Der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping
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Treffen in Usbekistan

Putin sieht Xi auf seiner Seite

Mitten in den Spannungen mit den USA und dem Westen suchen Russland und China den Schulterschluss. Erstmals seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine kam es am Donnerstag zu einem persönlichen Treffen von Russlands Präsident Wladimir Putin und dessen chinesischem Amtskollegen Xi Jinping. Die beiden Staatschefs trafen einander im usbekischen Samarkand am Rande des zweitägigen Gipfels der von Russland und China angeführten Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO).

Im Fokus von Putins Gespräch mit Xi standen der Ukraine-Krieg und die Taiwan-Frage. Putin dankte China bei dem Treffen im usbekischen Samarkand für die „ausgeglichene Position“, die Peking im Ukraine-Krieg einnehme. Zugleich verurteilte Putin politische Bestrebungen, eine „unipolare Welt“ zu schaffen. Diese Bestrebungen hätten „eine absolut hässliche Form“ angenommen und seien „völlig inakzeptabel“, sagte Putin.

Mit Blick auf den Taiwan-Konflikt sagte Putin, Russland unterstütze die „Ein-China-Politik“ Pekings und lehne die westlichen „Provokationen“ ab. Putin spielte damit auf die Spannungen zwischen den USA und China an, die nach dem Taiwan-Besuch der Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, zugenommen haben. China betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als Teil seines Territoriums und geht gegen Länder vor, die Beziehungen zu der Inselrepublik unterhalten.

Der chinesische Präsident Xi Jinping, Russlands Präsident Wladimir Putin und der Präsident der Mongolei Ukhnaa Khurelsukh in Samarkand
Reuters/Sputnik
Gipfelgäste Xi, Putin und der mongolische Präsident Ukhnaa Khurelsukh

„Alter Freund“

Bei dem Treffen mit Xi sagte Putin weiter, er erhoffe sich einen neuen Impuls zur Vertiefung der russisch-chinesischen Partnerschaft. Xi nannte Putin einen „alten Freund“ und kündigte an, China werde mit Russland zusammenarbeiten, um „Stabilität und positive Energie in eine chaotische Welt“ zu bringen. Sein Land sei bereit, mit Russland die Rolle einer „Großmacht“ auszufüllen. Ungeachtet der internationalen Empörung über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gibt Xi dem russischen Präsidenten somit weiter politisch Rückendeckung.

China hatte bereits zuvor die russische Argumentation übernommen und die USA und die NATO als die Hauptschuldigen in dem Konflikt dargestellt. China verurteilt nicht nur die Sanktionen des Westens gegen Russland, sondern zeigt auch weiter Verständnis für das Vorgehen Putins.

Die beiden Präsidenten hatten einander zuletzt kurz vor Beginn des Krieges zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele Anfang Februar in Peking getroffen und ihre „grenzenlose“ Freundschaft beschworen. China gibt Russland seither Rückendeckung und stellt die USA und die NATO als Hauptschuldige des Krieges dar. Xi setzt auf die Partnerschaft mit Putin, um in den wachsenden Spannungen mit dem Rivalen USA gemeinsam Front gegen den Westen zu machen.

Lukaschenko dankt China

Auch der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko dankte China für seine Unterstützung in „schwierigen Zeiten“. China sei für Belarus immer ein „stabiler und zuverlässiger“ Freund gewesen, sagte Lukaschenko laut Berichten belarussischer Staatsmedien bei einem Treffen mit Xi am Rande des Gipfels in Usbekistan.

Lukaschenko sagte laut der staatlichen Nachrichtenagentur Belta bei dem Treffen mit Xi, Belarus habe China immer in prinzipiellen Anliegen unterstützt. Dazu zählte er das Wirtschaftswachstum und die staatliche Einheit Chinas. „Wir sind zuverlässige Freunde, was immer uns das kostet“, so Lukaschenko.

Belarus wurde vom Westen mit Sanktionen belegt, weil das Land im Februar als Ausgangsbasis für den russischen Militäreinsatz in der Ukraine diente und Lukaschenko Oppositionsproteste nach der Wahl im Sommer 2020 gewaltsam niederschlagen lassen hatte.

Erste Auslandsreise von Xi seit Pandemiebeginn

Chinas Präsident Xi Jinping bei der Ankunkt am Flughafen
AP/Xinhua/Yao Dawei
Erstmals seit über zweieinhalb Jahren ist Xi wieder auf Auslandsreise. Erste Station war am Mittwoch Kasachstan.

Für Xi ist es die erste Auslandsreise seit mehr als zweieinhalb Jahren. Wegen der Coronavirus-Pandemie hatte er die Volksrepublik nicht mehr verlassen und auch in Peking kaum ausländische Staatsgäste empfangen. Vor seiner Ankunft in Samarkand wurde Xi am Mittwoch in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan von Kasachstans Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew (r.) empfangen.

Während China die russische Argumentation unterstützt, fordert es gleichzeitig „alle Beteiligten“ zur Einstellung der Feindseligkeiten auf. Die chinesische Seite vermeidet Verstöße gegen internationale Sanktionen, um nicht selbst zur Zielscheibe von Strafmaßnahmen zu werden. Gleichwohl hat der Handel zwischen beiden Ländern stark zugenommen. Chinesische Produkte füllen sanktionsbedingte Marktlücken in Russland. Auch bezieht China mehr Energie, seit der Westen russische Lieferungen boykottiert.

Kritik aus USA: China hat Wahl zu treffen

Kritik an dem Treffen kam von den USA: „Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für ‚business as usual‘ mit Herrn Putin angesichts dessen, was er in der Ukraine tut“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Donnerstag dem Sender CNN. „Die ganze Welt sollte sich gegen das, was Herr Putin tut, auflehnen.“

Kirby mahnte: „China hat eine Wahl zu treffen.“ Die chinesische Regierung habe sich klar dafür entschieden, den Krieg in der Ukraine nicht zu verurteilen. China habe allerdings auch nicht gegen die Sanktionen verstoßen, die gegen Russland verhängt worden seien, und China habe Putin bisher ebenso wenig „direkte materielle Unterstützung“ zukommen lassen. Es bleibe abzuwarten, ob Xi sich dazu entscheide, tatsächlich etwas Materielles für Russland zu tun.

Kirby sagte weiter, das Treffen der beiden Präsidenten sei vor allem wichtig für den Kreml-Chef, „denn Herr Putin steht in der Ukraine unter großem Druck und Stress“. Seine Armee sei in keinem guten Zustand, sagte Kirby mit Blick auf die jüngsten militärischen Erfolge der Ukraine in dem Konflikt. Für den Kreml sei es daher sicher von Vorteil, an China heranzurücken.

Teheran vor schneller SCO-Aufnahme

Die derzeit acht Staaten umfassende Gruppe unter Führung Chinas und Russlands hat sich Sicherheit und Zusammenarbeit auf die Fahnen geschrieben und will eine Alternative zu der aus ihrer Sicht westlich dominierten Weltordnung schaffen. Die SCO-Gruppe wurde 2001 von China und Russland ins Leben gerufen. Zudem gehören Indien, Kasachstan, Kirgistan, Pakistan, Tadschikistan und Usbekistan der Gruppe an. All diese Staaten spielen eine wichtige Rolle in Chinas gigantischem Infrastrukturprojekt, der „Belt and Road Initiative“ (BRI) – auch bekannt als „Neue Seidenstraße“.

Der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in Samarkand
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Raisi beim Treffen mit Putin in Smarkand

Als neuntes Mitglied soll nun der Iran aufgenommen werden, der bisher Beobachterstatus hatte. Putin kündigte am Donnerstag nach einem Treffen mit seinem iranischen Amtskollegen Ebrahim Raisi in Smarkand an, „alles“ zu tun, um den Iran als ständiges Mitglied zu integrieren. Raisi betonte, die Zusammenarbeit zwischen beiden von den USA sanktionierten Ländern werde diese „stärker“ machen.

Mehrere SCO-Mitglieder wollten bisher kein Land in ihren Reihen haben, das internationalen Sanktionen unterliegt – etwas, das nun jedoch auch für Russland gilt. Thema in Usbekistan ist schließlich auch die Aufnahme von Belarus, das wie die Mongolei Beobachterstatus hat. Als Partner eingestuft sind zudem Armenien, Aserbaidschan, Kambodscha, Nepal, Sri Lanka und die Türkei.

Treffen auch mit Modi und Erdogan

Für Putin ist der Gipfel mit insgesamt 15 Staats- und Regierungschefs aus Imagegründen wichtig. Die Bilder von dem Treffen sollen aus russischer Sicht demonstrieren, dass das Land nach dem Einmarsch in die Ukraine international nicht isoliert ist. Neben dem Gespräch mit Raisi stand am Donnerstag auch ein Treffen mit dem pakistanischen Premierminister Shehbaz Sharif auf der Agenda.

Am Freitag will Putin zudem mit Indiens Premierminister Narendra Modi und mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zusammenkommen. Mit Erdogan will Putin über die Umsetzung des Getreideabkommens sprechen. Die Türkei ist Vermittler in dem Deal, der die ukrainischen Seehäfen nach monatelanger russischer Seeblockade entsperrt hat.

Lawrow bei UNO-Generalversammlung

Bei der anstehenden UNO-Generalversammlung in New York wird Russland indes von Außenminister Sergej Lawrow vertreten. Neben seinem Auftritt bei der Versammlung selbst plane Lawrow am Rande der Veranstaltung auch rund zwei Dutzend bilaterale Treffen mit anderen Politikern, sagte seine Sprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag in Moskau.

Bereits vor rund einem Monat hatte die russische Seite angekündigt, dass Putin in diesem Jahr auf eine Rede in New York verzichte und die eigene Delegation stattdessen von Lawrow angeführt werde. Weiter mit Spannung erwartet wird, ob Putin am G-20-Gipfel im November in Indonesien persönlich teilnehmen wird.

Russland sieht sich angesichts des vor mehr als einem halben Jahr begonnenen Krieges gegen die Ukraine international unter Druck. Die Vereinten Nationen hatten den russischen Angriff schon kurz nach Kriegsbeginn in einer Dringlichkeitssitzung verurteilt. Bei der Generalversammlung in der kommenden Woche soll auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj – höchstwahrscheinlich per Videozuschaltung – auftreten.