Person in Fabrik geht im Gang
APA/Hans Klaus Techt
Energiekosten

Ringen um Hilfen für Betriebe

Angesichts der stark steigenden Energiepreise werden die Rufe aus der Wirtschaft nach staatlicher Hilfe lauter. Die Regierung arbeitet bereits an einem Energiekostenzuschuss für Betriebe. Über Details werde verhandelt, sagte ÖVP-Wirtschafts- und -Arbeitsminister Martin Kocher am Dienstag. Laut einem „Kurier“-Bericht gibt es bei den koalitionsinternen Gesprächen noch einige strittige Punkte.

Noch liege Österreichs Wirtschaftswachstum über dem EU-Schnitt und auch der wöchentliche Wirtschaftsindikator liege höher als in der gleichen Woche des Vorjahres, sagte Kocher am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Die aktuellen Preisanstiege für Energie seien aber für Haushalte wie auch für Unternehmen „bedrohlich“, so der Minister.

Darum werde nun an einem Energiekostenzuschuss für Unternehmen gearbeitet. Dieser werde aufgrund von EU-Regeln für „energieintensive Unternehmen“ kommen, deren Energiekosten mehr als drei Prozent des Umsatzes ausmachen. Die Höhe der Förderung wird am Anstieg der Energiekosten anknüpfen. Kocher geht von „Zehntausenden“ Unternehmen aus, die davon profitieren werden – von produzierenden über Verkehrsunternehmen bis zu beispielsweise einem Hotel mit Sauna sei ein breites Empfängerfeld denkbar.

Auszahlung noch in diesem Jahr

Bereits am Montag hatte Kocher eine Auszahlung noch in diesem Jahr in Aussicht gestellt. Der damit verbundene Prozess der Antragstellung und der Auszahlung soll „so unbürokratisch wie möglich“ vonstattengehen, betonte Kocher bei einem Pressetermin in Tirol.

Energiekostenzuschuss für Unternehmen

ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher hat angekündigt, dass Unternehmen, die sehr energieintensiv produzieren, einen Energiekostenzuschuss bekommen sollen. Nun befürchtet der Handel, gegenüber der Industrie im Nachteil zu sein.

Man sei sich der aktuellen Situation bewusst, und die Richtlinien des im Juli im Rahmen eines Entlastungspakets beschlossenen Zuschusses „sind demnächst fertig“, versprach er. „Nach der Finalisierung gehen die Richtlinien an die Europäische Kommission“, so der Minister. „Im Oktober soll es schließlich eine Antragsmöglichkeit für Unternehmen geben, die mindestens drei Prozent ihres Umsatzes für Energiekosten aufwenden müssen“, so Kocher. Etwa eine Milliarde wolle man dafür in die Hand nehmen.

„Kurier“: Grüne stellen Forderungen auf

Laut „Kurier“ gibt es bei den Verhandlungen innerhalb der Koalition noch strittige Punkte. Der Energiekostenzuschuss solle vor allem „kleinere und mittlere Betrieb“ unterstützen, die in Schwierigkeiten geraten sind, zitierte das Blatt den grünen Budgetsprecher Jakob Schwarz.

Der „wohl wichtigste Punkt“ der Verhandlungen betrifft laut „Kurier“ daher die „Treffsicherheit“. So gehe es darum, ab welcher Unternehmensgröße die Untergrenze gezogen werde. Daneben wollen die Grünen Firmen, die den Zuschuss beantragen, zum Energiesparen verpflichten. Das soll vor allem für größere Betriebe gelten, für kleinere seien Beratungen vorgesehen. Ein weiterer Punkt betrifft laut „Kurier“ Boni für das Management: Diese sollen nicht mehr ausbezahlt werden.

Wirtschaft will rasche Hilfen

Die Wirtschaftskammer (WKO) hatte am Wochenende scharf kritisiert, dass der Energiekostenzuschuss nach wie vor nicht auf Schiene ist. Aus der Wirtschaft wurden zudem die Rufe nach Entlastungen für Unternehmen lauter. Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, sieht drohende „Produktionsdrosselungen und Arbeitslosigkeit in Österreich, sofern nicht konsequent und schnell gegengesteuert wird. Die Regierung ist aufgefordert, so rasch wie möglich zu handeln und die angekündigten Hilfen auf den Weg zu bringen.“

Konkret forderte die IV eine Aufstockung des Zuschusses auf mindestens 2,5 Mrd. Euro und eine Verlängerung bis zum nächsten Jahr. Mittelfristig braucht es laut IV außerdem eine Reform des Strommarktes, bei der auch das Merit-Order-System, bei dem das teuerste Kraftwerk den Gaspreis bestimmt, weiterentwickelt werde.

„Die EU-Kommission ist hier am Zug, rasch ein entsprechendes Modell vorzulegen“, so Knill. Auch die Wirtschaftslandesräte aus Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark sprachen sich in einer gemeinsamen Aussendung für rasche Wirtschaftshilfen für alle heimischen Betriebe aus.

Kocher für Entkoppelung von Strom- und Gaspreis

Noch wichtiger als die kurzfristige nationale Unterstützung wäre aus Sicht von Kocher indes die Entkoppelung von Strom- und Gaspreis. Diese müsse aber auf EU-Ebene erfolgen. Kocher würde sich einen fixen Preis für Gas, das für die Stromerzeugung verwendet wird, wünschen. Wenn der Marktpreis für Gas höher liegt, müsste das Gas für die Stromerzeuger entsprechend subventioniert werden.

Damit würde automatisch der Strompreis gedeckelt, und es gäbe Planungssicherheit für Betriebe. „Das wäre aus meiner Sicht die optimale Lösung“, so Kocher, weil die Preisspitzen der Stromproduktion wegfallen und doch der Marktmechanismus bestehen bleibt. Ein ähnliches Modell hatte zuletzt Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung der E-Wirtschaft, vorgelegt.

WKO sieht auch Handel stark betroffen

Die stark steigenden Energiepreise belasten auch den Handel. „Früher waren die Kosten für Energie der dritt- oder viertgrößte Kostenfaktor. Mittlerweile ist es der größte oder zweitgrößte Posten“, sagte Juan Manuel Morales, Präsident des europäischen Branchenverbandes EuroCommerce. Bei einer Umsatzrendite von drei, vier Prozent bleibe nach den jüngsten Preisanstiegen bei Strom und Gas nichts mehr übrig.

Energiekosten gefährden Nahversorger

Für Nahversorger sind die explodierenden Energiekosten eine große Belastung. Sie haben nur eine geringe Handelsspanne und können die hohen Kosten nur eingeschränkt an die Kundschaft weitergeben. Wenn sich die Krise weiter verschärft, werden viele kleine Geschäfte zusperren müssen – so die Befürchtung.

„Ursprünglich hat es geheißen, der Handel wird nicht so betroffen sein. Und man hat den Handel außer Acht gelassen“, ergänzte Jürgen Roth, Fachverbandsobmann für den Energiehandel und Vizepräsident von EuroCommerce. „Und jetzt liegen die Kosten über der Rentabilität“, so Roth. Es bedürfe daher einer gemeinsamen europäischen Strategie.