Auskunftsperson im ÖVP-Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Schmaler Grat zwischen Partei und parteinah

Am Donnerstag ist der zweite Tag im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss mit Stefan I. aus dem Sportministerium weitergegangen. Er wurde von der ÖVP geladen, um zur Vergabe der Förderungen aus dem NPO-Fonds Auskunft zu geben. Im Fokus standen dabei erneut Gelder an parteinahe Organisationen. Die Opposition konzentrierte sich auf ÖVP-nahe Gruppen, die ÖVP auf die SPÖ-nahen Kinderfreunde.

Die eigentlich entscheidende Frage, welche Organisationen zu einer Partei gehören und welche „nur“ parteinahe sind, wurde am Mittwoch von Verfahrensrichterin Christa Edwards nicht zugelassen. Auf Einspruch des ÖVP-Fraktionsführers Andreas Hanger entschied sie, dass das eine rechtliche Frage sei und keine der politischen Verantwortung.

Dennoch stand der zweite Befragungstag der Woche im Zeichen genau dieser Frage. Denn per Gesetz sind politische Parteien von der Förderung ausgeschlossen. Den Initiativantrag für das NPO-Fonds-Gesetz hatte Hanger selbst eingebracht, er war auch bei den Verhandlungen zur Richtlinienverordnung dabei, wie ein Mail ergab, das NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper vorlegte.

Auskunftsperson für NPO-Fonds zuständig

Geladen wurden für den Donnerstag zwei frühere Mitarbeiter in SPÖ-geführten Ministerien. Inzwischen arbeiten beide im Sportministerium von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), wo sie sich unter anderem mit den Vergaben von CoV-Fördergeldern beschäftigen.

Stephanie Krisper (NEOS)
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Krisper (NEOS) wandte ein, dass die ÖVP selbst den Initiativantrag zum NPO-Gesetz eingebracht habe

Die erste Auskunftsperson des Tages, der erfahrene Beamte I., gab einen Überblick über das Fördersystem für Non-Profit-Organisationen aus dem zugehörigen Fonds. Dieser habe seit 2020 770 Millionen Euro an gemeinnützige oder kirchliche Organisationen sowie an Freiwillige Feuerwehren ausgezahlt, bei rund 54.000 Geschäftsfällen. Mit den Auszahlungen betraut ist die AWS, die Förderbank des Bundes. Bei der Entwicklung des Fonds seien sowohl Fachleute aus dem Steuerbereich als auch die Finanzprokuratur zugezogen worden, so I.

Ministerium entschied gegen Jungbauern

Die Anträge würden auf vier verschiedene Arten geprüft, sagte I., von grundlegenden Überprüfungen bei allen Anträgen bis hin zu Ex-Post-Prüfungen, falls etwa Hinweise über missbräuchliche Auszahlungen eingegangen seien. Die im Ausschuss „gegenständlichen“ Fälle der Jungbauern und des ÖVP-Seniorenbundes seien aufgrund von parlamentarischen Anfragen geprüft worden. Es habe etwa 2.100 Rückforderungen von rund 18 Millionen Euro gegeben, das entspreche einem Anteil von 2,4 Prozent.

Und es sei das Ministerium gewesen, das festgestellt habe, dass Tirols Jungbauern aufgrund ihrer Statuten – anders als in Vorarlberg – als ÖVP-Parteienorganisation zu gelten hätten. Zuletzt mussten die ÖVP-Jungbauern 800.000 Euro zurückzahlen. I. betonte, dass die Rückzahlungen wegen der Nichtlieferung von Akten erfolgt seien. In allen anderen Fragen seien die Fristen noch offen. Auch beim Seniorenbund seien die Prüfungen noch nicht abgeschlossen, so I.

Match zwischen ÖVP und Opposition

Die Oppositionsfraktionen konzentrierten sich in ihren Befragungen auf die ÖVP-nahen Gruppen. Sie gingen davon aus, dass etwa die Tiroler Jungbauernschaft „geradezu generalstabsmäßig“ NPO-Forderungen beantragt habe, die ihr nicht zustünden, wie es die grüne Fraktionsführerin Nina Tomaselli sagte. Krisper erfragte bei I., ob geprüft werde, ob manche Organisation ihre Statuten extra geändert haben könnte, um Förderungen zu erhalten. So habe das etwa eine Seniorenbund-Ortsgruppe im Juli 2021 getan. Dazu konnte I. nichts sagen, er nehme das aber als Input „für unsere weiteren Prüfungsschritte“.

Andreas Hanger (ÖVP)
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Hanger sah manche Entscheidung über Auszahlungen als einer „Bananenrepublik“ würdig

Die ÖVP wiederum wollte den Fokus auf die SPÖ-nahen Kinderfreunde legen, die ebenfalls Geld aus dem NPO-Fonds beansprucht hatten. Das hatte einige Debatten über die Geschäftsordnung zur Folge, denn schließlich handle es sich um den ÖVP-U-Ausschuss, so die SPÖ.

ÖVP will Kinderfreunde geprüft wissen

Hanger stieß sich unter anderem daran, dass ÖVP-nahe Organisationen auf Herz und Nieren geprüft worden seien, die Zahlungen an die Kinderfreunde hingegen gar nicht. Denn diese seien klar Teil der SPÖ, so Hanger, das habe selbst SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner kürzlich betont. Die ÖVP warf der SPÖ auch vor, dass auf einer Homepage der Kinderfreunde Niederösterreich Einträge entfernt worden seien, die sie als Teil der SPÖ ausgewiesen hätten.

Es wurde gar – auch nicht ohne Geschäftsordnungsdebatte – ein Video vom SPÖ-Parteitag im Ausschuss eingespielt, bei dem Rendi-Wagner die Kinderfreunde als „zu unserer Bewegung“ gehörig bezeichnete. Das müsse doch ausreichen, um eine strengere Ex-Post-Prüfung zu veranlassen, so der ÖVP-Abgeordnete Peter Weidinger. ÖVP-Anträge seien skandalisiert worden, andere nicht.

"Wie in einer Bananenrepublik“

Hanger empörte sich auch darüber, dass im Fall der Tiroler Jungbauernschaft ein Beamter die Rechtsentscheidung getroffen habe, der früher der Kabinettschef von Ex-SPÖ-Kanzleramtsminister Josef Ostermayer gewesen sei, so Hanger: „Das ist ja wie in einer Bananenrepublik.“ Hanger wollte in der Befragung der Auskunftsperson auch festgehalten wissen, dass I. SPÖ-Mitglied sei. Die Verfahrensrichterin aber erinnerte an die Bundesverfassung: Man dürfe auch Beamten nicht ihr politisches Engagement vorwerfen. Die Debatte wurde ob der Frage der Befangenheit derart hitzig, dass Friedrich Ofenauer (ÖVP), der Ausschussvorsitzende des Tages, ein strenges „Contenance!“ in die Runde warf.

I. betonte, dass man in dieser Frage keine Unterschiede mache. „Es gibt keine Ungleichbehandlungen, das Ministerium macht keine Unterschiede zwischen irgendwelchen Vereinen“, so die Auskunftsperson. Wieso nun die einen geprüft worden seien und die anderen nicht, sei einfach zu beantworten: Man habe eben in den Statuten unterschiedliche Organisationsformen vorgefunden und entsprechend gehandelt. Die Statuten der Kinderfreunde seien geprüft worden, man werde sich nun auch noch alle Statuten der Landesgruppen ansehen, so I.