer ist. „Die letzten Zahlen lassen aufatmen“, sagte Hotellerie-Obmann Spreitzhofer.

Bei den Nächtigungszahlen ist man aber noch immer unter dem Vorkrisenniveau, was man heuer auch nicht mehr aufholen werde, so Spreitzhofer. Eine deutliche Steigerung gebe es bei den Urlaubern aus dem Inland, die aber das Minus bei den ausländischen Gästen nicht wettmachen können. „Die Buchungslage ist insgesamt sehr gut gewesen, vor allem der Juli war sehr gut“, so der Hotellerie-Obmann.

Touristen in Salzburg
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Mit der laufenden Saison ist man in der Hotellerie zufrieden

Winterausblick „sehr verhalten“

Etwas sorgenvoll blicke man auf die Zeit nach dem Sommer. Für den Herbst seien die Buchungszahlen „etwas verhalten“, für den Winter „sehr verhalten“. Man hoffe nun auf kurzfristige Buchungen, sagte Spreitzhofer.

Auch im Wiener Tourismus geht es nach der langen CoV-Krise wieder aufwärts – auch mit den Preisen. Die Unternehmerinnen und Unternehmer passen diese der allgemeinen Teuerung an: Zimmer kosten nun um bis zu 15 Prozent mehr. Mehr dazu in wien.ORF.at.

Gastronomie: „Tendenz zum Sparen“ bei Gästen

In der Gastronomie ist die Stimmung laut Umfrage gedämpfter, erklärte Pulker. Besonders im ländlichen Raum würden Gastronomiebetriebe deutliche Umsatzrückgänge verzeichnen. „Zwei Drittel der Gastwirte gehen davon aus, dass der Sommer ein guter wird“, so Pulker. In etwa ein Drittel verzeichne aber auch ein schlechteres Geschäft als im Vorjahr.

Die Inflation betreffe die Gastronomiebetriebe genauso wie die Haushalte. Zudem würden rund 70 Prozent der Gaststätten eine Tendenz zum Sparen bei ihren Gästen beobachten. Hier hätten gehobene Lokale in Städten und in den Tourismusregionen weniger Probleme als die Gastro am Land, so der Branchenobmann.

Preise für kommende Saison nicht absehbar

Die Teuerung stelle die Hotellerie- und Gastronomiebetriebe vor große Herausforderungen. „Wir können noch keine Preise für die kommende Saison bestimmen, weil wir auch nicht wirklich wissen, wie die Preisentwicklung dann wirklich weiter voranschreitet“, sagte Spreitzhofer. Viele Unternehmen würden aber bereits in Energiesparmaßnahmen investieren, habe die Umfrage ergeben. Hilfe erwartet man sich weiter auch von der öffentlichen Hand.

„Wir brauchen die Unterstützung des Staates“, forderte der Hotellerie-Obmann. „Bei der Strompreisdeckelung verlangen wir, dass das auch für uns als Betriebe gewährleistet wird und nicht nur für Haushalte.“ Als Beispiel nennt Spreitzhofer Thermenhotels, die sehr energieintensiv wären. Hier bräuchte es schnellstens die Möglichkeit, einen Zuschuss zu beantragen.