Vladimir Putin
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„Sanktionsfieber“

Putin teilt gegen Westen aus

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Westen am Mittwoch in einer mit Spannung erwarteten Rede bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok attackiert. Das „Sanktionsfieber des Westens“ bedrohe „die ganze Welt“, sagte er. Die russische Wirtschaft trotze den Sanktionen, so Putin, der zugleich einräumte, dass es in einigen Branchen Schwierigkeiten gebe.

So hätten Unternehmen zu kämpfen, die auf Zulieferungen aus Europa angewiesen seien, sagte Putin. Nach der Coronavirus-Pandemie seien nun neue Schwierigkeiten aufgekommen: „Ich meine das Sanktionsfieber des Westens, seine aggressiven Versuche, anderen Ländern ein Verhaltensmodell aufzuzwingen, sie ihrer Souveränität zu berauben und sie dem eigenen Willen zu unterwerfen.“

Der Westen habe die Weltwirtschaft ausgehöhlt mit seinem Versuch, seine internationale Vorherrschaft durchzusetzen. Dieser Versuch sei vergeblich gewesen, denn die Welt orientiere sich zunehmend in Richtung Asien, sagte Putin bei dem auf Investitionen in Russlands Fernem Osten fokussierten Forum, an dem auch ein hochrangiger Vertreter von Chinas Staatspartei teilnahm. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine hatten die USA, die EU, Großbritannien und weitere Staaten gegen Russland scharfe Strafmaßnahmen verhängt.

Putin räumt Schwierigkeiten ein

Beim Wirtschaftsforum in Wladiwostok hat sich der russische Präsident Wladimir Putin zum ersten Mal seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zu den Auswirkungen der westlichen Sanktionen geäußert.

Putin: Bei Preisdeckel stoppen wir Energielieferungen

Auch zu einem möglichen europäischen Preisdeckel für russische Energieexporte äußerte sich der russische Präsident. Europäische Forderungen nach einem solchen Preisdeckel seien „dumm“, sagte er. Sollte es dazu kommen, werde sich Russland nicht mehr an seine Lieferverträge halten. „Wir müssen Russlands Einnahmen verringern, die Putin zur Finanzierung seines grausamen Krieges gegen die Ukraine verwendet“, sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen diesbezüglich Mittwochmittag in Brüssel.

Zwei Optionen kursierten zuletzt: Es geht um die Möglichkeit, sich auf einen Höchstbezugspreis für russisches Gas zu verständigen, wie aus einem internen Papier hervorgeht, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Eine andere Option ist, den Preis an europäischen Handelsplätzen unter bestimmten Voraussetzungen zu deckeln. Vor allem mit der zweiten Option könnten als Notmaßnahme weitere Preissteigerungen verhindert werden. Die erste könnte vor allem dazu führen, die Einnahmen des russischen Staates durch Energiegeschäfte zu begrenzen.

Die weltweite Nachfrage nach russischen Energielieferungen sei jedenfalls hoch. Russland werde trotz der Sanktionen keine Probleme haben, weltweit Abnehmer zu finden. So seien bereits sämtliche Eckpfeiler zum Verkauf von Gas an China über die Mongolei vereinbart. China wird Gasprom laut Putin sowohl in Yuan als auch in Rubel bezahlen. Dabei werde die Summe jeweils zur Hälfte in russischem Rubel und chinesischem Yuan entrichtet.

Warnung vor Problemen bei Lebensmitteln

Putin warnte zudem vor wachsenden Problemen auf den weltweiten Lebensmittelmärkten, die für viele Menschen katastrophale Auswirkungen haben könnten. Russland habe alles getan, damit die Ukraine Getreide exportieren könne, sagte Putin. Doch das Getreide gehe nicht in die ärmsten Regionen der Welt, sondern in die EU. Die Entwicklungsländer würden hintergangen, behauptete der russische Präsident.

Unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei hatten sich Russland und die Ukraine im Juli darauf verständigt, dass Getreidefrachter wieder sicher aus Schwarzmeer-Häfen ablegen können. Putin sagte, er wolle mit der Türkei über eine Änderung des Abkommens sprechen.

Putin verteidigt Angriff auf Ukraine

Der Staatschef verteidigte den Angriff Russlands auf die Ukraine erneut als angeblich notwendig zum Schutz seines Landes. „Ich kann sagen, dass der hauptsächliche Zugewinn die Stärkung unserer Souveränität ist – und das ist ein unweigerliches Ergebnis dessen, was gerade passiert.“ Mit Blick auf den Krieg fügte er an: „Wir haben (dadurch) nichts verloren und werden nichts verlieren.“

Er äußerte sich beim 7. Östlichen Wirtschaftsforum. Zu der Veranstaltung an der russischen Pazifikküste waren zahlreiche Staatsgäste angereist, darunter Myanmars Militärchef Min Aung Hlaing und der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan. Putin hatte vor mehr als sechs Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine angeordnet.

Vladimir Putin beim Wirtschaftsforum in Wladiwostok
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An dem Wirtschaftsforum nehmen zahlreiche Staatschefs teil

Kuleba: Sanktionen brauchen Zeit

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte sich zuvor am Dienstagabend im ZIB2-Interview zur Energiekrise und auch den westlichen Sanktionen geäußert. Zur Energiekrise sagte Kuleba, dass diese schon lange vor dem Ukraine-Krieg und den westlichen Sanktionen begonnen habe. Die Gaspreise hätten schon im November, Dezember zu steigen begonnen, denn damals habe Putin damit begonnen, den Gasmarkt zu manipulieren, um dadurch eine Energiekrise auszulösen.

Zu den westlichen Wirtschaftssanktionen meinte er, dass diese eine gewisse Zeit brauchten, um „ihre verheerende Wirkung auf die russische Wirtschaft zu entfalten“. Ein weiteres Problem sei es, dass der Westen weiterhin russisches Gas und Öl „zu künstlich überhöhten Preisen“ kaufe und Moskau dadurch Hunderte Milliarden einnehme und die „Verluste durch andere Sanktionen“ ausgleichen könne.

Ukrainischer Außenminister zu Sanktionen und Saporischschja

Die Lage um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja sorgt für große Sorgen. Und Kiew zeigt sich weiter siegessicher. Zu diesen Themen sprach der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba aus Kiew im ZIB2-Interview.

IAEA-Bericht zu Saporischschja sorgt für Wirbel

Thema des Interviews war auch der IAEA-Bericht zur Lage im von Russland besetzten ukrainischen AKW Saporischschja. Die Ukraine erwarte sich von der IAEA-Mission zunächst eine „genaue und unabhängige Bewertung der Lage“, so Kuleba. Nur eine Demilitarisierung des Kernkraftwerks könne Sicherheit vor nuklearer Strahlung bieten. Die Ukraine prüft nun nach Angaben ihres Nuklearsicherheitsbeauftragten die Option einer Abschaltung des AKW.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte die Kriegsparteien am Dienstagabend auf, sich auf eine kampffreie Zone um das gefährdete AKW zu einigen. „Russische und ukrainische Streitkräfte müssen sich verpflichten, keine militärischen Aktivitäten in Richtung des Werksgeländes oder vom Werksgelände aus durchzuführen.“

Nach der Vorstellung eines Untersuchungsberichts forderte Moskau von den internationalen Fachleuten weitere Informationen. Die IAEA sei um „zusätzliche Erläuterungen“ gebeten worden, sagte Außenminister Sergej Lawrow der Agentur Interfax am Mittwoch am Rande des Wirtschaftsforums in Wladiwostok. Details nannte er nicht.