Nationalratssitzung in Wien
APA/Helmut Fohringer
Aus für kalte Progression & Co.

Große Brocken im Nationalrat beschlossen

Nach einem langen Tag im Nationalrat sind am Mittwochabend große Themen beschlossen worden – allen voran das Ende der kalten Progression, die Pensionserhöhung und der Energiezuschuss für Unternehmen. Die Koalitionsparteien zeigten sich erfreut. Die ÖVP sprach sogar von „historischen“ Beschlüssen. FPÖ und NEOS bemängelten Probleme in Details. Intensivere Kritik kam von der SPÖ. Die Strompreisbremse für Haushalte soll am Donnerstag beschlossen werden.

Besonders stolz zeigten sich ÖVP und Grüne über die Abschaffung der kalten Progression. Einzig die SPÖ stimmte dagegen. Künftig werden die Einkommenstarife automatisch zu zwei Dritteln an die Teuerung angepasst. Wie das verbleibende Drittel verwendet wird, soll jedes Jahr bis 15. September entschieden werden. Im ersten Jahr werden die niedrigsten beiden Steuerstufen zusätzlich entlastet. Das Volumen wird jeweils mittels eines von WIFO und IHS errechneten Progressionsberichts festgelegt.

Mit der Reform startet die erste Tarifstufe erst bei knapp 11.700 Euro. Bisher musste man schon ab 11.000 Euro Einkommensteuern entrichten. Bis 2026 würden durch das Ende der kalten Progression 18,7 Milliarden Euro automatisch den Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen zurückgegeben, betonte ÖVP-Klubobmann August Wöginger. Jakob Schwarz von den Grünen sprach von einer „laufenden Steuerreform für die Ewigkeit“. Zudem sei sie treffsicher, denn sie bringe Geringverdienern mehr als die letzte Steuerreform unter der SPÖ.

Nationalratssitzung in Wien
APA/Helmut Fohringer
Am Abend wurden mehrere große Pakete im Nationalrat beschlossen

„Unnötig Geld ausgegeben“

Weniger positiv sprach die SPÖ von dieser Reform. Es gebe eine Benachteiligung von Frauen, kritisierte die Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. Kai Jan Krainer bemängelte die Budgetpolitik der Regierung und den Teuerungsausgleich: „Sie haben die Welt schlimmer gemacht, indem Sie unnötig Geld ausgegeben haben.“ FPÖ-Abgeordneter Hubert Fuchs bemängelte, dass der zeitversetzte Anpassungsmechanismus nur in Zeiten normaler Inflation funktioniere.

Problematisch sei auch der Ausgleich für das verbleibende Drittel, der das Vorgehen kompliziere und die Gefahr der Zweckentfremdung in sich trage. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger wertete die Abschaffung als positiv, kritisierte aber einmal mehr, dass die Reform nicht rückwirkend und nur zu zwei Dritteln komme.

Umstrittene Pensionserhöhung

Keine Einigkeit herrschte im Nationalrat auch zum Umfang der Pensionserhöhung, die ebenfalls beschlossen wurde. Für SPÖ und FPÖ ist das Plus viel zu gering, NEOS erachtet die außertourliche Anhebung als zu hoch. Geht es nach der SPÖ, hätte die aktuelle Inflation, die ja mittlerweile einen zweistelligen Wert erreicht, abgegolten werden müssen. Im kommenden Jahr sollen die Pensionen um mindestens 5,8 Prozent erhöht werden. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) bezeichnete das vorgelegte Modell als „klug und sozial ausgewogen“.

Für einmal bei einer Pensionsanpassung nicht ganz unzufrieden war NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker – und zwar, weil man den aus seiner Sicht unverschämten Forderungen der Pensionistenvertreter nicht nachgegeben habe.

Nicht aktuelle Inflationswerte als Basis für Erhöhung

Das Modell sieht im Wesentlichen vor, dass außer Luxuspensionisten allen die Inflation von 5,8 Prozent, die zwischen August 2021 und Juli 2020 errechnet wurde, abgegolten wird. Darüber hinaus kommt eine soziale Staffelung über eine steuer- und abgabenfreie Direktzahlung, die im März ausgeschüttet wird.

Bis zu einer Bruttopension von 2.000 Euro beträgt diese 30 Prozent einer Brutto-Monatszahlung, gedeckelt mit 500 Euro. Bis 2.500 Euro brutto greift dann eine Ausschleifregelung. Bezieher und Bezieherinnen einer Ausgleichszulage bekommen zusätzlich zu den 5,8 Prozent und der Direktzahlung auch einen monatlichen Pauschalbetrag von 20 Euro.

Energiezuschuss für Betriebe

Beschlossen wurde auch der Energiekostenzuschuss für Unternehmen, deren Energiekosten mindestens drei Prozent ihres Umsatzes betragen. Für kleinere Betriebe mit weniger als 700.000 Euro Jahresumsatz gilt diese Dreiprozenthürde nicht. Geltend gemacht werden können Mehrkosten vorläufig für den Zeitraum 1. Februar bis 30. September.

Die Förderung ist auch an bestimmte Kriterien gebunden wie etwa das Verbot von Heizschwammerln und beheizten Sesselliften. Auch dürfen Schaufenster in den Nachtstunden nicht mehr beleuchtet werden. Mit der beschlossenen Novelle wurde das Budget für den Energiekostenzuschuss auf 1,3 Mrd. Euro aufgestockt.

Für die SPÖ ist diese Fördermaßnahme nicht ausreichend, sie forderte einen Gaspreisdeckel. SPÖ-Abgeordneter Christoph Matznetter betonte, dass nur damit verhindert werden könne, dass aus Österreich eine Industriewüste werde. ÖVP-Kollege Peter Haubner hingegen verwies für darüber hinausgehende Maßnahmen auf die europäische Ebene. NEOS kritisierte bei der Unterstützung für Betriebe erneut das Gießkannenprinzip.