Estland: Umfangreichste Cyberangriffe seit 2007

In Estland sind staatliche Institutionen und private Unternehmen nach der Verlegung eines Sowjetpanzerdenkmals zur Zielscheibe von Hackerangriffen geworden.

„Weitgehend unbemerkt“

Das Land sei gestern den „umfangreichsten Cyberangriffen seit 2007“ ausgesetzt gewesen, teilte der Staatssekretär für die IT-Infrastruktur, Luukas Kristjan Ilves, heute auf Twitter mit. Die Denial-of-Service-Angriffe seien aber „ineffektiv“ gewesen und „weitgehend unbemerkt“ geblieben. Nach Medienberichten soll sich die russische Hackergruppe „Killnet“ dazu bekannt haben.

Bei Denial-of-Service-Angriffen ist der betroffene Server durch eine künstlich erhöhte hohe Nachfrage nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr erreichbar. Nach Angaben der Regierung funktionierten die Websites mit „geringfügigen Ausnahmen“ aber den ganzen Tag über.

„E-Estonia läuft“

„E-Estonia läuft und funktioniert“, schrieb Ilvey. Estland nennt sich selbst gern „E-Estonia“. Das EU- und NATO-Mitglied gilt in Europa als Vorreiter der Digitalisierung. Die rund 1,3 Millionen Bürgerinnen und Bürger können fast alle Behördengänge übers Internet erledigen.

Estland hatte am Dienstag ein Sowjetpanzermonument nahe der estnisch-russischen Grenzstadt Narva demontieren und in ein Museum verlegen lassen. In dem Land lebt eine große russische Minderheit.

Estland beschränkt Einreise für Russen

Zugleich hat Estland seine Visaregeln für Menschen aus Russland verschärft und deren Einreise beschränkt. Russische Staatsbürger und Staatsbürgerinnen dürfen mit heute nicht mehr mit einem von Estland ausgestellten Schengen-Visum in das baltische EU- und NATO-Land einreisen.

Nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums in Tallinn sollen daher an den drei Grenzübergängen zu Russland in Narva, Luhamaa und Koidula zusätzliche Visakontrollen stattfinden.

Estland hatte als eine Reaktion auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine die Vergabe von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen an Russen bereits weitgehend ausgesetzt. Mit einem gültigen Visum war es aber weiterhin möglich, per Bus oder Auto über die estnische Grenze in den Schengen-Raum einzureisen. Das ist künftig nicht mehr möglich. Bestimmte Ausnahmen gelten jedoch etwa für Russen mit Wohnsitz, Aufenthaltsrecht oder Verwandten in Estland.

Weiter einreisen dürfen auch russische Bürger mit von anderen EU-Mitgliedern ausgestellten Visa, die für den gesamten Schengen-Raum mit seinen 26 europäischen Ländern gelten. Zusammen mit seinen ebenfalls an Russland grenzenden Nachbarländern Finnland und Lettland macht sich Estland daher für einen grundsätzlichen Stopp von Touristenvisa stark. Die EU-Kommission in Brüssel lehnt das ab.