Kaczynski: Polen wehrt sich gegen „deutsche Vorherrschaft“

Vor dem Besuch von Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Polen hat der Chef der nationalkonservativen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, die nach seiner Ansicht „deutsche Vorherrschaft“ in der EU gerügt. „Was jetzt geschieht, ist der Versuch, einen europäischen Staat mit Deutschland an der Spitze zu schaffen“, sagte er heute im Ostsee-Bad Kolobrzeg. Polen sei damit nicht einverstanden, das habe er auch dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz jüngst gesagt.

Baerbock reist morgen nach Warschau. Dort will die Grünen-Politikerin am Abend zunächst an den Feierlichkeiten der Botschaft ihres Landes zum Tag der deutschen Einheit teilnehmen und eine Rede halten. Dienstagfrüh trifft Baerbock ihren polnischen Amtskollegen Zbigniew Rau zu einem Gespräch im Außenministerium.

Streit über Reparationszahlungen

Die PiS-Regierung hat mit Blick auf die kommende Parlamentswahl im Herbst 2023 ihre antideutsche Rhetorik verschärft. Anfang September legte eine Parlamentskommission in Warschau ein Gutachten vor, in dem die Weltkriegsschäden in Polen auf mehr als 1,3 Billionen Euro beziffert werden. Kaczynski hatte gleichzeitig die Forderung nach Entschädigungszahlungen erneuert. Das Thema dürfte auch bei dem Treffen zwischen Baerbock und Rau eine Rolle spielen.

Die deutsche Regierung lehnt die Forderung nach Reparationen ab. Sie beruft sich dabei auf den Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 über die außenpolitischen Folgen der deutschen Einheit.