Sacheen Littlefeather im Jahr 1973 bei der Oscar-Verleihung
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1973 bei Oscars ausgebuht

Späte Entschuldigung bei Littlefeather

Die Oscar-Akademie hat sich nach fast 50 Jahren bei der Ureinwohnerin Sacheen Littlefeather entschuldigt, die bei einer Oscar-Verleihung ausgebuht worden war. Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences machte am Montag einen Brief an Littlefeather öffentlich, die 1973 im Namen von Marlon Brando den Oscar zurückgewiesen hatte, den der Schauspielstar für seine Rolle im Mafia-Epos „Der Pate“ gewonnen hatte.

Die Schauspielerin und Angehörige des Volkes der Apachen sagte damals auf der Bühne, Brando könne „diesen sehr großzügigen Preis leider nicht annehmen“. Er wolle damit gegen den Umgang Hollywoods mit amerikanischen Ureinwohnern protestieren. Das Publikum reagierte teilweise mit Applaus, teilweise aber mit Buhrufen.

Littlefeather sagte später, Western-Star John Wayne habe sie körperlich angreifen wollen, sechs Sicherheitsleute hätten ihn zurückhalten müssen. Im Backstagebereich hätten sie einige der Anwesenden mit stereotypen Kriegsrufen der Indigenen über sie lustig gemacht. Erinnerungen an den Vorfall mit Wayne wurden im März wach, als Schauspielstar Will Smith bei der Oscar-Gala den Komiker Chris Rock schlug, nachdem dieser einen Witz über Smiths Ehefrau Jada Pinkett Smith gemacht hatte.

Die damals 26 Jahre alte Littlefeather war eine der Ersten, die ihren Auftritt bei den Oscars als Bühne für eine politische Botschaft nutzte. Nach eigenem Bekunden kostete sie die Rede eine weitere Karriere als Schauspielerin. Davor war sie unter anderem im italienisch-spanischen Krimi „Im Dutzend zur Hölle“ zu sehen. Die Rede verfolgte Littlefeather noch Jahre später. Der US-Filmkritiker Roger Ebert behauptete 2004 in einem Nachruf auf Brando, sie sei gar keine Indigene. Littlefeather erzwang eine Gegendarstellung.

„Kosten für Karriere irreparabel“

„Die Beschimpfungen, die Sie wegen dieser Erklärung erlitten haben, waren unvertretbar und unberechtigt“, schrieb im vergangenen Juni der Präsident der Oscar-Akademie, David Rubin, an Littlefeather. „Die emotionale Last, die Sie durchlebt haben, und die Kosten für Ihre Karriere in unserer Industrie sind irreparabel.“ Viel zu lange sei auch Littlefeathers Mut nicht anerkannt worden. „Dafür entschuldigen wir uns zutiefst und sprechen Ihnen zugleich unsere ehrliche Bewunderung aus.“

Sacheen Littlefeather bei einer Zeremonie im Jahr 2019
AP/Eric Risberg
Littlefeather (r.) erhielt eine späte Entschuldigung der Oscar-Akademie

Der Brief wurde anlässlich einer Einladung Littlefeathers zu einer Rede im Oscar-Museum in Los Angeles veröffentlicht. Das Museum hat es sich zur Aufgabe gemacht, auch schwierige Kapitel in der Geschichte Hollywoods wie Rassismus offen anzusprechen. Der Umgang mit Littlefeather nach ihrer Rede 1973 wird in dem Museum bereits thematisiert.

Littlefeather: „Wir Indigene sind geduldige Menschen“

Littlefeather reagierte mit Humor auf den Entschuldigungsbrief. Sie hätte nie gedacht, die Entschuldigung noch zu Lebzeiten zu hören. „Wir Indigene sind sehr geduldige Menschen – es ist erst 50 Jahre her!“ Ureinwohnerinnen und Ureinwohner hätten gelernt, mit Humor auf Widrigkeiten zu reagieren. „Das ist unsere Überlebensmethode.“

In einem Interview mit dem britischen „Guardian“ sprach die mittlerweile 75-Jährige im Vorjahr offen über ihre Krebserkrankung. Sie habe metastasierenden Brustkrebs, der sich in die Lunge ausgebreitet habe, sagte sie. Ihren Humor hat sie trotzdem nicht verloren: Die Krankheit sei ein „Vollzeitjob“, sagte sie. „Wenn du faul bist, solltest du dich nicht um Krebs bewerben.“