Die Emirate pumpen bereits seit über zwei Jahrzehnten Hunderte Millionen Dollar in Forschung und Experimente zur „Wolkenimpfung“. Unterstützung erhielten sie aus den USA, wie etwa von der Raumfahrtbehörde NASA. Neben Salzen setzen die Emirate eine selbst entwickelte, besser an die regionalen Bedingungen angepasste Nanotechnologie ein. Auch mit Drohnen, die in den Wolken elektrische Ladungen freisetzen und dadurch Regen hervorrufen sollen, wird experimentiert.
Von Menschen erzwungener Regen ist nicht neu. Erste Versuche dazu gab es bereits vor über 70 Jahren. Dabei werden Salze und Chemikalien in die Wolke injiziert, um so Niederschlag zu erzwingen. Diese wasseranziehenden Moleküle sollen sich mit den Wasserdampfteilchen der Wolke verbinden und kondensieren, also sich verflüssigen. Die Teilchen werden größer und schwerer und sollen als Tröpfchen abgeregnet werden. In vielen Staaten, allen voran China, wird diese „Wolkenimpfung“ immer wieder eingesetzt.

Misstrauen in Iran
Das potenzielle Wasser vom Himmel lockt auch viele Staaten in der Nahost-Region, es den Emiraten gleichzutun. Saudi-Arabien startete im April sein Wolkenprogramm, im Sommer folgte nun die zweite, erweiterte Tranche. Auch Marokko und Äthiopien investieren in diese Technologie, andere Länder im Nahen Osten und Nordafrika ziehen Investitionen in die künstliche Auslösung von Regen in Betracht.
Der Wettlauf um das Wasser von oben hat auch eine geopolitische Komponente – mit neuem Konfliktpotenzial, diesmal aufgrund von Wasser. Bereits 2018 ließ ein iranischer General der Revolutionsgarden in einer Rede verlauten, dass Israel und ein anderer Staat, gemeint waren die Emirate, daran arbeiten würden, dass die iranischen Wolken nicht regnen. Iran steht den meisten Staaten am Persischen Golf misstrauisch gegenüber.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind aber skeptisch, ob die Wolken überhaupt ausreichend lange überleben, um ein anderes Land zu erreichen. Und Israel gab im vergangenen Jahr nach rund einem halben Jahrhundert sein Wolkenprogramm auf – es habe an Wirtschaftlichkeit gemangelt, hieß es von einem an dem Programm beteiligten Experten gegenüber der „New York Times“ („NYT“).
Hohe Wassernachfrage
Die regierenden Scheichs der Emirate lassen sich dennoch nicht davon abhalten, weiter in das Wolkenprogramm zu investieren, es wird nun sogar noch ausgebaut. Die wirtschaftliche Bedeutung der Verfügbarkeit von Wasser neben dem noch vorhandenen Ölreichtum ist ihnen schon länger bewusst. Der Wasserbedarf ist stetig am Steigen. Allein in den letzten 60 Jahren wuchs die Bevölkerung der Emirate von 100.000 auf heute fast zehn Millionen Einwohner und Einwohnerinnen. Besonders die boomenden Städte am Persischen Golf wie Dubai haben einen hohen Wasserverbrauch.

Das Land verfügt kaum über Süßwasserreserven und wie viele andere Golfstaaten auch nicht über Flüsse. Ein großer Teil der Wasserversorgung basiert auf der Entsalzung von Meerwasser. Das verbrauche aber im Vergleich zum künstlichen Regen große Energiemengen, ist der Leiter des Nationalen Zentrums für Meteorologie und Seismologie (National Center of Meteorology, NCM) in den Emiraten, Abdullah al-Mandus, gegenüber der „NYT“ überzeugt. Das NCM verwaltet das Wolkenprogramm der Emirate.
Für den künstlichen Regen sind in den Emiraten ein knappes Dutzend Piloten rund um die Uhr einsatzbereit, um je nach meteorologischen Prognosen schnell in der Luft zu sein. Sie sollen die Chemikalien in die Basis der Wolke bringen. Laut „Economist“ finden im Jahr im Schnitt mindestens 200 Flugeinsätze in den Wolken statt. Als Alternative kommen auf den Bergen angesiedelte Bodengeneratoren zum Einsatz, berichtete das Nachrichtenportal al-Arabija.

Wirksamkeit nicht wissenschaftlich erwiesen
Eindeutige Beweise, dass „Cloud-Seeding“ tatsächlich etwas bewirkt und damit Kosten und Aufwand es wert sind, gibt es nicht. In der Praxis gibt es noch weitere Herausforderungen: Nicht alle Wolken enthalten ausreichend Feuchtigkeit, um Potenzial für Niederschlag zu haben. Und gerade in besonders heißen Regionen können Regentropfen bereits verdunsten, bevor sie den Boden erreichen.
In anderen Fällen wiederum kann die Wirkung stärker als beabsichtigt sein oder der Niederschlag erfolgt durch Winde in einem anderen Gebiet als beabsichtigt. „Man kann eine Wolke verändern, aber man kann ihr nicht sagen, was sie tun soll, nachdem man sie verändert hat“, analysierte der amerikanische Atmosphärenwissenschaftler James Fleming gegenüber der „NYT“.
Skeptisch zeigt sich auch die Weltorganisation für Meteorologie (WMO). „Cloud-Seeding“ werde zwar in vielen Ländern eingesetzt im Kampf gegen Trockenheit, zur Reduktion von Hagelkörnern und für Schnee in Skigebieten. Die Auswirkungen der Maßnahmen und die tatsächliche Veränderung sei aber „nach wie vor ein aktives Forschungsgebiet“.