Der Gründer der Miliz, „Oath Keepers“, Stewart Rhodes
Reuters/Jim Urquhart
„Bewaffnete Rebellion“

US-Miliz wegen Kapitol-Sturms vor Gericht

Im Prozess gegen fünf Anführer der rechtsextremen US-Miliz „Oath Keepers“ wegen der Kapitol-Erstürmung Anfang 2021 hat die Staatsanwaltschaft am Montag den Angeklagten vorgeworfen, eine „bewaffnete Rebellion“ geplant zu haben. Die Mitglieder der „Oath Keepers“ müssen sich wegen „aufrührerischer Verschwörung“ dem Gericht stellen.

Hunderte radikale Anhänger des bei der Präsidentschaftswahl 2020 abgewählten Präsidenten Donald Trump hatten den Kongress gestürmt, als dort der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden zertifiziert werden sollte.

Der Angriff auf das Kapitol mit fünf Toten sorgte weltweit für Entsetzen und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie. In den folgenden Wochen und Monaten wurden mehr als 870 Angreifer und Angreiferinnen festgenommen. In Hunderten Fällen wurden bereits Strafen verhängt, unter anderem wegen Angriffen auf die Polizei.

„Wie ein General auf dem Schlachtfeld“

Der Prozess gegen die Mitglieder der „Oath Keepers“ ist allerdings der erste mit dem schwerwiegenden Anklagepunkt der „aufrührerischen Verschwörung“. Zu bis zu 20 Jahren Haft können die Angeklagten am Ende verurteilt werden. Der Anklagepunkt, der aus der Zeit des Bürgerkriegs stammt und nur sehr selten zur Anwendung kommt, richtet sich unter anderem gegen Versuche, die US-Regierung zu stürzen.

Der Gründer der Miliz, „Oath Keepers“, Stewart Rhodes
AP/Susan Walsh
Stewart Rhodes hatte die rechtsextreme Gruppierung 2009 gegründet

Der Prozess gegen die rechtsextremen Anführer begann vergangene Woche mit der Auswahl der Geschworenen. Am Montag eröffnete Staatsanwalt Jeffrey Nestler vor einem Bundesgericht in Washington den Prozess. Ziel der Truppe sei es gewesen, sich „gewaltsam der Regierung der USA entgegenzustellen“, sagte er und zeigte den Geschworenen Videoaufnahmen, auf denen Dutzende „Oath Keepers“ in Kampfmontur beim Angriff auf den Sitz des US-Kongresses am 6. Jänner 2021 zu sehen sind.

„Sie sind nicht zum Kapitol gekommen, um zu verteidigen oder zu helfen. Sie sind gekommen, um anzugreifen“, wirft Nestler dem angeklagten Gründer der Miliz, Stewart Rhodes, und dessen Mitstreitern und Mitstreiterinnen Kelly Meggs, Thomas Caldwell, Jessica Watkins und Kenneth Harrelson vor. Rhodes, der für seine schwarze Augenklappe bekannt ist, sei „wie ein General auf dem Schlachtfeld“ aufgetreten, sagte Nestler.

„Pelosi zuerst“

Meggs sagte laut der Anklage am US-Wahltag zu seiner Frau: „Ich werde einen Amoklauf veranstalten. Pelosi zuerst.“ Das war eine Anspielung auf die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die führende Demokratin im Kongress. Meggs und Harrelson hätten gezielt nach Pelosi Ausschau gehalten.

Die fünf Angeklagten hätten für den 6. Jänner trainiert und in einem Hotel außerhalb von Washington Waffen für eine „schnelle Eingreiftruppe“ gehortet. Diese sei bereitgestanden, Waffen nach Washington zu transportieren. Die Mitglieder der rechtsextremen Miliz werden allerdings nicht beschuldigt, Schusswaffen auf dem Gelände des Kapitols getragen zu haben.

Anhörung im Kapitol zur Kapitolerstürmung im Jänner 2021
APA/AFP/Doug Mills
Ein U-Ausschuss hatte sich bereits mit den Verbindungen der Miliz mit Trumps Mitarbeitern beschäftigt

Die Staatsanwaltschaft führte weiter aus, Watkins habe den „Oath Keepers“-Mitgliedern ihrer Ortsgruppe in Ohio gesagt: „Ich brauche euch kampffähig bis zur Amtseinführung.“ Meggs habe den Anhängern der „Oath Keepers“ in Florida gesagt: „Die Zeit des Redens ist vorbei. Die eigentliche Frage ist, wer bereit ist zu sterben.“ Der zitierte Satz stammt laut der Staatsanwaltschaft aus einer Textnachricht von Meggs.

Verteidigung argumentiert mit Aufstandsgesetz

Die Verteidigung der Angeklagten argumentierte, ihre Mandanten seien nur in Washington gewesen, um eine Reihe von Rednern bei politischen Kundgebungen zu schützen. Außerdem hätten sie keineswegs den Sturz der Regierung zum Ziel gehabt. Sie hätten vielmehr damit gerechnet, dass Trump das Aufstandsgesetz aus dem Jahr 1807 aktivieren würde und dann Milizen wie die „Oath Keepers“ rechtmäßig damit beauftragen würde, für Recht und Ordnung zu sorgen.

Staatsanwalt Nestler wies eine solche Argumentation am Montag als „juristischen Deckmantel“ zurück. Die Anklage verwies unter anderem auf Botschaften der „Oath Keepers“ in verschlüsselten Messenger-Diensten, in denen sie von einem „Bürgerkrieg“ sprachen. So schrieb der Mitangeklagte Caldwell, sollte der Kongress Bidens Wahlsieg zertifizieren, werde er „persönlich den Bürgerkrieg starten“.

Rhodes, der in Yale als Rechtsanwalt ausgebildet wurde und als Fallschirmjäger der US-Armee tätig war, hatte die „Oath Keepers“ 2009 gegründet. Bei der Miliz handle es sich um eine überparteiliche Gruppe, deren Mitglieder sich verpflichtet hätten, die Verfassung der Vereinigten Staaten zu verteidigen. Rhodes’ Anwalt bezeichnete seinen Mandanten als „extrem patriotisch. Er ist ein Verfassungsexperte.“

Große Sympathien für Trump

Die Miliz rekrutiert insbesondere frühere oder aktuelle Polizisten und Soldaten und will sich gegen eine angebliche Tyrannei durch die US-Regierung zur Wehr setzen. Wie bei anderen Extremistengruppen gibt es bei den „Oath Keepers“ große Sympathien für Trump.

Bereits der Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols hatte die Aktivitäten der „Oath Keepers“ näher durchleuchtet. Die Gruppierung spielte neben der anderen rechtsextremen Miliz „Proud Boys“ nach Erkenntnissen des U-Ausschusses eine entscheidende Rolle bei der Attacke. Sie seien teils in voller Kampfausrüstung erschienen und hätten den Angriff koordiniert.