Teilweise beleuchtete Fenster an einer Häuserzeile am Pariser Seine-Ufer
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„Stromwetterbericht“ inklusive

Wie Frankreich Energie sparen will

Weniger Licht, weniger Warmwasser und weniger Heizung: Frankreichs Regierung hat am Donnerstag einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, mit dem das Land seinen Energieverbrauch in zwei Jahren um zehn Prozent senken soll. Außerdem soll ein „Stromwetterbericht“ die Belastung des Stromnetzes anzeigen.

Der nationale Energiesparplan, den die Regierung am Donnerstag in Paris vorstellte, setzt auch auf die Mithilfe der Bevölkerung bei der Senkung des privaten Verbrauchs. Zu den wichtigsten Punkten auf der 15-Punkte-Liste gehört etwa der Aufruf an private Haushalte und Unternehmen, beim Heizen und der Beleuchtung zu sparen und auf Homeoffice zu setzen. Vorgesehen sind auch finanzielle Anreize für das Carsharing sowie Einschränkungen für die Verfügbarkeit von Warmwasser in öffentlichen Gebäuden.

Energieministerin Agnes Pannier-Runacher sagte in Paris, es sei nötig, „jetzt zu handeln“. Der Kampf gegen die hohen Energiepreise sei nach diesem Winter nicht zu Ende. Sie betonte, die Maßnahmen seien in Beratungen mit der Wirtschaft getroffen worden. Als Ausgangswert für die Senkung um zehn Prozent wird jener des Jahres 2019 herangezogen. Präsident Emmanuel Macron sagte, gesparte Energie bedeute gesparte Kosten. Das heiße aber nicht, „weniger zu produzieren“. Sparsamkeit bedeute stattdessen Effizienzgewinn.

19 Grad, aber „keine Temperaturpolizei“

Haushalte und Unternehmen sind aufgerufen, Innenräume auf höchstens 19 Grad zu heizen. „Das ist nicht verpflichtend, es wird keine Temperaturpolizei geben“, versicherte die Energieministerin Pannier-Runacher. Die Heizperiode solle außerdem um je zwei Wochen am Anfang und Ende gekürzt werden. Beleuchtete Werbung muss künftig nachts zwischen 1.00 und 6.00 Uhr abgeschaltet werden, für Flughäfen und Bahnhöfe gelten allerdings Ausnahmen. Klimatisierte Geschäfte dürfen die Türen nicht mehr offen lassen.

Wetterbericht für Strom

Vorab wurden die Medien gebeten, den Energiesparplan der Regierung zu begleiten. Mehrere große Medien, insbesondere Radio und Fernsehen, verpflichteten sich, mit ihren Wetterprogrammen ein „Energiewetter“ zu verknüpfen, damit die Menschen wissen, wann das Stromnetz besonders belastet ist und sie die Waschmaschine oder den Backofen besser nicht einschalten.

Dabei werde der Spannungszustand des Netzes mit Hilfe eines Farbcodes – grün, gelb und rot – dargestellt, berichtete die Zeitung „Le Parisien“. Die Hoffnung sei, vier von fünf Menschen auf dem Wege zu erreichen. Mit einer Anpassung des Stromkonsums soll die Bevölkerung Versorgungsunterbrechungen vermeiden helfen. Informationen zur Belastung der Stromnetze stellt der nationale Netzversorger RTE auch unter dem Motto „ecoWatt“ ins Internet.

Bei einem grünen Symbol ist der Stromkonsum im Lot, bei Gelb ist das System belastet, und bei Rot drohen Versorgungsunterbrechungen, wenn der Verbrauch nicht heruntergefahren wird. Dann sind die Menschen aufgefordert, ihren Verbrauch zwischen 8.00 und 12.00 Uhr sowie zwischen 18.00 und 20.00 Uhr zu senken, etwa indem sie ihre Kleidung zu einem anderen Zeitpunkt waschen oder die Zubereitung des Gerichts aus dem Backofen verschieben. Frankreich solle in diesen Momenten nicht zum Stillstand kommen, sondern den Verbrauch etwas herunterfahren, hieß es.

Kraftwerke werden hochgefahren

Die befürchteten Versorgungsengpässe im Atomstromland Frankreich hängen damit zusammen, dass der in die Jahre gekommene Kraftwerkspark des nationalen Energiekonzerns EDF schwächelt. Die Hälfte der 56 AKWs sind im Moment für Wartungen vom Netz. Ob die Ermahnung der Regierung, bis zum Winter möglichst alle Kraftwerke wieder am Laufen zu haben, umgesetzt werden kann, ist offen. Frankreich setzt auf Stromlieferungen aus Deutschland und will dem Nachbarn mit Gas aushelfen. Außerdem ging in Lothringen nahe Saarbrücken in diesen Tagen das vorletzte Kohlekraftwerk Frankreichs befristet wieder in Betrieb.

Warmwasser ferngesteuert abgestellt

Für Überraschung sorgt eine weitere Maßnahme, die an einen Science-Fiction-Film erinnert: Um einen Blackout zu verhindern, wird der Netzbetreiber RTE aus der Ferne in den Warmwasserkonsum von rund 4,3 Millionen Haushalten in Frankreich eingreifen. Wer bereits einen automatischen Stromzähler, „Linky“ genannt, installiert bekommen und einen Stromvertrag mit unterschiedlichen Tarifen zu Schwachlast- und Hochverbrauchszeiten hat, ist davon betroffen. Das Erzeugen von Warmwasser in der Wohnung wird zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr unmöglich.

Wie „Le Parisien“ berichtete, wird der Umfang der Schwachlastzeiten zwischen Mitte Oktober und Mitte April reduziert. „Linky“ übermittelt nicht nur Verbrauchsdaten, sondern kann auch aus der Ferne den Befehl entgegennehmen, das Aufheizen des Warmwasserreservoirs zu bestimmten Zeiten nicht vorzunehmen. Die Warmwasseraufbereitung mache zehn bis 14 Prozent des häuslichen Stromverbrauchs aus, begründet der Netzbetreiber den Schritt.