Saudische Frau wegen Onlineposts zu 45 Jahren Haft verurteilt

Ein saudisches Gericht hat eine Frau zu 45 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie dem Land durch ihre Aktivitäten in sozialen Netzwerken geschadet haben soll. Das ging aus einem gestern veröffentlichten Gerichtsdokument hervor. Es ist der zweite ähnlich gelagerte Fall binnen weniger Wochen in dem saudischen Königreich.

„Soziales Gefüge destabilisiert“

Die Richter warfen Nourah bint Saeed al-Kahtani laut Anklageschrift vor, „den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stören“ und „das soziale Gefüge zu destabilisieren“, wobei sie ihre Aktivitäten in den sozialen Netzwerken anführten.

Anfang August hatte ein Gericht in Riad die 45-jährige Haftstrafe auf der Grundlage der umfassenden Gesetze des Königreichs zur Terrorismusbekämpfung und Cyberkriminalität verhängt. Das Gericht, das sich normalerweise mit Fällen aus dem Bereich der politischen und nationalen Sicherheit befasst, verkündete das Urteil während Kahtanis Berufung gegen ihre frühere Verurteilung.

Es blieb unklar, was Kahtani gepostet hat oder wo ihre Anhörung stattfand. Laut der in Washington ansässigen Menschenrechtsorganisation Democracy for the Arab World Now (DAWN), die dem Königreich kritisch gegenübersteht, wurde sie am 4. Juli 2021 in Gewahrsam genommen. „Das scheint der Beginn einer neuen Welle von Urteilen und Verurteilungen durch neue Richter zu sein, die dem Spezialstrafgericht zugeteilt wurden“, sagte Abdullah Alaudh, der Regionaldirektor von DAWN.

„Deutliches Signal an den Westen“

„Die saudische Regierung sendet ein deutliches Signal an den Westen, dass sie sich nicht um die Menschenrechte kümmert“, sagte Alaudh der BBC. Es sei „unmöglich, keine Verbindung herzustellen“ zwischen dem umstrittenen Treffen von US-Präsident Joe Biden mit Kronprinz Mohammed bin Salman in Jeddah im vergangenen Monat und „dem Anstieg der repressiven Angriffe“. Biden hatte zuvor geschworen, Saudi-Arabien wegen seiner Menschenrechtslage zu einem „Paria“ zu machen.

Erst Anfang August wurde Salma al-Schehab, eine saudische Doktorandin an der britischen Universität Leeds, zu 34 Jahren Haft verurteilt. Sie war im Jänner 2021 während eines Urlaubs in Saudi-Arabien verhaftet und der „Unterstützung von Personen, die die öffentliche Ordnung stören wollen“ sowie der „Veröffentlichung falscher und tendenziöser Gerüchte“ für schuldig befunden worden. Vor ihrer Abreise aus England hatte die 34-jährige Mutter von zwei Kindern Reformen und die Freilassung prominenter Aktivisten und Intellektueller gefordert, die bei Razzien gegen Andersdenkende inhaftiert worden waren.

Es wurde vermutet, dass Schehabs Haftstrafe die längste war, die jemals gegen einen friedlichen Aktivisten in dem Land verhängt wurde, bis der Fall Kahtani bekannt wurde.