ÖVP Generalsekretärin Laura Sachslehner
APA/Hans Punz
ÖVP

Kursfrage nach Sachslehners Rücktritt

Nicht einmal ein dreiviertel Jahr lang war Laura Sachslehner als Generalsekretärin der ÖVP im Amt. Am Samstag erklärte sie – nach unverhohlenem Infragestellen der Koalition wohl auf Drängen der Parteispitze – ihren Rücktritt. Die Art und Weise ihres Abgangs könnte für neue Unruhe in der Volkspartei sorgen, in Wien zollte man Sachslehner „Respekt“.

Sie könne den aktuellen Kurs der ÖVP in Asylfragen nicht mehr mittragen, begründete Sachslehner den Schritt in einer kurzen, aber kämpferischen „persönlichen Erklärung“. Sie vertrete die Werte der Volkspartei: Freiheit, Leistung und Sicherheit. Die Auszahlung des Klimabonus für Asylwerberinnen und -werber, die Weigerung der Grünen, über eine Rückführung von Asylwerbern in Drittstaaten zu diskutieren, und gleichzeitig Diskussionen über die Anhebung von Sozialleistungen oder Mindestsicherung zu führen, lehne sie ab.

„Ich bin der Meinung, dass wir mit diesen Maßnahmen den Weg verlassen, für den die Volkspartei steht. Meiner Meinung nach geben wir damit unsere Werte auf“, sagte sie. Mit diesen Werten habe die ÖVP Wahlen gewonnen. Sie sei überzeugt, dass die ÖVP kein Anbiedern an den Koalitionspartner oder andere Parteien brauche und dass die ÖVP durch eigene Stärke eine linke Ampelkoalition nach der nächsten Wahl verhindern müsse. „Ein Anbiedern und den Konflikten aus dem Weg zu gehen, ist da definitiv der falsche Weg“ – durchaus harte Worte Richtung Regierung.

ÖVP-Generalsekretärin Sachslehner zurückgetreten

ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner hat am Samstagvormittag ihren Rücktritt erklärt. Sachslehner hatte am Freitag einen Koalitionsstreit befeuert, weil sie dagegen ist, dass auch Asylwerberinnen und Asylwerber den Klimabonus bekommen.

Weiter auf „bürgerlichem Weg“

Auch wenn man in einer Koalition mit den Grünen sei – wenn ein Asylwerber gleich viel bekommen solle wie Österreicherinnen und Österreicher, die täglich arbeiten und ihre Steuern zahlen, „dann ist das nicht mehr meine Welt“. Deshalb ziehe sich als Generalsekretärin zurück, werde aber als Gemeinderätin und Landtagsabgeordnete der ÖVP im Gemeinderat den „bürgerlichen Weg“ weitergehen.

Zuvor hatte Sachslehner die ursprünglich von der wahlkämpfenden Tiroler Volkspartei erhobene Forderung aufgegriffen, das Gesetz zum Klimabonus so schnell wie möglich zu ändern, damit Asylwerber die Leistung nicht mehr erhalten. Nachdem Vizekanzler Werner Kogler und Umweltministerin Leonore Gewessler (beide Grüne) dem eine Absage erteilt hatten, legte sie am Freitag nach und sah „für die Volkspartei eine rote Linie überschritten“. Daraufhin musste ÖVP-Klubchef August Wöginger ausrücken. „Die ÖVP war immer pakttreu und wird es auch in diesem Fall sein“, beteuerte er. „Die nunmehrige Regelung wurde letzten Sommer vereinbart und dabei bleibt es.“

Im Umfeld der Parteispitze hieß es am Samstag, dass Sachslehners Nachfolge „zeitnah“ geregelt werden soll. Interimistisch übernimmt ihr Kogeneralsekretär Alexander Pröll, Sohn des früheren ÖVP-Obmannes und Vizekanzlers Josef Pröll.

Respektkundgebungen aus Wien

Ansonsten war aus der Bundespartei am Samstag nichts zu vernehmen – dafür aus Wien: „Respekt für Laura Sachslehner!“, schrieb der Wiener Klubobmann Markus Wölbitsch in sozialen Netzwerken. Er sei „stolz, dass sie in unserem Team“ sei und „jene Mitte-Rechts-Politik vertritt, für die wir in Wien 2020 gewählt wurden“. Und: „Daran sollten sich auch andere vielleicht wieder erinnern.“ „Da kann man nur zu 100 Prozent zustimmen“, kommentierte Stefan Trittner, Obmann der ÖVP Ottakring und neuer Sprecher des Finanzministeriums, Wölbitschs Posting. Auch der frühere Landesparteiobmann Manfred Juraczka und die Abgeordneten Bernadette Arnoldner und Caroline Hungerländer unterstützten die Aussagen.

Der Wiener Parteichef Karl Mahrer meldete sich in einer Aussendung zu Wort: „Ich danke unserer Abgeordneten zum Wiener Gemeinderat, Laura Sachslehner, für Ihren Einsatz als Generalsekretärin der Volkspartei.“ Und: „Wir haben eine klare Haltung und einen konsequenten Kurs zu den Themen Asyl und Migration. Bundeskanzler (Karl, Anm.) Nehammer und Innenminister (Gerhard, Anm.) Karner sind der Motor bei der Überzeugung anderer EU-Länder für ein konsequentes europäisches Migrationsrecht. Wir werden weiterhin sachlich und konstruktiv im Ton sein, aber konsequent in unserer Haltung.“

Karners Haltung entspricht jedoch eigentlich jener Sachslehners: Obwohl der Innenminister das Gesetz selbst im Ministerrat beschlossen hat, sprach er sich zuletzt auch gegen die Auszahlung des Klimabonus an Asylwerber aus.

Neuwahlrufe der Opposition

Die SPÖ nahm das am Samstag dankbar auf: „Karner hat wie Sachslehner gefordert, dass die ÖVP bei der Auszahlung des Klimabonus gegen die eigenen Beschlüsse stimmt, war also klar auf einer Linie gegen die eigene, türkis-grüne Politik. Es wäre eigentlich konsequent, wenn auch er seinen Hut nimmt“, so Vizeklubchef Jörg Leichtfried. „Letztendlich muss aber die ganze Regierung gehen, sie ist nur mehr mit internen Konflikten beschäftigt und handlungsunfähig. Deshalb: Neuwahlen jetzt.“

Auch für FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz sind Neuwahlen unumgänglich. FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht seinerseits Spaltungstendenzen in der Volkspartei. Der Wiener Landesparteichef Dominik Nepp lud die „vernünftigen Kräften innerhalb der Wiener ÖVP“ ein, ein Stück des Weges mit den Freiheitlichen zu gehen. Auch der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger bot „politisches Asyl“ an.