Wappen der Nato beim NATO-Hauptquartier
Reuters/Yves Herman
Nach Putin-Rede

Ukraine stellt Antrag auf NATO-Beitritt

Kurz nach der Ankündigung Russlands, vier Regionen der Ukraine im Anschluss an die durchgeführten Scheinreferenden zu annektieren, hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen Antrag auf einen „beschleunigten“ NATO-Beitritt in Aussicht gestellt.

„Wir machen den entscheidenden Schritt, indem wir den Antrag der Ukraine auf einen beschleunigten Beitritt zur NATO unterzeichnen“, sagte Selenskyj. Faktisch habe die Ukraine den Weg in die NATO schon beschritten: „Heute stellt die Ukraine den Antrag, um es auch de jure zu tun.“ Kurz darauf bestätigte Premierminister Denys Schmyhal, dass der ukrainische Beitrittsantrag zur NATO bereits unterzeichnet ist.

Selenskyj begründete seine Forderung nach einem beschleunigten Beitrittsverfahren mit der Bedeutung der Ukraine für die Verteidigung der westlichen Gesellschaft. „De facto haben wir bereits bewiesen, dass wir mit den Standards der Allianz kompatibel sind. Sie sind für die Ukraine real – real auf dem Schlachtfeld und in allen Aspekten unserer Interaktion“, ergänzte der ukrainische Präsident.

Selenskyj sitzt bei Tisch
AP/Genya Savilov, Pool Photo/Genya Savilov
Selenskyj reagierte mit dem Antrag für einen NATO-Beitritt auf die russische Annexion besetzter Gebiete

Russland „spürt unsere Macht“

„Wir vertrauen einander, wir helfen einander und wir schützen uns gegenseitig. Das ist die Allianz.“ Die Ukraine sei bereit für Verhandlungen, aber mit einem anderen russischen Präsidenten. Selenskyj wiederholte auch das Versprechen, das gesamte ukrainische Territorium, das derzeit unter russischer Kontrolle steht, wiederzuvereinigen.

„Das gesamte Gebiet unseres Landes wird von diesem Feind befreit werden – dem Feind nicht nur der Ukraine, sondern auch des Lebens selbst, der Menschlichkeit, des Rechts und der Wahrheit“, sagte er. „Russland weiß das bereits. Es spürt unsere Macht. Es sieht, dass wir hier, in der Ukraine, die Stärke unserer Werte unter Beweis stellen.“

Bereit zu Verhandlungen ohne Putin

Die Ukraine bleibe der Idee einer Koexistenz mit Russland „zu gleichen, ehrlichen, würdigen und fairen Bedingungen“ verpflichtet, so Selenskyj und er zeigte sich bereit zu Verhandlungen mit Russland – aber nicht mit dem amtierenden russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat das Land stärker an den Westen herangeführt – auch militärisch. Während des siebenmonatigen Krieges schaffte die Ukraine ihre Waffensysteme aus der Sowjetära ab und verwendet nun Waffen und Ausrüstung nach NATO-Standard, obwohl dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist.

Schwieriger Weg in die NATO

Erst im Juni gab die EU einstimmig grünes Licht für die Ukraine für deren Weg Richtung EU-Mitgliedschaft. Eine Zustimmung der NATO-Mitglieder zur Aufnahme der Ukraine in das Sicherheitsbündnis mit seiner gegenseitigen Beistandsgarantie könnte um einiges komplizierter sein. Es ist Einstimmigkeit erforderlich, zusätzlich erschwerend für einen Beitritt ist, dass sich die Ukraine in einem aktiven Krieg befindet.

Eine Voraussetzung für den NATO-Beitritt ist, dass der Beitrittskandidat nicht in internationale Konflikte und Streits um Grenzverläufe verwickelt sein darf. Die Sorge vor einem ukrainischen NATO-Beitritt war einer der Argumentationsstränge Moskaus für den Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Die NATO wird als feindliches Militärbündnis in Russland gesehen, das sich in den Einflussbereich Moskaus einmischen will. Noch kurz nach Kriegsbeginn hatte Kiew in Aussicht gestellt, im Gegenzug für Sicherheitsgarantien auf einen NATO-Beitritt zu verzichten.