Ungarns Regierung gründet Antikorruptionsbehörde

Die rechtsnationale ungarische Regierung hat die Schaffung einer unabhängigen Antikorruptionsbehörde beschlossen, die seit Langem seitens der EU-Kommission gefordert wurde. Die Entscheidung der Orban-Regierung bezeichnete die Opposition heute als einen Rückzieher Brüssel gegenüber. Dabei gehe es nur darum, die wegen Korruptionsverdacht eingefrorenen Coronavirus-Hilfen der EU freizugeben.

Bis 30. September will die Regierung den Gesetzesentwurf zur Schaffung der unabhängigen Antikorruptionsbehörde im Parlament einbringen, wobei die Behörde am 21. November ihre Tätigkeit aufnehmen und über die Verwendung der EU-Gelder wachen soll.

„Witz“

Die Behörde soll eingreifen, wenn andere zuständige Stellen nicht die erforderlichen Schritte unternehmen, um Fälle von Betrug, Interessenskonflikten, Korruption und anderen Straftaten sowie Rechtswidrigkeiten bei der Verwendung von EU-Geldern zu verhindern, untersuchen oder lösen. Weiter soll bis zum 1. Dezember eine Antikorruptionsarbeitsgruppe geschaffen werden, auch unter Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen.

Der unabhängige Parlamentsabgeordnete Akos Hadhazy bezeichnete die Behörde als einen „Witz“, denn Orban könne die Behörde letztlich mit eigenen Leuten besetzen, sodass diese keinesfalls unabhängig sei. Es wäre ein tatsächlich effektiver Antikorruptionsschritt, würde sich Ungarn der Europäischen Staatsanwaltschaft anschließen, betonte Hadhazy im Klubradio und hofft, dass die EU-Kommission nicht auf diese „Scheinmaßnahme“ der ungarischen Regierung hereinfalle.

Angesichts der hohen Inflation und drohenden Wirtschaftskrise braucht Orban dringend die Mittel aus Brüssel. Ungarn erwartet 7,2 Milliarden Euro aus dem Ende 2020 beschlossenen Coronavirus-Wiederaufbaufonds. Die EU-Kommission hatte allerdings bisher bei der ungarischen Regierung große Risiken für eine missbräuchliche Verwendung dieser Gelder gesehen.