Pride 2021 in Belgrad
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Serbien

Konflikt um EuroPride in Belgrad

Serbiens Regierung will die für den 17. September in Belgrad geplante Parade der EuroPride absagen, bei der Menschen für LGBTQ-Rechte demonstrieren wollen. Seitens des Organisationsteams hieß es umgehend, dass der Umzug dennoch stattfinden werde, da die Regierung kein Recht dazu habe, diesen zu verbieten.

In Übereinstimmung mit der Mehrheit des Kabinetts und auch mit Regierungschefin Ana Brnabic werde „die Pride-Parade, oder wie auch immer man sie nennen mag, verschoben oder abgesagt“, sagte Präsident Aleksandar Vucic am Samstag.

Vucic begründete den Beschluss mit aktuellen Krisen im Land, darunter der Streit mit dem Nachbarland Kosovo und die Energiekrise. Zudem drohe Gewalt von Hooligans. Man habe sich im Einvernehmen mit der Regierung von Ministerpräsidentin Brnabic, die selbst mit einer Frau zusammenlebt, dazu entschlossen, die Pride abzusagen.

Organisator sieht „Verstoß gegen Verfassung“

Das Organisationsteam erklärte umgehend, dass es an dem Termin festhalten wolle. „Der Staat kann die EuroPride nicht absagen – er kann nur versuchen, sie zu verbieten, was ein klarer Verstoß gegen die Verfassung wäre“, sagte Koordinator Marko Mihajlovic. Die Organisatoren hatten bereits zuvor betont, wie wichtig die Ausrichtung der EuroPride in Serbien für die Gleichstellung sexueller Minderheiten „auf dem Westbalkan“ sei.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic
Reuters/Florion Goga
Vucic begründete die geplante Absage mit den zahlreichen Krisen, mit denen Serbien derzeit konfrontiert ist

Die EuroPride ist eine paneuropäische Großveranstaltung der LGBTQ-Bewegung, die seit 1992 jeden Sommer in einem anderen europäischen Land organisiert wird. Die englische Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.

In diesem Jahr sollte die EuroPride vom 12. bis zum 18. September in der serbischen Hauptstadt stattfinden; für den vorletzten Tag war der Pride March vorgesehen, der mit der Parade zum Christopher Street Day vergleichbar ist.

Sexuelle Minderheiten häufig von Gewalt betroffen

Serbien ist zwar eines der wenigen Länder, das in Brnabic eine offen lesbische Regierungschefin hat. Doch viele Angehörige sexueller Minderheiten in dem Land sehen sich weiterhin mit Tabus, Vorurteilen und auch Gewalt konfrontiert.

die serbische Premierministerin Ana Brnabic
APA/AFP/Ludovic Marin
Premierministerin Brnabic: Sexuelle Minderheiten sind in Serbien häufig von Gewalt betroffen

In einer im Jahr 2020 veröffentlichten Erhebung der Menschenrechtsorganisationen Ideas und Glic berichteten fast 60 Prozent der befragten Angehörigen sexueller Minderheiten von Erfahrungen mit körperlichen oder emotionalen Misshandlungen.

Die serbisch-orthodoxe Kirche spielte in der Vergangenheit eine wichtige Rolle bei der Beeinflussung der öffentlichen Meinung über Schwule, Lesben und andere sexuelle Minderheiten – unter anderem, indem sie die Pride-Paraden in Belgrad als „Schande“ brandmarkte.