Kritik an Niedrigstlöhnen in der europäischen Textilindustrie

Das Label „Made in Europe“ auf einem Kleidungsstück bedeutet nicht automatisch, dass es fair produziert worden ist. Laut aktuellen Berechnungen der NGO Clean Clothes Campaign (CCC) zahlen viele große Modemarken ihren Beschäftigten nur einen Bruchteil des Lohns, den sie zum Leben brauchten – auch jenen in Osteuropa und der Türkei. Gerade in Zeiten des Ukraine-Kriegs und der CoV-Pandemie sei es wichtig, das zu ändern, teilte CCC heute in einer Aussendung mit.

CCC zufolge bekommen Textilarbeiter und Textilarbeiterinnen einiger Modemarken in Europa Hungerlöhne gezahlt, mitunter sogar weniger als Beschäftigte in Ländern des Fernen Ostens. Als Beispielunternehmen werden etwa die Großunternehmen Zalando, adidas und Olymp genannt.

Oft nur Bruchteil von lebensnotwendigem Einkommen

Die NGO weist darauf hin, dass Textilbeschäftigte in vielen Ländern üblicherweise nur Mindestlöhne verdienen, manchmal auch weniger. Im Durchschnitt bekämen die Beschäftigten in Osteuropa und der Türkei nur ein Viertel jenes Einkommens, das zum Leben reichen würde.

Die Kluft zwischen den Mindestlöhnen und dem Europäischen Basis-Existenzlohn, mit dem Familien ihre Grundbedürfnisse sichern könnten, sei vielerorts dramatisch. Der Existenzlohn lag 2021 in Serbien etwa bei 976 Euro pro Monat, der gesetzliche Mindestlohn aber nur bei 275 Euro. Auch in Bulgarien, der Slowakei, Polen, Ungarn, Moldawien und der Ukraine war der Unterschied zwischen Mindestlohn und Existenzlohn sehr deutlich.

„Mit unseren jüngsten Berechnungen für Europa haben Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und das EU-Parlament nun eine Basis, auf deren Grundlage sie eine gesetzlich verbindliche Berücksichtigung von Existenzlöhnen in Lieferketten einfordern können – auch in Europa“, sagte Bettina Musiolek von CCC. Die NGO fordert eine „EU-Gesetzgebung, die Hungerlöhne verhindert“.