Selenskyj: Ukraine hat 6.000 Quadratkilometer zurückerobert

Die Ukraine hat nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj seit Anfang September 6.000 Quadratkilometer Land zurückerobert. „Der Vormarsch unserer Streitkräfte geht weiter“, sagte Selenskyj gestern Abend in seiner täglichen Videoansprache.

Gestern sagte der ukrainische Oberkommandierende General Walerij Saluschnyj, seine Truppen hätten in diesem Monat mehr als 3.000 Quadratkilometer zurückerobert.

Militärstratege ortet „Wendepunkt“

Der österreichische Militärstratege Berthold Sandtner sprach in der ZIB2 unterdessen von einem „Wendepunkt“. „Wenn man aber auf ein schnelles Kriegsende hofft, hofft man umsonst“, sagte der Oberst zur aktuellen Kriegssituation weiter.

Er meinte, dass die Russen vom raschen ukrainischen Vormarsch überrascht worden seien, auch weil es „keine Tiefe in der Verteidigung“ gebe und die Moral der russischen Soldaten im Schwinden begriffen sei. Deshalb sei den Russen oft nur die Flucht geblieben, erklärte Sandtner. Wie Russlands Präsident Wladimir Putin auf die neue Situation reagiere, sei noch offen, ein Atomschlag sei „hoffentlich keine Option“.

Militärstratege Sandtner im Studio

Die Ukraine treibt nach den militärischen Erfolgen ihre Gegenoffensive weiter voran. Ein Wendepunkt im Krieg? In der ZIB2 war dazu der Militärstratege Berthold Sandtner vom Bundesheer.

Blinken sieht „bedeutende Fortschritte“

US-Außenminister Antony Blinken sprach angesichts der ukrainischen Offensive von „bedeutenden Fortschritten“ vor allem im Nordosten des Landes. Diese seien vor allem „ein Ergebnis des außerordentlichen Mutes und der Widerstandsfähigkeit der ukrainischen Streitkräfte und des ukrainischen Volkes“. Es sei aber zu früh, um ein genaues Ergebnis der Gegenoffensive vorherzusehen. Russland verfüge weiterhin über „beträchtliche Kräfte“ in der Ukraine sowie Ausrüstung, Waffen und Munition.

Suche nach Kollaborateuren

Die ukrainischen Truppen durchkämmen die zurückeroberten Gebiete im Osten unterdessen nach Kollaborateuren der russischen Besatzungsmacht. Außerdem würden Minen geräumt, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht gestern Abend mit. Er machte keine weiteren Angaben zum Vordringen der Ukrainer, die die russischen Truppen im Gebiet Charkiw weitgehend in die Flucht geschlagen haben.

Fotos zeigten ukrainische Soldaten gestern in Sjwatohirsk im Gebiet Donezk. Eine Bestätigung für die Einnahme der Stadt mit einem wichtigen orthodoxen Kloster gab es nicht.

Kämpfe entlang fast gesamter Front im Osten

Der ukrainische Generalstab berichtete von Kämpfen entlang fast der gesamten Front im Osten. Aus der Feindbeobachtung über die Front hinweg meldete der Kiewer Generalstab, dass Russland keine neu zusammengestellten Truppen mehr in die Ukraine entsende. Als Grund wurde genannt, dass viele Freiwillige unter dem Eindruck hoher Totenzahlen einen Einsatz in der Ukraine verweigerten. Dafür gab es keine russische Bestätigung.

US-Vertreter: Viele russische Soldaten verlassen Ukraine

Viele der russischen Soldaten, die sich auf dem Rückzug aus dem Großraum Charkiw befinden, verließen nach Einschätzung der US-Armee die Ukraine. Große Teile dieser Truppen hätten die Grenze überquert und seien nach Russland zurückgekehrt, sagte ein hochrangiger US-Militärvertreter. Zahlen nannte der US-Vertreter nicht.