Wien Energie: Wien segnete Vertrag mit Bund ab

Die Wiener Landesregierung hat den Vertrag mit dem Bund – also konkret mit der Oesterreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) – abgesegnet. Dieser besagt, dass der Bund dem Land Wien zwei Mrd. Euro kurzfristig für die Wien Energie zur Verfügung stellt.

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E-Control-Chef für mehr Kontrollbefugnisse

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) stellte unterdessen eine Ausweitung der Kompetenzen der Regulierungsbehörde E-Control in den Raum. Die Behörde ist dafür zuständig, dass der Strommarkt ohne Marktmanipulationen funktioniert, habe aber keine Einsichtsrechte bei den einzelnen Unternehmen. E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch begrüßte den Vorstoß im Ö1-Morgenjournal.

Mehr Berichtspflichten der Energieunternehmen über ihre Kapitalstruktur und Liquidität könnten die Aufsichtsmöglichkeiten der E-Control verbessern, so Urbantschitsch. Derzeit habe die E-Control keine Einsicht in diese Art von Unternehmensdaten.

Eine andere unmittelbare Möglichkeit sei ein Stresstest, wie es ihn bereits im Bankenbereich gibt, so der E-Control-Chef. Ein Stresstest soll Aufschluss über die Risikotragfähigkeit eines Unternehmens geben.

Dabei werden bestimmte Stressszenarien festgelegt und ihre Auswirkungen analysiert. Dafür bedürfe es aber erst einer gesetzlichen Grundlage. Unternehmen könnten in ihrem eigenen Interesse auch selbst einen Stresstest machen und die Ergebnisse anschließend veröffentlichen.

Unabhängig davon, ob die Kompetenzen der Aufsichtsbehörden ausgeweitet werden, liege die Sicherstellung der Liquidität eines Unternehmens letztlich in der Verantwortung der Unternehmen, ihrer Aufsichtsgremien, ihrer Wirtschaftsprüfer und bei den Eigentümern selbst, hielt Urbantschitsch fest.

FPÖ zeigt Ludwig an – SPÖ wirft ÖVP böswilliges Agieren vor

Unterdessen gehen die politischen Wogen weiter hoch. Die Wiener FPÖ präsentierte eine Anzeige gegen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

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Unterdessen versuchte die SPÖ heute den Spieß umzudrehen. Die ÖVP betreibe parteipolitische Spielchen, die in einer Krise „lebensgefährlich“ seien, kritisierte Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter in einer Pressekonferenz gemeinsam mit Vize-Klubchef Jörg Leichtfried. Von Fehlern der Wiener Stadtregierung oder der Wien Energie wollten beide nichts wissen. Die ÖVP wertete die Vorwürfe als Täter-Opfer-Umkehr.

Matznetter ortete Versuche der Volkspartei, konkret von Finanzminister Magnus Brunner und Generalsekretärin Laura Sachslehner, der SPÖ durch die Verbreitung von Unwahrheiten und „Meuchelpropaganda“ böswillig zu schaden.

„Situation ist nicht entstanden, weil spekuliert wurde“

Es sei zu Unrecht und wider besseres Wissen der Vorwurf von Spekulationen durch das Energieversorgungsunternehmen erhoben worden. In Wirklichkeit habe die Wien Energie lediglich ihren Versorgungsauftrag wahrgenommen. Dass sie Strom kaufe und verkaufe, sei ebenso normal, wie wenn eine Molkerei das mit Milch tue.

„Diese Situation ist nicht entstanden, weil spekuliert wurde“, sagte auch Leichtfried, auch das wirtschaftliche Modell sei nicht das falsche gewesen: „Diese Situation ist entstanden, weil der Strompreis in blitzartiger Geschwindigkeit in eine Höhe geschossen ist, mit der niemand jemals rechnen konnte.“

Das müsse in Österreich und auf europäischer Ebene gelöst werden, etwa durch einen Schutzschirm nach deutschem Vorbild und ein Ende des nicht mehr tragbaren Merit-Order-Systems.

ÖVP sieht „Täter-Opfer-Umkehr“

ÖVP-Generalsekretärin Sachslehner wies die Vorwürfe als durchschaubares Ablenkungsmanöver zurück. „Die Sozialdemokratie betreibt gerade eine Täter-Opfer-Umkehr, das ist nicht nur grotesk, sondern auch schlichte Realitätsverweigerung.“ Statt sich bei der Bundesregierung und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) für die rasche Lösung zu bedanken, werfe die Sozialdemokratie wieder einmal nur mit Dreck um sich.

Führende Experten auf dem Gebiet hätten bestätigt, dass die Finanzierungslücke in Milliardenhöhe nicht innerhalb einer Nacht aufgrund der erhöhten Strompreise habe entstehen können. „Der Wien-Energie-Skandal ist das Ergebnis fatalen Managementversagens“, stellte sie in einer Aussendung fest.

Rendi-Wagner: „Ich seh das Problem so nicht“

Auch beim Salzburg-Besuch von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner stand die Causa im Fokus von Journalistenfragen. Auf die Frage, ob sie einen neuen BAWAG-Skandal wie im Jahr 2006 befürchte, antwortete sie: „Ich seh das Problem so nicht.“ Es handle sich um ein europäisches Problem. Das liberale Strommarktsystem sei absurd, das Merit-Order-System müsse ausgesetzt werden, „dann wäre Europa nicht in dieser Situation“.

„Tun wir nicht so, als ob diese Entwicklung ein Geheimnis gewesen wäre“, sagte Rendi-Wagner. Es handle sich nicht um ein Österreich- oder ein Wien-Problem, „wir haben ein Problem des europäischen Strommarktes“. In Deutschland beispielsweise sei im Frühjahr ein Schutzschirm für Stromerzeuger aufgespannt worden. Die Bundesregierung habe aber nichts unternommen.