Russischer Diplomat in Wien sorgte mit Tweet für Empörung

Der Ständige Vertreter Russlands bei den internationalen Organisationen in Wien, Michail Uljanow, hat mit einer später wieder gelöschten Twitter-Meldung für Empörung in der Ukraine gesorgt.

Uljanow hatte in der Nacht auf heute einen Tweet des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der sich für US-Waffenlieferungen bedankt hatte, mit „Keine Gnade für die ukrainische Bevölkerung!“ kommentiert. Vertreter der Ukraine interpretierten das als Aufforderung zum Völkermord.

Außenministerium „empört“

„Wir sind empört über die menschenverachtenden Aussagen des russischen Ständigen Vertreters und über seine Versuche zu relativieren, was nicht zu relativieren ist“, kommentierte eine Sprecherin des österreichischen Außenministeriums in einer schriftlichen Stellungnahme. Das Ministerium stehe zwar für freie Meinungsäußerung, sei aber auch frei darin, „entschieden gegen solch verhetzende Äußerungen einzutreten“, schrieb die Sprecherin und kündigte an, dass Uljanow für morgen ins Außenministerium zitiert werde.

Ukrainisches Außenministerium fordert Wien zu Ausweisung auf

„Der russische Botschafter in Österreich Uljanow spricht von der Notwendigkeit einer ‚Endlösung der ukrainischen Frage‘ und ruft zum Völkermord auf“, reagierte heute Vormittag Selenskyj-Berater Michajlo Podoljak ebenso auf Twitter.

Er beklagte gleichzeitig, dass in Europa Stimmen wie „Nicht alle Russen sind Putin“ und „Vielleicht sollten wir ‚Nord Stream 2‘ aktivieren“ laut würden. Es sei Zeit zu verstehen, dass Russland eine faschistische Machtstruktur mit Millionen Menschen sei, schrieb Podoljak auf Ukrainisch.

„Diese Völkermordsprache darf nicht toleriert werden“, schrieb der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleh Nikolenko, auf Twitter. Die gesamte diplomatische Community in Wien müsse Uljanjow boykottieren, und Österreich müsse ihn als Gastland zur unerwünschten Person erklären, forderte er. Zuvor hatte der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sowie Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen aufgefordert, Uljanow „sofort zu deportieren“.

Diplomat fühlt sich missverstanden

Uljanow, der seinen in englischer Sprache verfasstem Tweet in Folge löschte, fühlte sich missverstanden. Er trete „natürlich nicht“ für einen Völkermord an den Ukrainern ein, erklärte er in einem Telefonat mit der APA.

Vielleicht hätte er jedoch in seinem Publikation anstelle eines Rufzeichens besser ein Fragezeichen schreiben sollen, gab er sich selbstkritisch. „Ich habe aber auf die Mitteilung von Selenskyj emotional reagiert – wieder nur Waffen, keine Diplomatie“, sagte er.