Stahlproduktion
voestalpine AG
Herbstlohnrunde

Metaller fordern 10,6 Prozent mehr Lohn

Mit der Forderung nach 10,6 Prozent mehr Lohn sind die Metaller am Montag in die Herbstlohnrunde gestartet. Es geht um rund 200.000 Beschäftigte und Lehrlinge, die Metaller haben oft Vorbildwirkung für die folgenden Lohnrunden. Die Industrie lehnt den Vorstoß nach einem Reallohnzuwachs entschieden ab.

Das Verhandlungsteam der Gewerkschaften PRO-GE und GPA fordert neben kräftigen Lohn- und Gehaltserhöhungen eine deutliche Anhebung der Lehrlingseinkommen, die Einführung eines Zuschlags für Samstagsarbeit, die Anhebung des Überstundenzuschlages für die zehnte Arbeitsstunde und eine leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche. Die Forderungen wurde am Montag an die Arbeitgeber überreicht.

„Es geht jetzt auch darum, die Kaufkraft der Menschen zu stärken. Die Gewerkschaften werden keinen Reallohnverlust zulassen. 10,6 Prozent mehr sind daher eine richtige Forderung“, so GPA-Verhandler Karl Dürtscher. „Es braucht hier keinen Zauberstab“, meinte er. Die Gewerkschaften rechneten vor: Die Produktion stieg 2021 im Vergleich zum Vor-CoV-Jahr 2019 um fünf Milliarden Euro. Das erste Halbjahr 2022 verlief noch einmal besser als im Vorjahreszeitraum.

Start der Metaller-KV-Verhandlungen
APA/Helmut Fohringer
Die Stimmung war zumindest am Anfang offenbar freundlich

Ausgangsbasis ist die zurückliegende Jahresinflation von 6,3 Prozent. Die Gewerkschaften führen ein für heuer prognostiziertes Plus beim BIP von 4,3 Prozent an. Im Ö1-Morgenjournal sagte Chefverhandler Rainer Wimmer von PRO-GE, man fordere einen Reallohnzuwachs, denn „alles andere ist für uns undenkbar“. Im Vorjahr schloss die Metallindustrie bei einem Lohn- und Gehaltsplus von drei bis 3,55 Prozent ab.

Statement von Wimmer (PRO-GE) und Dürtscher (GPA)

Industrie: „Unvernünftig und überzogen“

Christian Knill von der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer (WKO) ließ im Vorfeld wissen, dass die Arbeitgeber nicht alles schultern könnten, was die Teuerung mit sich bringe. Der Staat habe bereits entlastet, das müsse in die Verhandlungen fließen – das lehnen aber die Arbeitnehmervertreter ab. Nach der Übergabe der Forderungen erklärte Knill diese für „unvernünftig und überzogen“.

Es gehe nicht allen 1.200 Betrieben der Branche gut, es gebe nicht nur hohe Energiepreise, sondern weiterhin hohe Materialpreise. Ein Drittel mache gar keine Gewinne, so Knill, die Branche stehe vor einer Rezession. Eine Arbeitszeitverkürzung lehne man ab, offen zeigte sich Knill aber für Einmalzahlungen. Diese steuerbefreite Möglichkeit nicht zu nützen wäre „ein Schwachsinn“, sagte der Obmann des Fachverbandes der Metalltechnischen Industrie (FMTI). Wimmer hatte vor der Forderungsübergabe Einmalzahlungen als nicht nachhaltig und als keinen ausreichenden Ausgleich für die aktuelle Inflationsrate bezeichnet.

Statement von Fachverbandsobmann Knill

Neben der Metalltechnischen Industrie mit ihren rund 130.000 Beschäftigten werden auch die Kollektivverträge der anderen Branchen der Metallindustrie verhandelt, sie betreffen rund 70.000 Arbeitnehmer. Hier waren die Abschlüsse in der Vergangenheit gleich hoch wie beim FMTI. Ähnlich verhält es sich bei den Löhnen und Gehältern des Metallgewerbes, über die in wenigen Wochen verhandelt wird. Laut Knill gibt es Termine für die Verhandlungen, man werde nun versuchen, eine Lösung, die für beide Seiten passt, zu finden.

Grafik zu Metallerabschlüssen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Kocher wünscht sich „Balance“

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher wünschte sich am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ eine Balance bei den Verhandlungen. Man müsse die Kaufkraftstabilität bewahren und gleichzeitig die gesamtwirtschaftliche Lage berücksichtigen und dürfe die Inflation nicht weiter anheizen. Dafür habe die Regierung mit dem Antiteuerungspaket eine Reihe von Signalen an die Verhandler gesandt. Kocher appellierte zudem an die Solidarität, „aber auch natürlich den Populismus etwas hintan(zu)stellen“.

Kocher zu den Lohnverhandlungen

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher wünscht sich bei den Lohnverhandlungen eine ausgeglichene Balance, wie er in der „Pressestunde“ sagte

Er erwarte einen höheren Abschluss als in den vergangenen Jahren, als aufgrund der Pandemie die Verhandlungen konziliant und schnell über die Bühne gingen. Die Frage sei aber „natürlich auch: Wie hoch kann das gehen? Die Unternehmen sind aufgrund der schwierigen Lage natürlich auch durch die massiven Preisanstiege, gerade bei Energie, bei Energieversorgern betroffen. Das heißt, wenn die Preise und die Löhne zu stark nach oben gehen, dann kommen Schwierigkeiten, und Unternehmen können am Markt nicht bestehen“, so Kocher.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian während einer Demonstration des ÖGB
APA/Photonews.at/George Schneider
Am Samstag rief der ÖGB zu bundesweiten Demos auf

Van der Bellen unterstützte Demos

Im Vorfeld der Forderungsübergabe hatte der ÖGB für Samstag bundesweit zu Demonstrationen aufgerufen. Gefordert wurden nicht nur höhere Löhne, sondern auch Maßnahmen gegen die Inflation sowie eine Übergewinnsteuer. Laut ÖGB-Angaben nahmen österreichweit 32.000 Menschen an der Demo teil, laut inoffiziellen Polizeizahlen waren es 12.000.

Der ÖGB bekam zu den Großdemonstrationen Unterstützung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen: Er unterstütze die Anliegen der Kundgebungen, schrieb er auf Twitter. Die grassierende Teuerung und ihre Folgen setzten viele Arbeitnehmer stark unter Druck. „So wie wir als Gemeinschaft regulierend in die Energiepreise eingreifen, müssen wir auch eine soziale Absicherung gegen die Teuerung schaffen.“ Die FPÖ warf Van der Bellen per Aussendung Heuchelei vor.

Am Montag starten auch die Kollektivvertragsverhandlungen des privaten Gesundheits- und Sozialbereichs mit rund 130.000 Beschäftigten. Die letzten Verhandlungen fanden 2020 statt, damals wurde die generelle 37-Stunden-Woche in der Branche eingeführt.