Die Figur des kleinen, im Frankreich der 1950er Jahre lebenden Buben Nick erfanden Sempe und „Asterix“-Autor Rene Goscinny. Die erste Geschichte erschien am 29. März 1959 in der Regionalzeitung „Sud-Ouest Dimanche“.
Binnen sechs Jahren wurden mehr als 200 Episoden um Nick, seinen immer hungrigen Freund Otto, den bebrillten Streber Adalbert und den prügelbereiten Franz veröffentlicht. Sie erschienen später als Bücher und wurden in 30 Sprachen übersetzt. 15 Millionen Exemplare wurden in 45 Ländern verkauft, sie wurden verfilmt und als Zeichentrickserie adaptiert.

„Elend der eigenen Kindheit“ verarbeitet
Sempe selbst sagte 2018 über die Reihe, sie sei für ihn „ein Weg gewesen, das Elend, das ich in meiner Kindheit erlebt habe, wieder aufleben zu lassen und gleichzeitig sicherzustellen, dass alles gut ausgeht“. Er war 1932 als uneheliches Kind im Dorf Pessac nahe Bordeaux geboren worden. Er wuchs zunächst in einer gewalttätigen Pflegefamilie auf, bis seine Mutter ihn zurückholte – und ihn so der Gewalt seines Stiefvaters aussetzte.
Sempe wollte eigentlich Jazz-Pianist werden und verließ die Schule im Alter von 14 Jahren, um zum Militär zu gehen. Der soldatische Drill gefiel ihm aber ebenso wenig: Sempe begann, Zeichnungen an Pariser Zeitungen zu verkaufen. Während der Tätigkeit für eine Nachrichtenagentur freundete er sich mit Goscinny an – und legte so den Grundstein für den späteren Welterfolg mit dem „Kleinen Nick“.
Später Durchbruch
In den ersten Jahren interessierte sich allerdings kaum jemand für die Zeichnungen des kleinen Buben. Sempe hielt sich mit Zeichnungen für Zeitungen finanziell über Wasser, es seien „schreckliche“ Jahre gewesen, sagte Sempe später.
Ein solides Einkommen bescherte Sempe erst seine Tätigkeit bei dem US-Magazin „New Yorker“, das ihn 1978 anstellte. „Ich war fast 50, und zum ersten Mal in meinem Leben existierte ich“, sagte Sempe später über diesen Wendepunkt in seinem Leben. Sempe illustrierte in den Folgejahren so viele Titelseiten des für seine künstlerisch hochwertigen Cover bekannten „New Yorker“ wie kein anderer Künstler.

Der Nachwelt hinterlässt der Zeichner und Cartoonist über 40 Bildbände, in denen er mit liebevoll-ironischem Strich die Welt analysierte. Dabei nahm er den Charme der Bourgeoisie ins Visier, ebenso wie den kleinen Mann und die Reichen und Schönen.
Trauer und Beileidsbekundungen
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron würdigte den verstorbenen Zeichner. „Die zarte Ironie, die Feinheit der Intelligenz, der Jazz: Wir werden Jean-Jacques Sempe nicht vergessen können“, schrieb Macron auf Twitter.
Premierministerin Elisabeth Borne würdigte den Zeichner. „Sempe, das war die Zeichnung, das war der Text. Es war das Lächeln und die Poesie. Manchmal hatte er Tränen in den Augen vor Lachen, heute Abend sind es Tränen der Rührung“, schrieb Borne auf Twitter. Auch zahlreiche weitere Politiker reagierten emotional auf den Tod von Sempe.
Der Verband der französischen Feuerwehr, die derzeit an verschiedenen Stellen des Landes gegen verheerende Waldbrände kämpft, verband das mit einer konkreten Bitte an Sempe. „Ruhe in Frieden und schick uns den Regen von da oben …“, twitterte der Feuerwehrverband am Donnerstagabend mit einem Augenzwinkern.