Szene des Spiels „Return to Monkey Island“
Devolver Digital
Affen, Piraten, Grog

Zurück nach „Monkey Island“

Mit Dreitagebart meldet sich der bekannteste Pirat der Videospielgeschichte zurück: „Return to Monkey Island“ ist die langersehnte Fortsetzung der Kultreihe rund um Guybrush Threepwood, der nun endlich das Geheimnis der Affeninsel lüften will. Von großem Hype begleitet, steht das Spiel vor einem Spagat: Fans des ersten Teils aus dem Jahr 1990 sollen ebenso erreicht werden wie Generationen neuer Gamerinnen und Gamer.

32 Jahre ist es her, dass der Protagonist der Reihe – damals noch ohne Bart – ankündigte: „Mein Name ist Guybrush Threepwood und ich will Pirat werden!“ Seine Abenteuer prägten eine ganze Generation von Spielern der frühen 90er Jahre, Sprüche wie „Du kämpfst wie eine Kuh“ und „Hinter dir, ein dreiköpfiger Affe“ sind auch drei Jahrzehnte später nicht nur unter Spielern geläufige Running Gags. Auch die – fiktiven – Zutaten des Piratengetränks Grog („Kerosin, Batteriesäure, rote Farbe, Schmierfett …“) haben sich in das kollektive Gaming-Gedächtnis eingebrannt.

Zahlreiche, teils absurde Rätsel müssen damals wie heute gelöst werden, um die Geschichte rund um den Möchtegern-Haudegen und seinen Rivalen, Geisterpirat LeChuck, aufzudecken. Die „Monkey Island“-Reihe ist dabei der bekannteste Vertreter der „Point and click“-Abenteuer – benannt nach der damals für viele Haushalte noch recht neuen Computermaus, mit der man eben zeigen und klicken konnte, um Rätsel zu lösen.

Szene des Spiels „Return to Monkey Island“
Devolver Digital
Mit Bartschatten verschlägt es den Protagonisten Guybrush (re.) noch einmal auf Melee Island, jene Insel, auf der alles begann

Bis 2000 erschienen vier Teile der Reihe – zu diesem Zeitpunkt war die „Point and click“-Ära eigentlich längst zu Ende. 2009 kam es zu einem kurzen Revival, das auch einen neuen „Monkey Island“-Teil hervorbrachte – doch seither war es still um die Serie geworden. Umso größer war die Überraschung heuer, als am 1. April ein neuer „Monkey Island“-Teil vorgestellt wurde.

Ankündigung am 1. April sorgte für Euphorie

Die Ankündigung von Erfinder Ron Gilbert war kein Scherz – rechtzeitig zum internationalen „Sprich wie ein Pirat“-Tag am Montag ist das sechste Spiel der Reihe, „Return to Monkey Island“, jetzt erhältlich. Mit dabei sind alte Bekannte, ein paar neue Gesichter und, wie man bereits den Trailern zu dem Spiel entnehmen konnte, viele Insiderwitze gepaart mit einer großen Portion Nostalgie.

Szene des Spiels „Return to Monkey Island“
Devolver Digital
Der neue optische Stil von „Return to Monkey Island“ wurde im Internet heftig diskutiert

Ob diese Rechnung aufgeht, muss sich erst zeigen – erste Rezensionen internationaler Spielemedien fielen aber durchwegs positiv aus. Dabei zeigte sich nach der anfänglichen Euphorie im April schnell, dass es nicht leicht würde, Fans aus drei Jahrzehnten und im Idealfall neues Publikum gleichermaßen zufriedenzustellen. Pixel-Puristen störten sich etwa am neuen Grafikstil – die ungehaltene Kritik der „Fans“ verärgerte Gilbert, der daraufhin keine Hintergrundinfos mehr im Netz teilte.

Zusammenstoß der Gamer-Generationen

Und auch sonst war schon im Vorfeld ein Zusammenstoß der Generationen spürbar: Denn Abenteuerspiele haben sich seit den 90ern ganz grundlegend geändert. Damals stachen viele Spiele durch ihre exorbitant komplizierten Rätsel hervor. Fans meinen, dass diese eben „unkonventionelles Denken“ erfordern, frustrierte Spieler der 90er Jahre befinden, dass die Grenze zum Absurden oft überschritten wurde – und das zum Niedergang des Genres beigetragen habe.

Die künstlichen Hindernisse dienten damals nämlich auch dem Zweck, die Spieldauer deutlich zu verlängern – ohne den Rahmen der 1,44 Megabyte fassenden Disketten zu sprengen. Heute braucht es diese Einschränkungen nicht mehr: Der überwiegende Teil der Spiele legt einen stärkeren Fokus auf die Story als auf die Rätsel.

Szene des Spiels „Return to Monkey Island“
Devolver Digital
Melee Island, jene Insel, auf der auch der erste Teil spielt, wurde für „Return to Monkey Island“ optisch aufgeputzt

Für „Point and click“-Revivalversuche hat sich in der Vergangenheit damit die Situation ergeben, dass man entweder alte Anhänger zufriedenstellen oder neue Fans gewinnen konnte, beides gelang selten. „Return to Monkey Island“ verspricht, mit neuen Entwicklungen mitzuhalten, gleichzeitig aber auch nicht auf richtige Kopfnüsse zu verzichten. Als Kompromiss gibt es ein virtuelles Buch mit Tipps – das die Spielerinnen und Spieler auch davon abhalten soll, nach Lösungen zu googeln und sich damit den Spielspaß zu verderben.

Monkey Island 6 oder „3a“?

Ebenfalls heiß diskutiert wurde im Vorfeld die Frage, ob „Return to Monkey Island“ jetzt eigentlich der sechste Teil der Reihe ist oder nicht: Denn Entwickler Gilbert hat das „Monkey Island“-Team nach Teil zwei verlassen und hätte eigentlich andere Pläne für den dritten Teil und darüber hinaus gehabt. In einem Blogbeitrag schrieb Gilbert einst, dass alle Spiele nach dem zweiten Teil nicht „in meinem Universum existieren“ und er daher ein „Monkey Island 3a“ entwickeln werde.

Szene des Spiels „Return to Monkey Island“
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Auch einige neue Gesichter gibt es im sechsten „Monkey Island“-Spiel

„Natürlich würde ich trotzdem gute Ideen und Charaktere aus den anderen Teilen stehlen“, hieß es darin weiter – und tatsächlich ging es für „Return to Monkey Island“ ganz offensichtlich in diese Richtung. So ist etwa der sprechende Totenkopf Murray vertreten, der erst im dritten Teil das erste Mal auf dem Bildschirm zu sehen war.

Neuer Teil als Disney-Märchen

Diskussionen über Details unter Fans werden wohl mit der nunmehrigen Veröffentlichung erst so richtig losgehen – dabei gilt die Veröffentlichung eines neuen „Monkey Island“-Teils eigentlich als Wunder. Die Reihe wurde nämlich ursprünglich vom „Star Wars“-Studio Lucasfilm herausgegeben, das 2012 von Disney gekauft wurde. Ausgerechnet Disney spielt jedoch eine ganz wesentliche Rolle für „Monkey Island“ – denn die Idee für das Spiel stammt eigentlich aus einem der Vergnügungsparks. Dort gab es bereits in den späten 60ern, und damit Jahrzehnte vor den Filmen, eine „Fluch der Karibik“-Attraktion – inklusive Inselidyll und Geisterpiraten.

Der Entwickler Gilbert formulierte den Grundgedanken seines Spiels so: „Ich will in der ‚Fluch der Karibik‘-Attraktion leben“, wie er in einem Interview im Jahr 2012 sagte. Zumindest einige Momente in der Spielereihe sind auch ganz offensichtlich von der Disney-Attraktion inspiriert. Parallelen zwischen der Vergnügungsparkattraktion, den Filmen und „Monkey Island“ gibt es jedenfalls einige – lange wurde erwartet, dass allein deswegen Disney keinen neuen Teil der Reihe herausbringen will.

Letztlich konnte der neue Verleger Devolver Digital sich aber mit Disney einigen – und landete damit einen Coup. Mit der Veröffentlichung wird nun wohl unvermeidlich einmal mehr die Diskussion darüber, ob Abenteuerspiele nicht schon längst tot sind, losbrechen. Doch nicht zuletzt viele ältere Spielerinnen und Spieler werden sich über die Rückkehr der Kultreihe freuen – und damit vielleicht schon die nächste Gamer-Generation für den Charme des „Point and click“-Abenteuers begeistern.