Frau betankt ein Auto an einer Zapfsäule
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Treibstoffmarkt

Keine Absprachen, aber gute Verdienste

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat in ihrer Branchenuntersuchung zum heimischen Treibstoffmarkt eine Entkoppelung zwischen den Rohöl- und Spritpreisen festgestellt. Hinweise auf eine Kartellbildung oder Marktmachtmissbrauch gibt es nicht, wohl aber wird auf stark gestiegene Gewinnmargen der Raffinerien seit Beginn des Ukraine-Krieges verwiesen.

Die BWB hat die Kosten- und Margenentwicklung seit Jänner untersucht – und damit die Profitabilität der Mineralölkonzerne. Bereits im Zwischenbericht Anfang Juli kam die BWB zu dem Schluss, dass sich die Bruttomargen verdreifacht haben. Wie das Ö1-Mittagsjournal am Montag berichtete, hält die BWB etwa fest, dass sich die Betriebskosten der Raffinerien zwischen dem ersten Quartal 2021 und dem ersten Quartal 2022 trotz stark gestiegener Preise für Gas und Strom kaum erhöht haben, um durchschnittlich weniger als einen Cent pro Liter.

Außerdem haben sich die internationalen Preisnotierungen von den Rohölpreisen abgekoppelt. Während der Preis für Rohöl um rund 22 Cent je Liter stieg, legte die internationale Preisnotierung für Benzin um 41 Cent und für Diesel um 36 Cent pro Liter zu. Die hohen Preise seien dabei nicht auf fehlenden Wettbewerb unter den Tankstellen zurückzuführen, sagte BWB-Interimschefin Natalie Harsdorf-Borsch.

Internationale Preise ausschlaggebend

Um zu verdeutlichen, was das für die Konsumentinnen und Konsumenten bedeutet, legte die BWB ein Beispiel vor. Wer Mitte Juni 50 Liter Treibstoff tankte, musste allein aufgrund des gestiegenen Rohölpreises um 13,2 Euro mehr bezahlen als vor dem Ukraine-Krieg. Die höheren Bruttomargen trieben den Preis für Diesel um zusätzlich 11,40 Euro und für Benzin um zusätzlich 12,60 Euro in die Höhe.

Der überwiegende Teil des Preisanstieges an den Tankstellen ist laut BWB aber auf internationale Preisnotierungen zurückzuführen. Schließlich dienen diese als Referenzpreise für Großhandels- und Raffinerieabgabepreise. Die BWB will mit der Europäischen Kommission zusammenarbeiten, um das Problem in den Griff zu bekommen. Der Österreichische Automobil-, Motorrad- und Touringclub (ÖAMTC) begrüßte diese Ankündigung der BWB. Schließlich würden Märkte, auf denen nur ein Bruchteil des europäischen Verbrauches gehandelt werde, die europäischen Preise in die Höhe treiben.

Grafik zeigt den Spritpreisverlauf seit 2019
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: BWB/BMK

Umstrittene Preisbremsen

Wettbewerbsexperte Michael Böheim vom Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) sprach sich im Ö1-Mittagsjournal dennoch gegen eine Preisobergrenze für Sprit aus. Einerseits würde dadurch schlicht weniger angeboten werden, und es würden, wie in Ungarn geschehen, Lieferengpässe und Staus vor den Tankstellen drohen. Andererseits werde damit klimapolitisch ein falsches Signal gegeben und der Bevölkerung signalisiert: „Fahrt bitte so weiter Auto, wie Ihr es gewohnt seid.“

Natalie Harsdorf Borsch über Spritpreise

Die interimistische Leiterin der Bundes-Wettbewerbsbehörde, Natalie Harsdorf Borsch, spricht über die hohen Gewinne der Mineralölkonzerne. Preisabsprachen konnten ihnen nicht nachgewiesen werden.

Einer von Arbeiterkammer und Gewerkschaft geforderten Einsetzung einer Preiskommission, die das Wirtschaftsministerium dazu ermächtigen könnte, die Preise für eine gewisse Zeit zu regeln oder zu deckeln, räumte Böheim gleichfalls geringe Chance ein. Voraussetzung dafür wäre, dass die Preiserhöhung in Österreich die internationale Preisentwicklung wesentlich übersteige – das lasse sich aus der BWB-Untersuchung aber nicht herauslesen. FPÖ-Chef Herbert Kickl mahnte dennoch „die seit Monaten erhobene freiheitliche Forderung nach einem Deckel auf Treibstoffpreise“ ein.

Empfehlungen an die Politik finden sich in der BWB-Studie freilich nicht, aber: „Mit dem vorliegenden Abschlussbericht kann die BWB der Regierung, dem Parlament und der Öffentlichkeit durch Daten belegte Fakten zur Verfügung stellen, um eine evidenzbasierte Diskussion zu ermöglichen.“