Medizinisches Personal packt einen Covid-Impfstoff aus
Reuters/Lukas Barth
Coronavirus

Vierte Impfung ab zwölf Jahren empfohlen

Das Nationale Impfgremium (NIG) empfiehlt die CoV-Auffrischungsimpfung für alle Menschen ab zwölf Jahren. Sie sollen sich ab September ihre vierte Impfung holen, hieß es am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Bisher galt die Empfehlung nur für Menschen ab 60 Jahren. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) erwartet im Herbst deutlich steigende Fallzahlen und sprach eine FFP2-Masken-Empfehlung für Innenräume aus.

„Impfung, Masken und Testen werden uns gut durch den Herbst bringen“, sagte der Gesundheitsminister über die Strategie in den kommenden Monaten. „Es ist wahrscheinlich, dass im Herbst eine Maskenpflicht in bestimmten Bereichen wie im öffentlichen Verkehr oder in Supermärkten wieder sinnvoll und notwendig sein wird“, sagte Rauch. Die fünf Gratis-PCR- sowie Antigen-Schnelltests werde es „bis ins Frühjahr hinein“ geben. Die Impfung bleibe aber „die wichtigste Maßnahme“.

Impfexperte Herwig Kollaritsch erläuterte daraufhin die wenige Tage vor Schulbeginn geänderte Impfempfehlung des NIG. Die vierte Impfung ist nun für alle Personen ab zwölf Jahren bei entsprechendem Abstand zur letzten Impfung je nach Alter vier bis sechs Monate nach dem Abschluss der Grundimmunisierung (dritte Impfung) empfohlen, so Kollaritsch.

Statement von Herwig Kollaritsch (Nationales Impfgremium)

Herwig Kollaritsch (Nationales Impfgremium) erläutert die aktuellen Impfempfehlungen.

Kollaritsch: „Einprägsames Impfschema“ als Ziel

Bei Kindern von fünf bis elf Jahren soll spätestens zu Schulbeginn die Grundimmunisierung – diese besteht aus drei Impfungen – fertiggestellt werden, in dieser Altersgruppe sei derzeit keine Auffrischungsimpfung empfohlen, hieß es. Das NIG hat seine Empfehlung auch an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst. Für Menschen über 60 Jahren ist eine Auffrischungsimpfung nun bereits ab vier Monate nach dem Abschluss der Grundimmunisierung empfohlen.

Die aktualisierte Impfempfehlung des NIG sei „ein Versuch, ein einfaches, einprägsames und für alle gültiges Impfschema“ zu schaffen, sagte Kollaritsch. Entscheidend sei es auch, „Altlasten“ zu beseitigen. Konkret appellierte Kollaritsch an all jene, die bisher nur zweimal oder gar nicht geimpft sind, den Impfschutz zu komplettieren.

Statement von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne)

Gesundheitsminister Johannes Rauch spricht über die Strategie für den dritten CoV-Herbst.

„Ich glaube, behaupten zu können, dass in Österreich an einer reinen Covid-Infektion fast niemand mehr sterben müsste, wenn er geimpft ist und wenn er die Therapie zugänglich hat“, sagte Kollartisch. Mit diesen beiden Mitteln – Impfung und Medikamente im Falle einer Infektion – „können wir sehr viel tun, um sicher durch die Herbstwelle zu kommen“, bekräftigte der Experte.

Infektion ersetzt Impfung nicht

Eine Änderung gebe es auch hinsichtlich des Themas Infektion: Als „alte Varianten“ wie Delta zirkulierten, habe gegolten, dass eine Infektion die nächste Impfung ersetzt. Mit Omikron habe sich das aber geändert, da sei die nächste Impfung zunächst nur um einige Monate verschoben worden, so der Experte.

„Mittlerweile muss man eigentlich sagen: Auch das ist fast zu hoch gegriffen. Letztlich sollte jeder, der eine Infektion mit einer der jetzigen Varianten durchmacht, unabhängig davon in seinem Impfschema verbleiben“, so der Experte. Das heißt: Wer sich etwa zwei, drei, vier oder auch fünf Monate nach seiner dritten Impfung infiziert, solle sich dennoch sechs Monate nach dem letzten Stich impfen lassen. Das solle eine „Vereinfachung“ sein und sicherstellen, dass die „Impfung wesentlicher ist als die Infektion“, so Kollaritsch.

Warten auf angepasste Impfstoffe „unvernünftig“

Angepasste Variantenimpfstoffe sollen noch im September nach Österreich geliefert werden. Auf ein genaues Datum wollte sich Rauch – anders als sein deutscher Amtskollege Karl Lauterbach – nicht festlegen. Bereits am Donnerstag erwartet Rauch, dass die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) die Zulassung der ersten bivalenten Impfstoffe bestätigt. Zunächst wird der speziell für die Omikron-Variante BA.1 angepasste Impfstoff erwartet, einige Wochen später der an die aktuelle Variante BA.4/BA.5 angepasste Impfstoff.

Mit Hinblick auf noch nicht zugelassene Variantenimpfstoffe plädierte Kollaritsch eindringlich dafür, mit dem Impfen nicht zu warten. „Die bereits verfügbaren Impfstoffe waren milliardenfach im Einsatz. Sie sind bestens erprobt und schützen weiterhin effektiv vor einer schweren Erkrankung“, betonte der Infektiologe. Die Variantenimpfstoffe würden nämlich „keine wesentliche Verbesserung der Situation bringen“, es sei vielmehr „absolut unvernünftig“, darauf zu warten.

Kollaritsch hob den positiven Nebeneffekt der Auffrischung hervor. Die Impfstoffe können für die Auffrischungsimpfung gewechselt werden, wenn man das möchte. „Mix and Match kann man ohne Weiteres machen“, sagte er und erklärte, dass sich der Impfstoff von Moderna bisher als jener mit geringfügigen Vorteilen erwiesen habe. Er sei jedoch reaktogener, rufe also stärkere Reaktionen hervor. „Man kauft sich immer mit einem Vorteil auch einen kleinen Nachteil.“ Für Risikopersonen solle überlegt werden, ob nicht eine weitere Impfung außerhalb des Impfschemas sinnvoll sein könnte, sagte der Experte.

„Keine Grippewelle“: Rauch gegen Beschwichtigungen

Rauch hatte zuvor einen Rückblick auf das bisherige Pandemiegeschehen und einen kurzen Ausblick auf den Herbst gegeben. Sein bei Amtsantritt erwähntes Leitmotiv beim Pandemiemanagement wiederholte er – dieses laute weiterhin „so viel wie notwendig und so wenig wie möglich“. Sein zweites Leitmotiv sei, „bestmöglich aus dem Krisenmodus“ hinauszukommen und in einen „verantwortungsbewussten Umgang mit Covid“ hineinzugehen.

Angesichts beschwichtigender Aussagen über das Virus hielt Rauch fest: „Das war keine leichte Grippewelle in den letzten beiden Jahren. Covid hat viele Menschen das Leben gekostet.“ Der Sommer habe jedenfalls eine wichtige Pause verschafft. Auch die Abschaffung der Quarantäne habe keine „gravierenden Veränderungen“ im Pandemiegeschehen nach sich gezogen.

Rauch: Impfpflicht kommt nicht mehr zurück

Er wiederholte die Worte seines Vor-Vorgängers Rudolf Anschober (Grüne): „Die nächsten Wochen sind entscheiden“, wenn es darum gehe, sich impfen zu lassen, meinte der amtierende Gesundheitsminister. Die Impfpflicht werde auf keinen Fall wieder eingeführt werden, versicherte er.