SPÖ sieht bei ÖVP böswilliges Agieren in Causa Wien Energie

In der Affäre um die finanziellen Turbulenzen der Wien Energie hat die SPÖ heute den Spieß umzudrehen versucht.

Die ÖVP betreibe parteipolitische Spielchen, die in einer Krise „lebensgefährlich“ seien, kritisierte Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter in einer Pressekonferenz gemeinsam mit Vize-Klubchef Jörg Leichtfried. Von Fehlern der Wiener Stadtregierung oder der Wien Energie wollten beide nichts wissen. Die ÖVP wertete die Vorwürfe als Täter-Opfer-Umkehr.

Matznetter ortete Versuche der Volkspartei, konkret von Finanzminister Magnus Brunner und Generalsekretärin Laura Sachslehner, der SPÖ durch die Verbreitung von Unwahrheiten und „Meuchelpropaganda“ böswillig zu schaden.

„Situation ist nicht entstanden, weil spekuliert wurde“

Es sei zu Unrecht und wider besseres Wissen der Vorwurf von Spekulationen durch das Energieversorgungsunternehmen erhoben worden. In Wirklichkeit habe die Wien Energie lediglich ihren Versorgungsauftrag wahrgenommen. Dass sie Strom kaufe und verkaufe, sei ebenso normal, wie wenn eine Molkerei das mit Milch tue.

„Diese Situation ist nicht entstanden, weil spekuliert wurde“, sagte auch Leichtfried, auch das wirtschaftliche Modell sei nicht das falsche gewesen: „Diese Situation ist entstanden, weil der Strompreis in blitzartiger Geschwindigkeit in eine Höhe geschossen ist, mit der niemand jemals rechnen konnte.“

Das müsse in Österreich und auf europäischer Ebene gelöst werden, etwa durch einen Schutzschirm nach deutschem Vorbild und ein Ende des nicht mehr tragbaren Merit-Order-Systems.

ÖVP sieht „Täter-Opfer-Umkehr“

ÖVP-Generalsekretärin Sachslehner wies die Vorwürfe als durchschaubares Ablenkungsmanöver zurück. „Die Sozialdemokratie betreibt gerade eine Täter-Opfer-Umkehr, das ist nicht nur grotesk, sondern auch schlichte Realitätsverweigerung.“ Statt sich bei der Bundesregierung und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) für die rasche Lösung zu bedanken, werfe die Sozialdemokratie wieder einmal nur mit Dreck um sich.

Führende Experten auf dem Gebiet hätten bestätigt, dass die Finanzierungslücke in Milliardenhöhe nicht innerhalb einer Nacht aufgrund der erhöhten Strompreise habe entstehen können. „Der Wien-Energie-Skandal ist das Ergebnis fatalen Managementversagens“, stellte sie in einer Aussendung fest.

Rendi-Wagner: „Ich seh das Problem so nicht“

Auch beim Salzburg-Besuch von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner stand die Causa im Fokus von Journalistenfragen. Auf die Frage, ob sie einen neuen BAWAG-Skandal wie im Jahr 2006 befürchte, antwortete sie: „Ich seh das Problem so nicht.“ Es handle sich um ein europäisches Problem. Das liberale Strommarktsystem sei absurd, das Merit-Order-System müsse ausgesetzt werden, „dann wäre Europa nicht in dieser Situation“.

„Tun wir nicht so, als ob diese Entwicklung ein Geheimnis gewesen wäre“, sagte Rendi-Wagner. Es handle sich nicht um ein Österreich- oder ein Wien-Problem, „wir haben ein Problem des europäischen Strommarktes“. In Deutschland beispielsweise sei im Frühjahr ein Schutzschirm für Stromerzeuger aufgespannt worden. Die österreichische Bundesregierung habe aber nichts unternommen.

Schutzschirm für alle Energieunternehmen gefordert

Als rasche Gegenoffensive brauche es einen Schutzschirm für alle Energieunternehmen in Österreich, um ihnen Sicherheit zu geben, so Rendi-Wagner erneut. In den europäischen Strommarkt müsse regulierend eingegriffen werden.

Die Versorgung mit Strom und Gas sei ein Grundbedürfnis der Menschen, damit an der Börse zu handeln, bezeichnete die Politikerin als „hoch gefährlich“. „Das ist jetzt ins Wanken geraten und gekippt. Wir müssen das stoppen.“ Deshalb müsse das System geändert werden.

Dass die Wien Energie als erstes Energieunternehmen in Österreich von dem „nicht funktionierenden Strompreisbildungssystem“ betroffen sei, liege an der nur zehnprozentigen Eigenproduktion, 90 Prozent dagegen müssten an der Leipziger Strombörse eingekauft werden, unter „absurden Spielregeln“.