Abgeholzter Wald im Amazonasgebiet
AP/Leo Correa
Gegen Abholzung

EU-Parlament stimmt für Importverbot

Diese Woche geht es im Europäischen Parlament um einige entscheidende Positionen zum Schutz der Wälder Europas. In einer ersten Abstimmung hat das EU-Parlament am Dienstag für ein Importverbot von Waren gestimmt, für die im großen Stil abgeholzt wird. Ob und wie weit Energie aus Holz als nachhaltig gesehen werden soll, wird am Mittwoch entschieden. Wobei die neue Richtlinie bereits jetzt stark polarisiert – auch in Österreich.

Mit 453 Stimmen bei 57 Gegenstimmen und 123 Enthaltungen stimmte eine große Mehrheit der Abgeordneten am Dienstag dafür, dass Unternehmen entsprechende Sorgfaltspflichten auferlegt werden. Derzeit könnten Verbraucherinnen und Verbraucher nicht sagen, ob sie mit dem Kauf eines Produkts zur Entwaldung beitragen oder nicht, sagte die SPD-Abgeordnete Delara Burkhardt vor der Abstimmung.

Wälder würden im großen Stil abgeholzt und durch Brandrodung zerstört, um Platz für die Produktion von Waren wie Palmöl, Soja, Kakao, Kaffee, Fleisch und Leder zu schaffen. Ihre grüne Amtskollegin Anna Cavazzini betonte, dass im Amazonas-Gebiet bereits in der ersten Hälfte dieses Jahres wieder Rekorde an entwaldeter Fläche zu verzeichnen gewesen seien.

EU: Zukunft von Holz ungewiss

Gut 3.500 Heizkraftwerke laufen in Österreich mit Biomasse, also Großteils mit Holz. Doch wenn es nach dem Umweltausschuss im EU-Parlament geht, soll der Großteil der verwendeten Biomasse nicht mehr als erneuerbare Energieform anerkannt werden.

Indigene forderten umfassendere Regeln

Das verschlimmere die Klimakrise, da Entwaldung allein für elf Prozent der menschengemachten Treibhausgasemissionen verantwortlich sei. Dazu trage der Konsum in Europa maßgeblich bei. Neben Klimaschäden seien auch Menschenrechtsverletzungen gegen Indigene zu beklagen.

Vor der Abstimmung hatte eine Gruppe indigener Menschen aus Südamerika beklagt, dass die Regeln nicht weit genug gingen. So sei zwar beispielsweise der Amazonas geschützt, andere Ökosysteme aber nicht, da diese nicht unter die im Gesetz vorgesehene Definition von Wald fielen. Sie befürchten, dass sich Umweltzerstörung und Gewalt gegen Indigene in andere Gebiete verlagert.

Parlament will Sorgfaltspflicht für mehr Waren

Damit die Regeln in Kraft treten können, müssen sich die EU-Staaten und das Parlament noch auf einen Kompromiss einigen. Dieser Prozess dauert oft mehrere Monate. Die EU-Staaten hatten sich bereits im Juni auf ihre Position geeinigt.

Während die Länder die Regeln auf Waren wie unter anderem Palmöl, Rindfleisch, Kaffee und Leder anwenden wollen, will das Parlament mehr Waren – unter anderem auch Schweinefleisch, Geflügel, Mais, Kautschuk und Holzkohle – einbeziehen. Sollte die Verordnung in Kraft treten, sind Unternehmen dafür verantwortlich, dass ihre Produkte entsprechend kontrolliert werden. Deshalb sollen die Produkte ein halbes Jahr nach In-Kraft-Treten der Verordnung in geringes, normales und hohes Risiko eingeteilt werden.

Ein Kaffeebauer in Zimbabwe
Reuters/Philimon Bulawayo
Der Konsum der EU ist laut Kommission für 16 Prozent der weltweit durch Import verursachten Entwaldung verantwortlich

Zudem soll der Stichtag, ab dem keine Wälder abgeholzt werden dürfen, Ende 2019 liegen und damit ein Jahr früher als im Kommissionsvorschlag vorgesehen. Nach Inkrafttreten der Verordnung dürften keine der betroffenen Produktgruppen mehr auf den EU-Markt gelangen, wenn sie auf Flächen hergestellt wurden, die nach Ende 2019 der Entwaldung oder Waldschädigung zum Opfer gefallen sind.

Auch EU-Waldstrategie abgestimmt

Auch die Position des Europäischen Parlaments zur EU-Waldstrategie wurde abgestimmt. Der Berichtsentwurf betont die multifunktionale Rolle der Wälder, die den Klimawandel abmildern und gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen würden.

Angesichts der vielfältigen Wälder und Klimabedingungen in der EU sollte die Waldbewirtschaftung auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene und in Zusammenarbeit mit den Waldbesitzern entwickelt werden, so die Abgeordneten. Die Grünen haben jedoch aufgrund von „Abschwächungen“ im Bericht zur Waldstrategie dagegen gestimmt.

DAs EU-Parlament während einer Sitzung
APA/AFP/Frederick Florin
Mit ihrer Entscheidung legen die Abgeordneten ihre Position für Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten fest

„Die Kommission und auch das Europäische Parlament haben das Problem erkannt: Der Wald muss geschützt werden“, so Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen und Schattenberichterstatter für die EU-Waldstrategie, in einer Aussendung. Eine Lobby aus Forstwirtschaft und nordischen Mitgliedsstaaten habe dafür gesorgt, dass es keine Vorschläge zur naturnahen und biodiversitätsnahen Waldwirtschaft gebe: „Dieser Bericht ist damit mutlos.“

Hitzige Debatte um weitere Abstimmung

Als weitere Maßnahme eines umfassenden Wälderschutzpaktes stimmt das EU-Parlament am Mittwoch auch über die Erneuerbare-Energie-Richtlinie (RED III) ab, die Änderungen bei der Einstufung von Holz als nachhaltiger Energiequelle und damit der Nutzung zum Heizen vorsieht. Die überarbeitete Richtlinie sorgte jedoch bereits im Vorfeld für Aufruhr bei heimischen Forst- und Biomassevertretern – denn wenn Bäume direkt aus dem Wald zu Brennholz verarbeitet werden, könnte das bald nicht mehr als erneuerbar gelten.

Damit würde es nicht mehr gefördert, und die Energieversorgung aus Primärbiomasse könnte sogar gänzlich zurückgebaut werden, so die Befürchtung. „Dies würde das heimische Erfolgsmodell der regionalen Wärmeversorgung beenden, obwohl diese zuletzt im Gegensatz zu Strom und Gas kaum teurer wurde“, so Bioenergieberater und Biomasse-Vizepräsident Christian Metschina laut der „Kleinen Zeitung“.

Umgeschnittene Bäume in einem Wald
ORF.at/Christian Öser
Laut der Erneuerbare-Energie-Richtlinie soll Holz hauptsächlich stofflich genutzt und weniger verheizt werden

„Wir sind strikt gegen diese Richtlinie. Das ist eine umweltpolitische Bankrotterklärung. Das ist unfassbar, es fehlt jeglicher Hausverstand“, erklärte auch der Präsident der Landwirtschaftskammer (LK) Steiermark, Franz Titschenbacher, in einer Aussendung. „Das Vorgehen der EU ist völlig verrückt. Aufgrund der Sanktionen gegen Russland ist die Energieversorgung der EU-Staaten ohnehin massiv angespannt“, kritisierte auch der Kärntner FPÖ-Obmann Erwin Angerer potenzielle Verbote und Förderentzüge.

Thunberg: „Müssen weg von heutiger Forstwirtschaft“

Die Neuregelung solle verhindern, dass mit EU-Geld ganze Waldstriche verheizt werden, beschwichtigte jedoch der österreichische EU-Abgeordnete Waitz laut der „Kleinen Zeitung“. „Nahwärmeheizwerke können in Österreich weiter gebaut werden, nur eben nicht mit EU-Geld gefördert.“

Die Gründerin der „Fridays for Future“-Umweltbewegung Greta Thunberg hatte im Vorfeld in einem Artikel des „Guardian“ an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier appelliert, Energiegewinnung aus Holz künftig nicht mehr als nachhaltig zu deklarieren. „Wir müssen uns eindeutig auf eine ökosystembasierte Forstwirtschaft zubewegen und weg vom heutigen Forstwirtschaftsmodell, das Durchforstung, Kahlschlag und die Anpflanzung von industriellen Baumbeständen bedeutet“, so die Aufforderung.