Die Präsidentschaftskanzlei der Hofburg bei Nacht
ORF.at/Roland Winkler
Abschlussevents

Die letzten Auftritte vor der Hofburg-Wahl

Der Präsidentschaftswahlkampf neigt sich dem Ende zu. Die meisten Kandidaten brachten am Freitag ihre Abschlussveranstaltungen über die Bühne. Den Anfang machte Gerald Grosz bei der Hofburg. Ebenfalls in Wien traten dann Amtsinhaber Alexander Van der Bellen, FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz und Dominik Wlazny von der Bierpartei noch einmal vor Publikum auf – wenig später folgte im niederösterreichischen Schrems der Unternehmer Heinrich Staudinger. Rechtsanwalt und Ex-„Kronen Zeitung“-Kolumnist Tassilo Wallentin folgte am Samstag, von MFG-Chef Michael Brunner ist keine finale Wahlkampfveranstaltung bekannt.

Der Ex-FPÖ/BZÖ-Politiker Grosz eröffnete den Reigen der Abschlussevents bereits am Vormittag. Grosz legte seinen Wahlkampfabschluss wie eine Pressekonferenz an. „Unser Land steht am Sonntag vor einem Scheideweg“, sagte der Ex-FPÖ/BZÖ-Politiker – der einmal mehr betonte, dass er dem „Establishment“ einen „Denkzettel“ verpassen wolle.

Grosz bekrittelte bei seinem letzten Wahlkampftermin etwa „ungezählte Verfassungsbrüche“ der Bundesregierung und wetterte gegen Korruption und Politiker, die sich die eigenen Taschen gefüllt hätten, während sich viele die Stromrechnung nicht mehr leisten könnten. Ein konkretes Wahlziel nannte er nicht. „Wir starten bei null, in diesem Sinne ist jede Stimme ein Riesenerfolg für mich“, so Grosz, dessen erklärtes Ziel es sei, Amtsinhaber Van der Bellen in eine Stichwahl zu zwingen.

Wahlkampfabschluss von Gerald Grosz

Gerald Grosz schließt seinen Wahlkampf mit einem Dank vor der Hofburg ab.

Van der Bellen im Wiener Marx-Palast

Unterstützt von Politprominenz der Grünen, aber auch von SPÖ, ÖVP und NEOS, trat Amtsinhaber Van der Bellen ebenfalls am Freitagnachmittag in der Wiener Marx-Palast ein letztes Mal die Wahlkampfbühne zur Präsidentschaftswahl. Van der Bellen rief alle Unterstützerinnen und Unterstützer dazu auf, auch wirklich wählen zu gehen, denn: „Des is ka g’mahte Wiesn.“ Ziel sei es, am Sonntag mehr Stimmen zu bekommen als alle anderen Kandidaten zusammen, und das sei „nicht nix“.

Wahlkampfabschluss von Alexander Van der Bellen

Van der Bellen will am Sonntag mehr Stimmen bekommen als alle anderen Kandidaten und sagt dazu zum Wahlkampfabschluss: „Des is ka g’mahte Wiesn.“

Bei seinem Wahlkampfabschluss bedankte sich Van der Bellen bei allen, die seinen Wahlkampf aktiv unterstützt und damit klargemacht hätten, dass diese Wahl wichtig ist. Um ihn als Person gehe es nicht, sondern um Österreich und darum, das Land kompetent, klar und entschieden durch stürmische Zeiten zu bringen. „Es geht im Übrigen auch bei der Bundespräsidentenwahl nicht darum, einen Selbstdarsteller zu wählen oder einen Überkanzler oder die Regierung. Es geht darum, einen Bundespräsidenten zu wählen.“

Rosenkranz auf dem Viktor-Adler-Markt

FPÖ-Kandidat Rosenkranz lud seine Anhängerinnen und Anhänger kurz darauf zur Abschlussveranstaltung auf den Viktor-Adler-Markt im Wiener Arbeiterbezirk Favoriten. Es ist nicht der allerletzte Auftritt des FPÖ-Kandidaten vor der Wahl. Am Samstag will er noch einmal in seiner Heimatstadt Krems Stimmung machen.

Wahlkampfabschluss von Walter Rosenkranz

FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz hat seinen Wahlkampf auf dem Wiener Viktor-Adler-Markt abgeschlossen.

Wie im Wahlkampf immer wieder angekündigt, wiederholte Rosenkranz auf dem Viktor-Adler-Markt, dass er als Bundespräsident die Regierung zu entlassen gedenke. Für den Wahltag erhofft sich Rosenkranz eine „Abfahrt für den Herrn Van der Bellen“, bei der es mit Sicherheit in einen zweiten Durchgang gehen werde, nämlich am 6. November bei der Stichwahl. Verzichten musste Rosenkranz auf seinen Parteichef Herbert Kickl. Dieser habe einen „grippalen Infekt aufgerissen“, hieß es. Für Kickl sprang der Wiener FPÖ-Klubchef Maximilian Krauss ein.

Wlazny-Finale auf dem Stephansplatz

„Ich freu mich über jede Stimme, die ich am Sonntag bekomme, werde ich Erster, dann bin ich euer Präsident.“ Mit diesen Worten beendete Bierpartei-Chef Dominik Wlazny seinen letzten Wahlkampfauftritt auf dem Wiener Stephansplatz. So wie bei seinen bisherigen Auftritten sprach Wlazny von der Laderampe eines Klein-Lkws an sein vorwiegend junges Publikum.

Wahlkampfabschluss von Dominik Wlazny

Dominik Wlazny betrat auf dem Wiener Stephansplatz ein letztes Mal die Wahlkampfbühne und damit die Laderampe seines „Red ma drüber“-Tour-Klein-Lkws.

Mit „Ich bin unabhängig und unverbraucht und ich bin schwer motiviert“ wiederholte er eine seiner zentralen Wahlkampfaussagen. In den „gefühlt 500.000 Medienterminen“, die er absolvieren habe müssen, sei die Frage seiner Motivation zu kurz gekommen, fand Wlazny. Er sei nach seiner zerrissenen Hose und seinem Nasenring gefragt worden – und auf den Namen der noch unter seinem Künstlernamen Marco Pogo gegründeten Bierpartei. Seine Motivation sei die Notwendigkeit von Veränderung. Und er sei der geeignete Bundespräsident, weil er das Land kenne „und jedes Beisl in dem Land kenne und die Menschen, die dort sitzen“, wie Wlazny anfügte.

Staudinger im unternehmenseigenen Gastrocorner

Schuhproduzent Staudinger lud zum Wahlkampffinale am späten Nachmittag dann in den „Gastrocorner“ seiner Möbelhalle in Schrems (Niederösterreich). Er blickt auf „eines der wildesten Monate meines Lebens“, wie Staudinger gleich zum Anfang seines Abschlussevents eingestand. Auch bei seinem letzten Wahlkampfauftritt stand ein von ihm eingeforderter gesellschaftlicher „Wandel“ im Fokus.

Wahlkampfabschluss von Heinrich Staudinger

Erneut rückte Staudinger Themen wie Ausbeutung, Armut und Natur in den Mittelpunkt – dazu gab er Einblicke in seine unternehmerische Tätigkeit und Firmenphilosophie. Zudem holte Staudinger nach, wozu er im auslaufenden Wahlkampf bisher nicht gekommen sei, und gab ein eigens für das Rennen um die Hofburg auswendig gelerntes – mit „was keiner wagt, das sollt ihr wagen“ beginnendes – Gedicht zum Besten.

Wallentin folgte am Samstag in der Lugner City

Für Rechtsanwalt und Ex-„Kronen Zeitung“-Kolumnist Tassilo Wallentin stand dann am Samstagnachmittag beim Oktoberfest in der Wiener Lugner City der finale Wahlkampfantritt an. Stilecht in Lederhose gab er bei Grillhuhn und Weißwürsten als Ziel für den Wahlsonntag aus: „Schauen wir, dass wir es in die Stichwahl schaffen.“

Wahlkampfabschluss von Tassilo Wallentin

Der Rechtsanwalt und Ex-„Kronen Zeitung“-Kolumnist Tassilo Wallentin hat am Samstag in der Lugner City seinen Wahlkampf abgeschlossen. Erklärtes Ziel sei der Einzug in die Stichwahl.

Als Kandidat wolle er dem politischen Establishment eine Absage erteilen, sagte Wallentin auf seiner Abschlusskundgebung. Zunächst als möglicher FPÖ-Kandidat gehandelt, ging Wallentin Mitte August als demnach auch als „unabhängiger Kandidat“ ins Rennen. Auch Wallentin wies in seinem Wahlkampf wiederholt auf die Kompetenz des Präsidenten, eine Regierung zu entlassen, hin – fügte hier aber wiederholt an, dass er zuvor der Regierung noch die Chance geben würde, Lösungen anzubieten.

Brunner absolvierte dichtes Programm

Keinen eigenen Schlussauftritt geplant hat Michael Brunner von der Anti-Coronavirus-Maßnahmen-Partei MFG (Menschen-Freiheit-Grundrechte). Dessen Wahlkampfkalender war mit Stationen unter anderem in Neunkirchen, Stockerau, Perchtoldsdorf, Gmunden, Ried, Wels, Linz und Altlengbach bis zuletzt dicht gefüllt. Abgesehen von einer Kampfansage gegen alle Coronavirus-Maßnahmen kündigte auch Brunner im Wahlkampf an, als Bundespräsident die Regierung zu entlassen.

Auf dem Bild sieht man Michael Brunner.
APA/EXPA/Johann Groder
Brunner tourte im Wahlkampf quer durch Österreich

Im Wahlkampf stellte er in diesem Zusammenhang immer wieder infrage, ob Österreich ein funktionierender Rechtsstaat sei. Neben der Entlassung der Regierung will er die Rolle des Präsidenten stärken, dazu aber auch die direkte Demokratie fördern und Volksabstimmungen ausbauen und aufwerten.

„Nicht Wahlkampf, sondern Wahlgang“

Mit den Abschlussveranstaltungen geht ein relativ kurzer und recht ruhiger Wahlkampf zu Ende. Für Meinungsforscher und Politikexperten hat der Wahlkampf vergleichsweise wenig Pfeffer geboten. „Es findet kein wirklicher Wahlkampf statt“, sagte etwa der Meinungsforscher Peter Hajek (Public Opinion Strategies/Unique Research) eine Woche vor dem Urnengang zur APA. Ähnlich lautete das Urteil von OGM-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer: Er habe den Wahlkampf „nicht als Wahlkampf, sondern als Wahlgang erlebt“.

Hajek sieht das weniger darin begründet, dass sich Van der Bellen keinen Diskussionen mit den anderen Kandidaten stellte, sondern es habe „schlicht und ergreifend mit dem Umfeld zu tun, mit den multiplen Krisen auf internationaler Ebene“ – von diesen werde der Wahlkampf überlagert. Und für Bachmayer liegt die Ursache auch darin, dass außer der FPÖ keine der Parlamentsparteien einen eigenen Kandidaten nominiert hat.

Bisher immer Zugewinne bei Zweitkandidatur

Van der Bellen geht als klarer Favorit in die Wahl, gleichzeitig gab es noch nie so viele Gegenkandidaten – spannendste Frage bleibt, ob sich erstmals ein Amtsinhaber beim zweiten Antritt einer Stichwahl stellen muss. Geht man nach der Historie, müsste sich Van der Bellen jedenfalls bereits im ersten Wahlgang durchsetzen und sein Ergebnis von 53,79 Prozent aus der Stichwahl von 2016 überbieten. Denn bisher war die Zustimmung bei der Zweitkandidatur von amtierenden Präsidenten stets höher als beim ersten Antritt.

Den bisher geringsten Zuwachs lukrierte dabei 1998 Thomas Klestil. Mit einem Zuwachs um 116.028 Stimmen (4,6 Prozent der Stimmen beim Erstantritt) konnte er sein Ergebnis dennoch von 56,9 Prozent im Jahr 1992 auf 63,4 Prozent ausbauen. Gleichzeitig gab es aber auch noch nie so viele Gegenkandidaten. Damit sei auch die Möglichkeit einer Stichwahl höher als sonst, wie etwa Van der Bellen bei seiner Abschlussveranstaltung in den Raum stellte, denn wenn jeder seiner Gegenkandidaten „ein paar Prozentpunkte holt, dann könnte es rein rechnerisch schon knapp werden“.

Meinungsforscher zur Wahlauswertung

Meinungsforscher Christoph Hofinger vom SORA-Institut spricht über die Auswertungen der Wählerstimmen bei der anstehenden Bundespräsidentenwahl und die damit einhergehenden Herausforderungen.

Geht es nach ORF-Hochrechner Christoph Hofinger vom SORA-Institut deuten die bisherigen Umfragen nicht auf eine Stichwahl hin – man habe aber 2016 bei der letzten Bundespräsidentschaftswahl gelernt, dass Überraschungen gerade bei dieser Form von Wahl möglich seien.