ORF.at-Textangebot halbieren: Grüne sehen keinen „Deal“

Auf die Ankündigung von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Donnerstag, die Meldungsanzahl von ORF.at (Blaue Seite) zu halbieren, hat gestern die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, zurückhaltend reagiert. Die Redakteurs- und Belegschaftsvertretung von ORF.at zeigte sich überrascht von der Ankündigung.

„Es gibt derzeit keinen Deal“, sagte Blimlinger gestern im Ö1-Mittagsjournal. Was sich der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und ORF-Chef Weißmann ausmachen, sei eine Geschichte. „Was sich die Koalitionspartner ausmachen und dann im Parlament beschließen, eine andere.“

Erst kürzlich sagte der Mediensprecher der ÖVP, Kurt Egger, dem „Standard“, dass „die Blaue Seite gut eingespielt“ sei, man deshalb auch an keine Abschaffung denke. ORF.at liefere viel Inhalt, „man wird sie aber verändern müssen“, so Egger.

Weißmann: „Blaue Seite bewegt sich“

ORF-Chef Weißmann hatte am Ende der Österreichischen Medientage in Wien angekündigt, das Textangebot auf der Blauen Seite zu halbieren. Stattdessen werde die reichweitenstärkste Nachrichtenseite des Landes künftig auf mehr Bewegtbild und Multimedialität setzen, um weniger einer Zeitung zu ähneln.

„Die Blaue Seite bewegt sich“, sagte Weißmann. Damit will er offenbar den Verlegern entgegenkommen, die seit Langem Einschränkungen auf der Blauen Seite einfordern. In den Verhandlungen zu einer ORF-Digitalnovelle nahm diese Thematik viel Raum ein.

Für VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger sei ORF.at zurzeit mit einer Meldungssituation von 120 bis 130 Meldungen eine „Digitale Zeitung“: „Das geschriebene Wort ist für uns nicht die Kernaufgabe des ORF.“

Protest der Belegschaftsvertretung

Die Betriebs- und Redakteursvertretung von ORF.at reagierte gestern mit „sehr großer Verwunderung“ über das Angebot von Weißmann an die Verleger. Die Belegschaftsvertretung protestierte „auf das Schärfste, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von ORF.at das aus den Medien erfahren müssen“, so die ORF.at-Vertreterinnen Nadja Igler und Simone Leonhartsberger.

Eine Beschränkung der Blauen Seite schade dem „Ansehen des ORF als öffentlich-rechtliches Medium mit dem gesetzlichen Auftrag zur Grundversorgung, wie auch zahlreiche Reaktionen auf die Ankündigung zeigen“, heißt es in einem Schreiben an die ORF-Generaldirektion.

„Unsere Befürchtung ist, wenn die Menschen nicht die Information von uns bekommen, suchen sie sich möglicherweise Quellen, die zwar auch gratis sind, aber eine politische Agenda haben und auf ‚Fake News‘ hereinfallen“, sagte auch ORF-Redakteurssprecher Dieter Bornemann.