Finanzminister Magnus Brunner
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Teuerungen

Brunner hält erste Budgetrede

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hält am Mittwoch im Nationalrat seine erste Budgetrede. Angesichts der Energiekrise, der stark gestiegenen Inflation und der kostspieligen Antiteuerungspakete ist die Spannung groß. Die Zahlen bleiben wie üblich bis zum Tag der Präsentation offiziell geheim. Kritik am Budget kam allerdings bereits im Vorfeld der Rede.

In Sachen Budget dürfte dem Vernehmen nach ein Defizit von drei Prozent des BIP angepeilt werden. Die Schulden dürften auf 367 Mrd. Euro steigen, der Anteil am Bruttoinlandsprodukt soll aber von 78,3 auf 76,7 Prozent sinken. Der Zinsaufwand soll von 4,3 auf fast neun Mrd. Euro im Jahr 2023 steigen.

Eine erste Aussprache über den Haushaltsentwurf folgt am Donnerstag. Von 4. bis 11. November wird in den Nationalratsausschüssen debattiert, begonnen wird wie üblich mit einem Hearing mit Expertinnen und Experten. Das Budget für 2023 soll am 17. November im Nationalrat zur Beschlussfassung vorliegen.

der ehemalige Finanzminister Gernot Blümel
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Im letzten Jahr hielt noch der mittlerweile aus der Politik ausgestiegene Gernot Blümel (ÖVP) als Finanzminister die Budgetrede

Kosten für Schulden stark gestiegen

Im Vorjahr hatte noch Gernot Blümel (ÖVP) die Budgetrede gehalten. Das von Brunner geplante Budget wird von hohen Schulden, die in den vergangenen Pandemiejahren durch die großzügigen CoV-Hilfen angehäuft wurden, und den stark gestiegenen Zinsen belastet. Hinzu kommen milliardenschwere Antiteuerungspakete, die enorme Inflation und ein stagnierendes Wirtschaftswachstum.

Durch Zinsanhebungen der EZB im Kampf gegen die Inflation haben sich die Kosten für Österreichs Schulden schon heuer sehr stark erhöht. Im Jänner bezahlte Österreich 0,09 Prozent für zehnjährige Anleihen, aktuell steht man bei 2,68 Prozent. Von Jänner bis August 2021 hatte der Bund für seine Schulden 1,9 Milliarden Euro Zinsen gezahlt, im Vergleichszeitraum des aktuellen Jahres stiegen die Zahlungen des Bundes für den Zinsdienst auf 3,9 Milliarden Euro. Das entspricht einer Steigerung von über 100 Prozent.

Ausweichsquartier des Parlaments, Plenarsaal
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Ein Blick in den Plenarsaal

Dabei hat der Finanzminister das Ziel ausgegeben, die Schulden zu reduzieren und in den kommenden Jahren die Schuldenquote wieder in Richtung 70 Prozent des BIP zu bewegen. Das sei notwendig, denn der Ausblick für Österreich werde kritischer gesehen, und „das erhöht die Kosten für unsere Schulden“, sagte Brunner jüngst.

Energiepreise als großer Unsicherheitsfaktor

Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage und des eskalierenden Krieges in der Ukraine ist das Budget mit vielen Unsicherheiten behaftet. Die Inflation wird nicht nur 2023 hoch bleiben, und die Wirtschaftsaussichten sind getrübt. Großer Unsicherheitsfaktor ist die Entwicklung der Energiepreise. Manche Fachleute glauben, dass der von der Regierung beschlossene Energiekostenzuschuss für Unternehmen bei Weitem nicht reichen werde und ein Preisdeckel notwendig sei.

Debatten über Österreichs Budget

Die Regierung präsentierte ein Milliardenpaket für einen klimafreundlichen Umbau der österreichischen Industrie und erntete dabei bezüglich der Planung des Pakets viel Kritik von SPÖ und NEOS.

Mit dem Unternehmensenergiekostenzuschussgesetz werden energieintensive Unternehmen mit insgesamt 1,3 Mrd. Euro gefördert. Betriebe, deren Energiekosten mindestens drei Prozent ihres Umsatzes betragen, können den Zuschuss ab Mitte November beantragen – das Geld soll noch heuer fließen. Gefördert wird nur, wer auf Heizschwammerln und Geschäftsbeleuchtung in der Nacht verzichtet.

Inflation schlägt sich in allen Bereichen nieder

Kritiker und Kritikerinnen werfen der Regierung vor, dass sie insgesamt zu wenig tue, um die Inflation zu bremsen, und nur auf Entlastungsmaßnahmen setze. So kostet 2023 alleine die Abschaffung der kalten Progression den Staat 1,5 Mrd. Euro.

Gleichzeitig schlägt sich die Inflation in allen Budgetbereichen nieder: bei den Gehältern der Bundesbediensteten, bei den Pensionen, beim Sachaufwand und bei allen Beschaffungen. So stöhnen etwa Schulen und Universitäten jetzt schon über die Heizkosten und verlangen mehr Mittel. Alleine für die Pensionen sind im kommenden Jahr 2,7 Mrd. Euro mehr budgetiert, die Pflegereform schlägt mit 0,8 Mrd. zu Buche, und 2024 sind für Fremdenwesen und Asyl fast 500 Mio. Euro mehr budgetiert.

Auch Innenministerium und Bundesheer bekommen mehr

Auch das Innenministerium bekommt 400 Mio. Euro mehr, ein Teil davon soll in Stärkung der Resilienz und Krisenvorsorge sowie Cybersicherheit investiert werden. Mehr als die Hälfte geht aber dem Vernehmen nach für die Abgeltung der Inflation drauf, sprich für die Gehälter der Polizisten und sonstigen Angestellten.

Mehr Geld gibt es angesichts des Ukraine-Krieges für das Bundesheer. Kommendes Jahr sind es 680 Mio. Euro zusätzlich, das entspricht einer Steigerung von derzeit 2,64 Mrd. (0,6 Prozent des BIP) auf 3,32 Mrd. Euro (0,7 Prozent des BIP). Aber auch hier schlägt die Inflation durch: 100 Mio. davon werden für die Abgeltung dieser benötigt.

2024 steigt das Budget auf 3,7 Mrd., 2025 sind es 4,2 Mrd. und 2026 4,7 Mrd. Euro. In Summe sind es fünf Mrd. Euro bis 2026. Das Geld soll in den persönlichen Schutz der Soldaten, Mobilität, Panzer und die Luftabwehr investiert werden.

Von kalter Progression bis Sozialleistungen

Es werden in dieser Woche auch zahlreiche größere Gesetze beschlossen. Unter anderem wird die kalte Progression abgeschafft, die Pensionserhöhung für 2023 und die Strompreisdeckelung vereinbart. In Sachen kalte Progression ist es derzeit so, dass Lohnerhöhungen dazu führen können, dass man in eine höhere Steuerklasse fällt und am Ende real nicht mehr Geld hat als davor.

Dieser Effekt wird nun bekämpft, indem die Steuerstufen jedes Jahr an die jeweilige Teuerung angepasst werden – allerdings nur zu zwei Dritteln. Was die Regierung mit den übrig gebliebenen Mehreinnahmen macht, bleibt ihr überlassen, fürs Erste sollen Menschen, die wenig Einkommensteuer zahlen, überdurchschnittlich entlastet werden. In Zukunft werden auch Familien- und Sozialleistungen jährlich automatisch valorisiert werden. Dazu zählen etwa die Familienbeihilfe, das Kinderbetreuungsgeld und die Studienbeihilfe.

Pensionsanhebung und Strompreisdeckel

Den Pensionen, die nicht nur um die gesetzlich vorgeschriebenen 5,8 Prozent angehoben werden, wird mit einer Einmalzahlung im Herbst geholfen. Die Zahlung soll vor allem kleine und mittlere Bezüge bevorzugen. Die Ausgleichszulage, de facto die Mindestpension, wird um rund zehn Prozent angehoben.

Auch das Thema Energiepreise wird im Nationalrat abgehandelt – in der Form einer Strompreisdeckelung. So werden bis Mitte 2024 80 Prozent des Durchschnittsverbrauchs eines Haushalts bezuschusst. Bis zu dieser Grenze ist nur der Vorkrisenpreis zu bezahlen, darüber hinaus der Marktpreis. Auch Unternehmen werden unterstützt. Das Budget für den Energiekostenzuschuss wird von 450 Mio. auf 1,3 Mrd. Euro aufgestockt. Unterstützt werden energiesparwillige Betriebe, die mindestens drei Prozent ihres Umsatzes für Strom, Gas und Treibstoffe ausgeben.

Leichtfried: Selbstaufgabe der Bundesregierung

Die Opposition erwartet sich wenig Gutes vom Bundesbudget 2023. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sprach in einer Pressekonferenz am Dienstag von einem budgetären, finanz- und wirtschaftspolitischen Scherbenhaufen, den ÖVP und Grüne nachfolgenden Regierungen hinterließen. NEOS wiederum verlangte von der Regierung ein „Einpacken der Gießkanne“.

Angesichts dessen, so Leichtfried, was man über das Budget wisse, sei nur noch eine Schlussfolgerung zulässig, nämlich dass weder ÖVP noch Grüne damit rechneten, in der nächsten Regierung vertreten zu sein. Es werde in unerreichtem Maß Steuergeld verschwendet, und das ohne Wirkung. So seien sechs Mrd. Euro angesichts der Inflation eingesetzt worden. „Und was ist billiger geworden? Nichts ist billiger geworden.“ Sein Fazit: „Wenn das Budget in Zahlen gegossene Politik ist, ist das die Selbstaufgabe der Bundesregierung.“

Ruf nach Gaspreisdeckel

Statt Maßnahmen zur Preissenkung leiste die Regierung Einmalzahlungen, die bereits jetzt verpufft seien. Er verwies auf die steigende Inflationsrate und Warnungen von Wirtschaftsforschern und -forscherinnen vor einer Stagflation. Notwendig sei daher ein Deckel auf die Gaspreise, hier werde Österreich nachziehen müssen. Auch eine Mehrwertsteuersenkung für Lebensmittel und Energie sei notwendig.

Die CO2-Steuer inklusive der nächstes Jahr kommenden Erhöhung müsse ausgesetzt werden. Auch gegen den überhöhten Benzinpreis müsse vorgegangen werden. „Was tut der Wirtschaftsminister, außer in der Pendeluhr schlafen?“, fragte Leichtfried.

NEOS gegen Gießkanne

Auch NEOS stieß sich an den Ausgaben der Regierung. „Jeder, der nachdenkt, weiß: Eine Gießkanne ist irgendwann einmal leer“, so Wirtschaftssprecher Gerald Loacker bei einer Pressekonferenz. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger forderte verstärkt Investitionen in Digitalisierung, erneuerbare Energien sowie Forschung und Entwicklung.

Von den rund zwölf Milliarden Euro an Hilfsmaßnahmen seien gerade einmal 400 Mio. Euro gezielt an ärmere Haushalte gegangen, so Meinl-Reisinger. Die überwiegende Mehrzahl der Mittel sei einfach rundum verteilt worden, sie kritisierte die Ausgestaltung von Maßnahmen wie Klimabonus und Strompreisbremse. Gerade einmal 90 Mio. Euro seien für Investitionen wie die Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien gewidmet worden. „Das ist nicht nachhaltig, das ist absolut populistische Politik mit der Gießkanne, die uns teuer zu stehen kommen wird“, so Meinl-Reisinger.

Vom Finanzminister erwarte sich die NEOS-Chefin aber auch, dass er sich hinstelle und sage: „Ich habe keinen Bankomaten.“ Was man ausgebe, müsse man auch wieder einnehmen. Loacker erwartet sich vom Finanzminister eine stärkere Senkung der Lohnnebenkosten sowie die Abschaffung der kalten Progression rückwirkend ab 1. Jänner 2022. Außerdem sollte der Steuerfreibetrag für Überstunden erhöht werden. Loacker verlangte auch einen Absetzbetrag für alle, die bereit sind, Vollzeit zu arbeiten, und eine Halbierung der Lohnsteuer für über 65-Jährige.